Die Supermacht der Zukunft: Europa

Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion gingen die USA als einzig verbliebene Supermacht aus dem Kalten Krieg hervor. Ist aber eine weitere Supermacht hier in Europa im Entstehen, die die USA eines Tages herausfordern wird?

Von Gary Petty

Manche Bürger der USA sind selbstgefällig und haben ein Gefühl der Unverwundbarkeit. Das Ende des Kalten Krieges hat eine Art emotionalen Isolationismus ausgelöst. Der durchschnittliche Amerikaner sorgt sich mehr um seinen Arbeitsplatz, den Benzinpreis oder den Tabellenplatz seiner Lieblingsmannschaft als über Ereignisse, die sich auf der Weltbühne abspielen.

Die Nachrichtensendungen im amerikanischen Fernsehen spiegeln die Interessen der Zuschauer und ihren Mangel an Weltsicht wider. Auf Ereignisse in Europa, Afrika oder dem Fernen Osten wird nur wenig Zeit verwandt. Aber der Welt stehen große Veränderungen bevor. In der Tat entsteht auf dem europäischen Kontinent eine Supermacht, die bereits heute die USA ökonomisch und politisch herausfordert.

Der Traum von einem vereinten Europa ist alt. Das antike Römische Reich schuf ein Netzwerk von Straßen, Postdiensten und wirtschaftlicher Zusammenarbeit und vereinte Kulturen und Religionen über weite Landstriche hinweg. Über Jahrhunderte hat das Konzept des Pax Romana – eines friedlichen, vereinten, von römischem Recht bestimmten Reiches – die Fantasie vieler Europäer bewegt.

Die Römer mussten feststellen, dass die Belastung, ein Reich aufrechtzuerhalten, das sich von Zentraleuropa bis nach Nordafrika erstreckte und von Britannien bis zum Nahen Osten, sich am Ende als zu aufwendig erwies. Rom fiel einem allmählichen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verfall zum Opfer und wurde von germanischen Eindringlingen erobert. Im Jahre 476 n. Chr. schien das Westreich eine tödliche Wunde erlitten zu haben, doch der Traum selbst starb nie völlig.

Die Geschichte war Zeuge einer Reihe von Versuchen, die diversen Völker Europas erneut zu einem Reich zu vereinen, mehrmals auch mit Waffengewalt. Karl der Große, Napoleon und in der neueren Geschichte Benito Mussolini und Adolf Hitler haben den Versuch unternommen, ein vereintes Europa wiederauferstehen zu lassen.

Aus der Zerstörung und den Toten des Zweiten Weltkriegs erwuchs trotz der Spaltung des Kontinents, mit der einen Hälfte hinter dem Eisernen Vorhang und unter sowjetischer Herrschaft, der Traum von einer friedlichen europäischen Einheit.

Ein neues Europa steigt aus den Trümmern auf

1945, nach zwei Weltkriegen innerhalb von 30 Jahren, herrschte in weiten Teilen Europas das Chaos. Viele alte ehrwürdige Städte waren zerbombt und lagen in Trümmern. Die Zahl der Todesopfer belief sich auf viele Millionen. Alte Institutionen und Organisationen hatten aufgehört zu existieren.

Was dann als Nächstes geschah, angetrieben von der Nachkriegshilfe aus den USA – beispielsweise dem Marshall-Plan –, war ein Wirtschaftswunder. Westeuropa wurde wieder aufgebaut und seine Industrien umgerüstet.

Von Grund auf modernisiert, begannen in den 1950er und 1960er Jahren viele deutsche Fabriken, die Fabriken des nationalen Wohltäters, der Vereinigten Staaten, zu überrunden. Der alte Traum von einem friedlichen Europa führte zu einer als Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) bekannten Organisation.

Im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts wurde die EWG durch die Europäische Union ersetzt, einer mächtigen Allianz, in deren Zentrum die alten Feinde Frankreich und Deutschland stehen. Das Ausmaß an internationaler Integration, das durch die Europäische Union erreicht wurde, ist atemberaubend.

Zur Jahrhundertwende konnte die europäische Ausgabe des amerikanischen Nachrichtenmagazins Time berichten: „Europa hat einen einzigen Markt, eine einzige Währung, eine Zentralbank. Kein Mitgliedsstaat kann einen Flughafen bauen, darüber entscheiden, wie viel Milch die eigenen nationalen Kühe produzieren dürfen oder etwas Schokolade nennen ohne zuerst mit Brüssel Rücksprache zu halten oder die Richtlinien der Kommission zu beachten.

