Hoffnung für alle, die einen lieben Menschen verloren haben

Welche Hoffnung gibt es für Eltern, deren Kind plötzlich auf tragische Weise stirbt?

Von Melvin Rhodes

Mein Freund verlor letzten Dezember seinen Sohn. Obwohl ich Richard bereits vor einigen Jahren getroffen hatte, lernte ich ihn erst im Februar letzten Jahres wirklich kennen.

Jeden Februar verbringe ich drei Wochen beim „Ambassador Bible Center“, am Hauptsitz der United Church of God in Cincinnati, Ohio. Die United Church of God ist Herausgeber der englischen Zeitschrift The Good News. [Die deutsche Ausgabe Gute Nachrichten wird in Bonn produziert.] Am „Ambassador Bible Center“ leite ich Seminare über die prophetischen Bücher der Bibel Daniel und Offenbarung. Ich versuche dabei, einen Überblick darüber zu vermitteln, wo wir heute im übergeordneten zeitlichen Rahmen der biblischen Prophetie stehen.

Obwohl ich regelmäßig Beiträge für The Good News verfasse und bei meiner Arbeit fast jeden Tag einen PC einsetze, muß ich zugeben, daß ich in Sachen Computertechnologie so meine Schwierigkeiten habe. Deshalb war ich regelmäßig auf Richards Hilfe angewiesen. (Richard ist der Bereichsleiter für Informatik bei der United Church of God.)

Meine beiden zweistündigen Seminare begannen jeden Werktag um halb neun. Gewöhnlich suchte ich Richard eine Stunde früher in seinem Büro auf und bat ihn um technische Unterstützung für meine Präsentation im Unterrichtsraum. Während er mir auf diese Weise regelmäßig half, unterhielten wir uns auch über andere Themen. Daraus entwickelte sich allmählich eine enge Freundschaft.

Wir entdeckten, daß wir viel gemeinsam hatten. Wir stammen beide aus Familien mit sechs Jungen und keinem Mädchen. In meiner Familie bin ich der Älteste von sechs Jungen. Er ist der vierte in seiner Familie. Wir haben beide zur gleichen Zeit geheiratet. Er hatte drei Kinder, die in der gleichen Folge wie meine Kinder geboren wurden – Mädchen, Junge, Mädchen.

Richards Frau Emma arbeitet als Sachbearbeiterin in der Versandabteilung des Büros. Richard und Emma hatten gerade eine schwere zweijährige Prüfung hinter sich. Bei Emma war nämlich Krebs festgestellt worden. Diese Krise hatten sie gerade mit einer größeren Hoffnung auf die Zukunft gemeistert.

Während Emma sich erholte, luden wir die Familie ein, uns in Michigan zu besuchen. Es wurde offensichtlich, daß beide sehr liebevolle und hingebungsvolle Menschen sind. Ihre gegenseitige Liebe und Hingabe half ihnen sehr beim Umgang mit den Schwierigkeiten und Herausforderungen des Lebens.

Eine Reise nach Afrika und England

Bei unseren Gesprächen fragte mich Richard oft nach meinen Erfahrungen in Übersee und meiner jetzigen Verantwortung, die Auslandsreisen erforderlich macht. Er zeigte so großes Interesse an Ghana und England, den beiden Ländern, die ich am häufigsten besuche, daß ich ihn dazu einlud, mich auf einer zukünftigen Reise zu begleiten.

Am Sonntag nach dem amerikanischen Erntedankfest [alljährlich im November] begaben wir uns beide auf eine zehntägige Reise nach Ghana, mit einem anschließenden kurzen Aufenthalt in England. Richard liebte Ghana und seine Menschen und half bei dieser Reise vielen, indem er ihre Computerprobleme löste und sich sonst hilfsbereit zeigte, wo er nur konnte.

Nach der Ghanareise nahmen wir an einem Gottesdienst der United Church of God im Norden Englands teil, einer Gemeinde in der Nähe meiner Brüder. Nach der Versammlung besuchten wir sie. Richard war froh über die Gelegenheit, meine Familie kennenzulernen.

Sechzehn Tage nachdem wir die USA verlassen hatten, waren wir wieder zu Hause. Über den ersten Tag im Büro nach unserer Reise berichtete ein Mitarbeiter von Richard: „Er strahlte über das ganze Gesicht. Diese Reise hatte ihm so viel Freude bereitet.“ Es freute mich, das zu hören.

