Hat man das Grab des biblischen Königs Herodes gefunden?

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Von Mario Seiglie, Tom Robinson und Scott Ashley

Nach einer 35-jährigen Suche (in den Jahren 1972-2007) hat der israelische Archäologe Ehud Netzer seiner Meinung nach endlich seinen lang ersehnten Schatz gefunden – das Grab von Herodes dem Großen. Sollte das stimmen, dann enthüllt diese Entdeckung weitere Details über diese wichtige biblische Persönlichkeit.

Schon 1983 schrieb Professor Netzer: „Es ist immer noch offen, ob ich am Ende mein Ziel erreichen werde, aber selbst die Suche danach ist lehrreich und erfreulich. Obwohl ich, ehrlich gesagt, meinen Wunsch, das Grab des größten Baumeisters des Heiligen Landes zu finden, nicht verschweigen will, würde ich mich auch dann als hoch belohnt schätzen, wenn ich bei dieser Suche weiterhin erfolglos bleiben würde.

Wir wissen, dass Herodes im Herodium beigesetzt wurde, denn Josephus hat uns das mitgeteilt. In solchen Fragen gibt es keinen Grund, die Zuverlässigkeit dieses bekannten jüdischen Historikers aus dem ersten Jahrhundert zu bezweifeln, der etwa 40 Jahre später geboren wurde, nachdem Herodes im Jahr 4 v. Chr. gestorben war“ („Searching for Herod’s Tomb”, Biblical Archaeology Review, Mai-Juni 1983).

Anlässlich einer Pressekonferenz am 9. Mai 2007 gab Professor Netzer voller Freude Folgendes bekannt: „Die lange Suche nach dem Grab von Herodes dem Großen hat mit der Enthüllung der Ruine seines Grabes, Sarkophages und Mausoleums am nordöstlichen Abhang des Hügels des Herodiums ein Ende gefunden“ („At Herod’s Site, New Hopes and Fears“, Washington Post, 9. Mai 2007).

Herodes hat den Beinamen „der Große“ nicht deshalb erlangt, weil er besondere Eroberungen gemacht oder besondere Größe als König gezeigt hatte, denn er war ein grausamer Herrscher. Sein Beiname ist auf seine Tätigkeit als produktiver und großartiger Baumeister zurückzuführen. Außer vielen großen Bauwerken in Jerusalem und dessen Umgebung förderte er auch den Wiederaufbau und eine bedeutende Erweiterung des zweiten Tempels in Jerusalem.

Die Pracht des Tempels beeindruckte die Jünger von Jesus Christus dermaßen, dass einer von ihnen ausrief: „Meister, siehe, was für Steine und was für Bauten!“ Jesus antwortete: „Siehst du diese großen Bauten? Nicht ein Stein wird auf dem andern bleiben, der nicht zerbrochen werde“ (Markus 13,1-2). Diese Prophezeiung wurde etwa 40 Jahre später erfüllt, als römische Armeen bei der Niederschlagung einer jüdischen Revolte den Tempel zerstörten.

In Matthäus 2, Verse 1-18 wird berichtet, dass Herodes der Große das Massaker an den Kindern von Bethlehem in dem erfolglosen Versuch, Jesus den Messias zu ermorden, anordnete. Herodes wurde „sehr zornig und schickte aus und ließ alle Kinder in Bethlehem töten und in der ganzen Gegend, die zweijährig und darunter waren, nach der Zeit, die er von den Weisen genau erkundet hatte“ (Vers 16). Kurz danach starb Herodes an einer schrecklichen Krankheit.

Unter mehreren großen Palastanlagen, die Herodes erbaut hat, gab er nur dem Herodium seinen eigenen Namen. Er liebte es so sehr, dass er beschloss, dort begraben zu werden. Der Palast erweckte den Eindruck, als sei er auf der Spitze eines Vulkans errichtet. Herodes versah ihn mit Aquädukten, einem römischen Badehaus und üppigen Gärten.

Nach seinem Tod wohnte sein Sohn und Thronanwärter Archeläus dort. Als Judäa zu einer römischen Provinz wurde, wurde das Herodium zur Residenz des jeweiligen Statthalters. Während der jüdischen Revolte gegen die Römer fiel das Herodium für kurze Zeit in die Hand jüdischer Aufständiger, wurde aber nach dem Fall von Jerusalem im Jahre 70 n. Chr. wieder an die Römer übergeben.

Netzers Entdeckung ist sehr aufschlussreich. Neben anderen Grabgegenständen fand er auch die zertrümmerten Überreste eines verzierten Steinsarges mit Hinweisen darauf, dass dieser absichtlich zerstört worden ist. Der elegante Sarkophag „ist in der Antike zertrümmert worden, wahrscheinlich durch Teilnehmer an der ersten jüdischen Revolte gegen Rom (67-70 n. Chr.) – was aufzeigt, wie sehr Herodes bei seinen Untertanen verhasst war, die ihn als eine grausame Marionette Roms betrachteten“ („Herod’s Tomb Found“, Biblical Archaeology Review, 8. Mai 2007).

Verzierungen des Sarges waren buchstäblich identisch mit Dekorationen, die im großen Tempelkomplex in Jerusalem gefunden wurden. Das könnte andeuten, dass Herodes sogar noch nach seinem Tod wegen des herrlichen Tempels, den er erbaut hatte, in Erinnerung bleiben wollte.

Hershel Shanks, der Herausgeber des Biblical Archaeology Review, besuchte vor Kurzem gemeinsam mit Netzer das Herodium und berichtete: „Ehud Netzer ist sich zu 100 Prozent sicher, dass er das Grab von König Herodes gefunden hat . . . [Er] erkennt aber auch, dass nicht alle Gelehrten, weil er keine Inschrift mit Herodes‘ Namen gefunden hat, seine Schlussfolgerung akzeptieren werden, dass es sich hier tatsächlich um das Grab des antiken, manchmal wahnsinnigen Königs Judäas handelt . . .

Netzer lebt seit 50 Jahren mit Herodes dem Großen, er hat also ein Gefühl für den Mann. Er geht zudem auch mit dem Blick eines Architekten an seine Arbeit heran“, fügte er hinzu. „Wenn irgendjemand Herodes versteht, dann ist es Ehud Netzer“ („Herod’s Tomb Update”, Biblical Archaeology Review, 10. Mai 2007).