Keine wichtige Fusion oder Übernahme kann [in der freien Wirtschaft] vonstatten gehen, es sei denn der EU-Wettbewerbskommissar hat zuvor mit dem Kopf genickt.“ Das Resultat? Die Europäische Union ist heute die größte Wirtschaftsmacht der Welt und erwirtschaftet mehr als ein Drittel der weltweiten Summe aller Bruttoinlandsprodukte. Sie ist der größte Exporteur der Welt. Der Euro hat seit seiner Einführung im Jahre 2002 fast um 50 Prozent gegenüber dem US-Dollar an Wert gewonnen.

Auf der Suche nach mehr Gewicht

Einige Führer in der EU glauben, dass die Union sich nicht schnell genug entwickelt oder nicht genug Stärke auf der Weltbühne zeigt. Es war sogar von einer von Frankreich und Deutschland angeführten Koalition innerhalb der EU die Rede, die den politischen Einigungsprozess beschleunigen sollte.

Manchen europäischen Führern geht es auch nicht nur um eine politische Einheit, sie hoffen auch, eine Militärstreitkraft aufzustellen. Dieses Militär würde nicht nur der Verteidigung dienen, sondern den Einfluss der EU in weit abgelegene Weltgegenden tragen.

Nicht alle Europäer nehmen die Vorstellung einer EU-Militärstreitkraft mit Begeisterung auf. Das gemeinsame Eingreifen der USA und Europas im Kosovo Ende der 1990er Jahre hat die allgemeine Zurückhaltung vieler europäischer Staaten im Hinblick auf Militäreinsätze aufgezeigt. Alle EU-Mitglieder entsandten gemeinsam nur 50 000 Mann in den Balkan, obwohl sie gemeinsam fast zwei Millionen Soldaten haben.

In der Zwischenzeit werden es die USA, mit ihren umfassenden Truppeneinsätzen im Kampf gegen den Terror in Afghanistan, im Irak und in anderen Weltgegenden, zunehmend leid, den Weltpolizisten zu spielen.

Europas prophezeite Zukunft

Die Ereignisse in Europa folgen einem historischen Muster – einem Versuch, die Spanier und Italiener, Deutschen und Slawen, Franzosen und Skandinavier zu einem Reich zu vereinen.

Dem Propheten Daniel wurde es durch göttliche Inspiration ermöglicht, die Bedeutung eines prophetischen Traums zu offenbaren. In Daniel 2 spricht der Prophet von vier aufeinanderfolgenden Reichen. Dazu gehört auch eines, das zur Zeit des Kommens des Messias zur Errichtung von Gottes Reich auf Erden herrschen wird. Wenn wir die Geschichte mit anderen Prophezeiungen vergleichen, dann können wir sehen, dass es sich bei diesen vier Reichen um, in dieser Reihenfolge, das babylonische, medo-persische, griechisch-mazedonische und Römische Reich handelte.

Vom vierten und letzten Reich sagte Daniel: Es „wird hart wie Eisen sein; Eisen zerschlägt und zermalmt ja alles; und wie Eisen alles zerschmettert, so wird dieses Reich alle anderen zerschlagen und zerschmettern“ (Vers 40; Einheitsübersetzung). Das Römische Reich hat sich in der Tat als dominanter als die vorherigen drei erwiesen und hat sich ihre Überreste im Rahmen einer Herrschaft einverleibt, die sich über Jahrhunderte erstreckte.

Daniel offenbarte auch faszinierende prophetische Details über dieses letzte Reich. Er sagte, dass die Beine und Füße des Bildnisses in Nebukadnezars Traum ein Königreich repräsentierten, das „teils von Ton und teils von Eisen“ sei (Vers 41). Das wies darauf hin, dass es sich um ein „zerteiltes Königreich“ handeln wird und dass es zum Teil „ein starkes und zum Teil ein schwaches Reich“ sein würde (Verse 41-42). Zudem, so „wie sich Eisen mit Ton nicht mengen lässt“, werden die Bestandteile dieses Königreiches nicht lange einen festen Zusammenhalt haben (Vers 43).

Danach beschreibt Daniel die Rückkehr Jesu Christi, die den Sturz aller menschlichen Königreiche und Regierungen zur Folge haben wird. Dann sagt Daniel: „Zur Zeit dieser Könige wird der Gott des Himmels ein Reich aufrichten, das nimmermehr zerstört wird . . . Es wird alle diese Königreiche zermalmen und zerstören“ (Vers 44).