Dann kam ein unverhofftes tragisches Ereignis.

Ein unerträglicher Verlust

Kaum 24 Stunden nach unserer Rückkehr in die USA rief mich Richard nachts um 2.17 Uhr zu Hause an. Ich kann mich noch gut an die genaue Uhrzeit erinnern, weil ich beim Klingeln des Telefons auf meinen Wecker blickte. Ich wußte, daß es sich zu dieser Tageszeit um eine schlechte Nachricht handeln mußte. Und so war es auch. Völlig erschüttert sagte er mir, daß sein 22jähriger Sohn mit lebensbedrohlichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert worden war.

Eine Stunde später klingelte das Telefon erneut. Ich ahnte, daß es sich diesmal nur um die schlimmste Nachricht handeln konnte, die Eltern je zu hören bekommen können: Ryan war gestorben. Richards und Emmas einziger Sohn war in den frühen Morgenstunden am Donnerstag, dem 16. Dezember 2005 verstorben, ohne das Bewußtsein wieder zu erlangen.

Tagelang war das alles, woran ich denken konnte. Wir hatten so viel Zeit damit verbracht, über unsere Kinder zu reden, daß diese tragische Nachricht mich erschütterte. Aber was ich fühlte, war nichts im Vergleich zu den Schmerzen und dem Leiden, welche Richard und Emma empfinden mußten.

Ryans Tod bewegte mich dazu, das Thema für meine Predigt zwei Tage später zu ändern. Ich wollte den Mitgliedern meiner Gemeinde die gute Nachricht von Gottes Verheißung des ewigen Lebens mitteilen. Diese Botschaft war für sie natürlich nichts Neues, aber die Worte aus der Bibel zur passenden Zeit waren allen ein Trost.

Das alttestamentliche Buch Prediger sagt uns: „Alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit“ (Prediger 3,1-2). Im gleichen Buch lesen wir auch: „Die Toten aber wissen nichts“ (Prediger 9,5). Im Gegensatz zur allgemeinen Auffassung kommen Menschen beim Tod nicht bei vollem Bewußtsein in den Himmel, die Hölle oder das Fegefeuer. Wenn Menschen sterben, dann sind sie wirklich tot – sie sind ohne Bewußtsein und Gedanken, sie können keine Überlegungen mehr anstellen.

Bedeutet das aber, daß es für die Toten überhaupt keine Hoffnung mehr gibt?

Der christliche Sieg über den Tod

Im Neuen Testament schreibt der Apostel Paulus, daß er sich auf die zukünftige Zeit der Verwandlung freut, wenn wahre Christen das ewige Leben erhalten werden: „Denn er selbst, der Herr, wird, wenn der Befehl ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrigbleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit. So tröstet euch mit diesen Worten untereinander“ (1. Thessalonicher 4,16-18; alle Hervorhebungen durch uns).

Beachten Sie hier, daß Paulus schreibt: „Zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen.“ Das sind diejenigen, die im Laufe der Geschichte in ihrem Leben Jesus treu gedient haben und nun im Grab schlafen. Unmittelbar nach ihnen sind die Anhänger Jesu an der Reihe, die zum Zeitpunkt seiner Wiederkehr am Leben sind. Das ewige Leben ist allein durch Jesus Christus zu erlangen: „Jesus Christus und sonst niemand kann die Rettung bringen. Auf der ganzen Welt hat Gott keinen anderen Namen bekannt gemacht, durch den wir gerettet werden könnten“ (Apostelgeschichte 4,12, Gute Nachricht Bibel).

Jesus selbst ist von den Toten auferstanden. In seinem Schreiben an die skeptischen Korinther bekräftigte der Apostel Paulus diese Tatsache: „Denn wie sie in Adam alle sterben, so werden sie in Christus alle lebendig gemacht werden. Ein jeder aber in seiner Ordnung: als Erstling Christus; danach, wenn er kommen wird, die, die Christus angehören“ (1. Korinther 15,22-23). Genauso wie Jesus von den Toten auferstanden ist, können sich auch seine Nachfolger auf die Auferstehung freuen.

Paulus erinnerte die Korinther daran, daß „Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können; auch wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit“. Er erklärte seinen Lesern das Geheimnis: „Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; und das plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune [der Zeit, zu der Christus wiederkehrt]. Denn es wird die Posaune erschallen, und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden. Denn dies Verwesliche muß anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muß anziehen die Unsterblichkeit. Wenn aber dies Verwesliche anziehen wird die Unverweslichkeit und dies Sterbliche anziehen wird die Unsterblichkeit, dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht: Der Tod ist verschlungen vom Sieg“ (1. Korinther 15,51-54).