Bei „diesen Königen“ handelt es sich speziell um eine Gruppe von zehn Führern, die sich in einer endzeitlichen Union oder Allianz vereinen werden. Daniels Prophezeiung deutet an, dass es sich bei dieser letzten Supermacht aufgrund der unterschiedlichen Kulturen und Sprachen um keine eng integrierte Staatengruppe, wie etwa die USA, handeln wird. Stattdessen sind es unterschiedliche Einheiten, die sich zu einem gemeinsamen Zweck zusammengefunden haben. Einige werden dabei zweifellos wesentlich mächtiger sein als andere.

In der Offenbarung finden wir weitere Einzelheiten über diese endzeitliche Allianz von Nationen: „Und die zehn Hörner, die du gesehen hast, das sind zehn Könige, die ihr Reich noch nicht empfangen haben; aber wie Könige werden sie für eine Stunde Macht empfangen zusammen mit dem Tier. Diese sind eines Sinnes und geben ihre Kraft und Macht dem Tier. Die werden gegen das Lamm kämpfen, und das Lamm wird sie überwinden, denn es ist der Herr aller Herren und der König aller Könige“ (Offenbarung 17,12-14).

Im Licht der biblischen Prophezeiungen ist es faszinierend, die Wurzeln der EU zu sehen. In der Ausgabe vom 29. Januar 1996 berichtete Newsweek: „Im Januar 1957 unterschrieben sechs Nationen einen Vertrag am Ort des antiken römischen Kapitols und begründeten so die Existenz der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft . . . Ein Stabsmitarbeiter von Paul-Henri Spaak, dem belgischen Außenminister, erinnert sich daran, wie sein Chef sagte: ,Glauben Sie, dass wir den ersten Stein zu einem neuen Römischen Reich gelegt haben?‘ Der Mitarbeiter erinnert sich: ,Wir hatten an dem Tag das starke Gefühl, Römer zu sein.‘ “

Die Vorstellung, ein erneuertes Römisches Reich zu gründen, war sicher Bestandteil des Denkens derjenigen, deren Bemühungen zur gegenwärtigen Organisation aus europäischen Nationen geführt haben. Diese Union wurde durch eine umfassendere Zusammenarbeit und Integration im ökonomischen und politischen Bereich weiter gestärkt.

Der letzte Fall

Die Träume von Karl dem Großen, Napoleon und Mussolini sind nie gestorben. Sie werden noch einmal eine Wiederauferstehung erleben – werden dann aber in einer totalen Katastrophe enden. In Offenbarung 19 sehen wir, wer dieses letzte Reich zerstören wird. Hier schreibt der Apostel Johannes über eine Vision, die er über die Zukunft erhalten hat:

„Und ich sah den Himmel aufgetan; und siehe, ein weißes Pferd. Und der darauf saß, hieß: Treu und Wahrhaftig, und er richtet und kämpft mit Gerechtigkeit. Und seine Augen sind wie eine Feuerflamme, und auf seinem Haupt sind viele Kronen . . . Und er war angetan mit einem Gewand, das mit Blut getränkt war, und sein Name ist: Das Wort Gottes“ (Verse 11-13). Das ist derjenige, den wir als Jesus Christus kennen.

Weiter heißt es: „Und aus seinem Munde ging ein scharfes Schwert, dass er damit die Völker schlage; und er wird sie regieren mit eisernem Stabe . . . und trägt einen Namen geschrieben auf seinem Gewand und auf seiner Hüfte: König aller Könige und Herr aller Herren“ (Verse 14-16).

Das letzte Reich von Menschen, das die Prophezeiungen der Bibel vorhersagen, wird durch ein weiteres Reich ersetzt werden – durch das von Jesus Christus eingeführte Reich Gottes. Es wird eine neue Weltordnung schaffen. Die Prophezeiungen der Bibel helfen uns, die sich verändernde geopolitische Lage zu verstehen. Sie stärken unseren Glauben und geben uns Hoffnung auf die Zukunft. Sie motivieren uns, voller Erwartung zu beten, „Dein Reich komme“.

F: Wann ist eine Verfassung keine Verfassung?
A: Wenn sie ein „Vertrag“ ist.

Ein Leitartikel in dem hoch angesehenen britischen Nachrichtenmagazin The Economist erwähnt in der kurzen Unterzeile: „Eine neue Verfassung heimlich einzuführen ist eine schlechte Idee für alle Europäer“ (27. Oktober 2007). Und doch könnte eine schlechte Idee zur nüchternen Realität werden.

The Economist fasste zusammen, was wirklich geschehen war: „Am 18. Oktober [2007] nahmen die Führer der Europäischen Union die Verfassung, die die Wähler in Frankreich und den Niederlanden 2005 abgelehnt hatten, änderten gelegentlich eine Formulierung, machten gelegentlich ein Konzept verwirrender und präsentierten dann der Welt den Lissabonner ,Reformvertrag‘ . . . Es gibt also keinen Grund, diesen einer schwierigen Volksabstimmung zu unterwerfen“ (Hervorhebung durch uns).

Mit anderen Worten, nachdem die EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden abgelehnt worden war, haben die Führer der EU einfach ein paar Details geändert und das Ganze dann einen „Vertrag“ genannt, womit man die europäischen Wähler umgehen konnte. Der Vertrag wurde dann von den europäischen Staats- und Regierungschefs am 13. Dezember in Lissabon unterschrieben (allerdings müssen ihn noch die nationalen Parlamente ratifizieren, bevor er am 1. Januar 2009 in Kraft treten kann).

Große Veränderungen für Europa

James Chapman, der stellvertretende politische Redakteur der Daily Mail, merkte vor Kurzem an, dass der „neue Vertrag zu 96 [Prozent] identisch mit der abgelehnten Blaupause ist“. The Economist bezeichnete die Neuerungen später als „kosmetische Änderungen“. Für kurze Zeit galt die öffentliche Aufmerksamkeit aber wichtigen neuen Aspekten dieses neuen Vertrages (die aber auch in der früheren Verfassung enthalten sind):

Die Einführung eines neuen europäischen Präsidenten.

Die Einführung eines neuen EU-Außenministers mit politischem Einfluss, einem eigenen Haushalt und einem eigenen diplomatischen Dienst.

Die Einführung eines neuen EU-Generalstaatsanwalts.

Neue Kompetenzen für einen EU-Gerichtshof.

The Economist fasste zusammen: „Die Mehrheitswahl wird in etwa 50 Politikbereichen, die gegenwärtig durch Einstimmigkeit entschieden werden, zur Regel werden. Am dramatischsten ist das im Bereich der Migration, der Strafgerichtsbarkeit und der Zusammenarbeit im Bereich von Justiz und Polizei, wo der Europäische Gerichtshof zum ersten Mal umfassende Aufsichtskompetenzen erhält“ (27. Oktober 2007).

Manche in Großbritannien sind über die Vorgehensweise bei der Formulierung des neuen Vertrags besorgt, zumal es der EU-Kommission in den 1990er Jahren gelungen ist, vereinbarte Aussteigeklauseln zu umgehen. The Economist schreibt unverblümt: „Nach kaum einer Woche haben viele der Taschenspieler in Brüssel bereits die Täuschung aufgegeben und versichern jedem, dass es sich in Wirklichkeit doch um eine Verfassung handelt“ (ebenda).

Ein „Mr. Europe“ ist im Kommen

The Economist wies auch auf die drei Positionen hin, die der neue EU-Vertrag schafft, die um den geheimnisvollen Posten des „Mr. Europe“ konkurrieren; die neu vorgeschlagenen Posten eines EU-Präsidenten und eines EU-Außenministers sowie der Präsident der Europäischen Kommission. Das Magazin spekulierte darüber, wer „zu der Figur werden würde, die von der Welt als ,Mr. Europe‘ angesehen werden wird“ – das öffentlichste Gesicht für diesen wachsenden Koloss.

Die Prophezeiungen der Bibel sagen uns, dass ein „Mr. Europe“ in der Tat im Kommen ist und mit solch diktatorischer Macht ausgestattet sein wird, dass die ganze Welt in Erstaunen versetzt werden wird. Dieser endzeitliche Führer wird in der Offenbarung mit einem Tier verglichen. „Die ganze Welt staunte über dieses Wunder und folgte dem Tier“ (Offenbarung 13,3; „Neues Leben“-Übersetzung). Wer sich mit der Geschichte befasst hat, weiß, dass im letzten Jahrhundert die Ambitionen europäischer Politiker zweimal zu einem Weltkrieg mit verheerenden Folgen geführt haben.

Die heutigen politischen Führer der Europäischen Union haben zweifellos keine oder nur eine geringe Vorstellung davon, was die gegenwärtige Entwicklung nicht nur für Europa, sondern für die ganze Welt bedeuten wird. Unsere kostenlose Broschüre Biblische Prophezeiung: Ein Blick in Ihre Zukunft? vermittelt Ihnen eine Übersicht der großen geopolitischen Ereignisse, die uns bevorstehen. Auf Anfrage senden wir sie Ihnen gern zu.