An die christliche Gemeinde in Rom richtete Paulus ähnliche Worte: „Wenn nun der Geist dessen, der Jesus von den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christus von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt“ (Römer 8,11).

Was geschieht mit denen, die keine Christen sind?

Die Heilige Schrift schließt eindeutig das Erlangen des ewigen Lebens auf andere Weise als durch den Namen Jesus Christus aus. Heißt das nun, daß Nichtchristen von den Verheißungen der Bibel ausgeschlossen sind? Werden manche Menschen das ewige Leben versäumen, nur weil ihre Eltern eine andere Religion praktiziert haben oder weil sie in einem Teil der Welt aufgewachsen sind, wo Jesus und seine Lehre keine Beachtung finden?

Wir haben bereits gesehen, daß nur diejenigen, die zu Christus gehören, bei seiner Wiederkehr das ewige Leben erhalten werden. Wie kann Gott also anderen, die Jesus Christus nie gekannt haben, die Gelegenheit zum Heil geben? Und wie steht es mit denjenigen, die im christlichen Glauben aufgewachsen sind, die aber nicht lange genug gelebt haben, um zu bereuen und den heiligen Geist zu empfangen?

Es ist ein unschätzbarer Trost zu wissen, daß Gott alle Menschen liebt und sie in seinem Plan für die Menschheit berücksichtigt. Alle werden die Gelegenheit zum ewigen Leben bekommen. Wie der Apostel Petrus schrieb, will Gott „nicht, daß jemand verloren werde, sondern daß jedermann zur Buße [Reue und Umkehr] finde“ (2. Petrus 3,9). Reue und Taufe sind klare Voraussetzungen für das ewige Leben (Apostelgeschichte 2,38).

Im Buch der Offenbarung sehen wir eine zukünftige Zeit, in der die Worte von Petrus erfüllt werden: „Und ich sah Throne, und sie setzten sich darauf, und ihnen wurde das Gericht übergeben [symbolisch für Regierungsgewalt] ... diese [verstorbenen Christen] wurden lebendig und regierten mit Christus tausend Jahre. Die andern Toten aber wurden nicht wieder lebendig, bis die tausend Jahre vollendet wurden. Dies ist die erste Auferstehung [gemeint ist die Auferstehung zu Anbeginn der tausend Jahre]“ (Offenbarung 20,4-5).

Hier sehen wir einige sehr tiefgründige Worte. Wir lesen erneut, daß diejenigen in Christus bei seiner Wiederkehr das ewige Leben erlangen werden. Wir lesen aber auch, daß dies „die erste Auferstehung“ ist. Dann lesen wir, daß „die anderen Toten“ – die Ungläubigen – „nicht wieder lebendig [wurden], bis die tausend Jahre vollendet wurden“.

Dies besagt eindeutig, daß es mehr als eine Auferstehung gibt. In ihrem Eifer, die unbiblische Unsterblichkeit der Seele zu propagieren, hat der größte Teil der christlichen Welt diese einfache und klare Wahrheit übersehen. Diejenigen, die an der ersten Auferstehung teilhaben, erhalten das ewige Leben bei der Wiederkehr Jesu Christi. In Hesekiel 37 lesen wir von einer Auferstehung, die sich in bedeutender Weise von der ersten unterscheidet. Die Toten sind in diesem Fall schon seit einer langen Zeit tot, ihre Knochen werden als „ganz verdorrt“ beschrieben (Vers 2).

Bei dieser Auferstehung sagt Gott: „Ich will euch Sehnen geben und lasse Fleisch über euch wachsen und überziehe euch mit Haut und will euch Odem geben, daß ihr wieder lebendig werdet; und ihr sollt erfahren, daß ich der Herr bin“ (Hesekiel 37,6). Dies ist eine Auferstehung zu einer zweiten, physischen Existenz. Zu der Zeit werden diejenigen, die auf diese Weise auferweckt worden sind, „erfahren, daß [Gott] der Herr“ ist. Diejenigen, die an der zweiten Auferstehung am Ende der tausend Jahre teilhaben, erhalten bei ihrer Auferstehung das ewige Leben nicht. Warum nicht? Warum widerfährt ihnen nicht die gleiche Behandlung wie denen, die an der ersten Auferstehung teilhaben?

Die Antwort ist, daß sie dafür noch nicht reif sind. Erinnern wir uns, daß das ewige Leben nur durch Jesus Christus möglich ist. Jesus starb für unsere Sünden. Bevor wir wirklich zu ihm kommen können, müssen wir diese Sünden bereuen, die Lebensweise Gottes akzeptieren und dann getauft werden. Dann erhalten wir die Gabe von Gottes heiligem Geist (Apostelgeschichte 2,38). Durch die Auferstehung 1000 Jahre nach Jesu Wiederkehr erhalten alle, die daran teilhaben, erstmals in ihrem Leben die Gelegenheit dazu.

Diese Worte sind ein Trost für alle, die geliebte Menschen verloren haben, wie sie es auch für Richard und Emma in der Zeit ihrer Trauer waren.

Die Trauerfeier für Ryan

Zu Ryans Trauerfeier waren fast 200 Menschen erschienen, es war eine der größten Beerdigungen, die ich je erlebt habe. Für einen jungen Mann von 22 Jahren stellt es eine bemerkenswerte Errungenschaft dar, bereits das Leben von so vielen Menschen berührt zu haben. Mehr als drei Jahre waren seit seinem Schulabschluß vergangen. Trotzdem waren bei seiner Beerdigung mehr als 25 seiner ehemaligen Schulfreunde versammelt.

Während der Trauerfeier erfuhr ich, daß Ryan mehrere Kurzgeschichten und Artikel geschrieben und veröffentlicht hatte, sowie ein Theaterstück und das Drehbuch für einen Kurzfilm. Wer weiß, welche Leistungen er noch hätte erbringen können, wenn ihm ein längeres Leben vergönnt gewesen wäre. Es war tief bewegend zu sehen, wie viele seiner Freunde an der Trauer der Familie Anteil nahmen.

Ryan wurde neben seinem Großvater auf dem Grundbesitz seiner Großmutter im Landkreis Greenup in Kentucky beigesetzt. Nach der Beerdigung wurden meine Frau und ich vor unserer Rückfahrt nach Michigan zu einem gemeinsamen Essen mit der Familie eingeladen. Beide Seiten der Familie waren anwesend und eines wurde mir sehr deutlich: Richard und Emma haben die starke, liebevolle Unterstützung einer engverbundenen Familie.

Ryan war mit zwei Schwestern gesegnet, einer älteren und einer jüngeren. Ich kannte bereits seine jüngere Schwester Elesha, weil sie letztes Jahr meine Seminare besucht hatte. Die ältere Schwester Richelle und ihr Ehemann Will hatten gerade zehn Wochen vor Ryans Tod eine kleine Tochter bekommen. Ryan war in seine Nichte Zandra Belle vernarrt und sehr stolz darauf, ein Onkel zu sein. Mit einem neuen Leben kommt neue Hoffnung. Zandra wird dieser Familie helfen, diese schreckliche Prüfung zu meistern.

Dies erinnerte mich an die Worte Jesu, als ein Schriftgelehrter ihn fragte: „Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz?“ Jesu Antwort war: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Matthäus 22,37).

Mit diesen Worten sagte Jesus seinen Nachfolgern, was ihre Prioritäten im Leben sind. Wir sollen zuallererst Gott lieben, was die Notwendigkeit einer engen, persönlichen Beziehung zu unserem himmlischen Vater voraussetzt. Dann sollen wir unsere Mitmenschen, unsere Familie, unsere Freunde lieben. Das ist der Weg zum Glück in diesem Leben und zum ewigen Leben im nächsten. Diese zwei großen Gebote zu leben, kann auch ein Schlüssel zum Umgang mit Anfechtungen in schwierigen Zeiten sein, die wir im Leben durchmachen.

Irgendwann erleiden wir alle schmerzhafte Verluste. Für die meisten ist das der Verlust von Großeltern, Eltern, Tanten und Onkeln, älteren Geschwistern, Freunden und Nachbarn. Für einige, wie Richard und Emma, ist es der Verlust eines Kindes, ein Verlust, der so viel schwerer zu ertragen ist. In einer solchen Zeit können der Glaube an Gott und die liebevolle Unterstützung von Familienmitgliedern und Freunden die Schmerzen lindern.

So wie Paulus uns in 1. Thessalonicher 4, Vers 18 sagt: „So tröstet euch mit diesen Worten untereinander.“