„Der Fels aber war Christus“

Paulus erwähnt einen „geistlichen Felsen“, der die Israeliten nach dem Auszug aus Ägypten begleitete: „[Der] Fels aber war Christus.“ Was meinte er nun mit dieser rätselhaften Feststellung?

Von Scott Ashley

Die Briefe des Apostels Paulus sind nicht gerade für ihre Gemeinverständlichkeit bekannt, wie auch sein Apostelkollege Petrus zugibt (2. Petrus 3,16). Wenn selbst Petrus, der in der gleichen Kultur wie Paulus verwurzelt war und zur gleichen Zeit lebte, mit den Schriften des Paulus seine Verständnisschwierigkeiten hatte, ist es kein Wunder, wenn auch für uns manches schwer zu begreifen ist. Denn wir leben ja in einer Welt, die grundlegend anders ist als die Welt, in der sich Petrus und Paulus bewegten.

Geistlich gesehen hatte Paulus einen ganz anderen Hintergrund als wir. Er war zum Rabbiner ausgebildet worden, und zwar unter der Leitung des Gamaliel, eines Schriftgelehrten, der „vom ganzen Volk in Ehren gehalten“ wurde (siehe Apostelgeschichte 5,34 und 22,3).

Paulus war deshalb mit den hebräischen Schriften, die heute gemeinhin als „Altes Testament“ bezeichnet werden, engstens vertraut. Wenn er in seinen Briefen auf Ausdrücke und Geschichten anspielt, die in den hebräischen Schriften vorkommen, werden seine zeitgenössischen Leser gewusst haben, was er meinte. Heute ist das aber anders, weil nur wenige über eine entsprechende Vertrautheit mit dem Alten Testament verfügen.

Ein rätselhafter Abschnitt im ersten Korintherbrief

Die ersten vier Verse des zehnten Kapitels im ersten Korintherbrief enthalten eine Aussage, die auf einige wenig bekannte Stellen in den hebräischen Schriften anspielt und deswegen für viele heute schwer zu verstehen ist. Wir lesen:

„Ich will euch aber, liebe Brüder, nicht in Unwissenheit darüber lassen, dass unsre Väter alle unter der Wolke gewesen und alle durchs Meer gegangen sind; und alle sind auf Mose getauft worden durch die Wolke und durch das Meer und haben alle dieselbe geistliche Speise gegessen und haben alle denselben geistlichen Trank getrunken; sie tranken nämlich von dem geistlichen Felsen, der ihnen folgte; der Fels aber war Christus“ (1. Korinther 10,1-4; alle Hervorhebungen durch uns).

Was meint nun Paulus mit „dem geistlichen Felsen“ und warum setzt er ihn mit Christus gleich?

Wenn wir auf etwas in der Bibel stoßen, das schwer zu verstehen ist, verfahren wir am besten, wenn wir zunächst einmal den Zusammenhang betrachten. Im vorliegenden Falle stellen wir dabei fest, dass Paulus diesen Brief an die Gemeinde zu Korinth zur Zeit des Passahs und des Festes der Ungesäuerten Brote schreibt.

Diese beiden Feste erinnern an den Auszug der Israeliten aus Ägypten, der schon damals um fünfzehn Jahrhunderte zurücklag. Diesen Hintergrund erkennen wir zum Beispiel an der Aussage, dass „auch wir . . . ein Passahlamm [haben], das ist Christus, der geopfert ist“ (1. Korinther 5,7), sowie an seiner anschließenden Aufforderung, das Fest zu feiern (Vers 8). Etwas später im Brief (1. Korinther 11,20-29) gibt Paulus den Korinthern bestimmte Richtlinien für die Feier des Passahs.

Es ist also verständlich, dass sich Paulus zur Zeit der Niederschrift dieses Briefes mit dem Auszug der Israeliten aus Ägypten beschäftigt und im ersten Abschnitt von 1. Korinther 10 die Wolkensäule (siehe 2. Mose 13,21-22 und 14,19-20), den Zug der Israeliten durchs Meer (2. Mose 14,21-30) und das Manna erwähnt, mit dem Gott das Volk vierzig Jahre lang ernährte (2. Mose 16,11-35).

Ein vielschichtiger Fels

In Vers 4 spricht Paulus nun von einem „geistlichen Felsen“, der den Israeliten folgte und den er mit Christus gleichsetzt. In der Wüste hat Mose den Felsen geschlagen, um das Volk mit Wasser von Gott zu versorgen (2. Mose 17,1-6 und 4. Mose 20,1-11).

Im ersten Fall versprach Gott, auf dem Felsen zu stehen. Damit tat er kund, dass das Wasser von ihm kam. Aber Paulus geht es nicht in erster Linie um einen greifbaren Felsen, sondern um den „geistlichen Felsen, der ihnen folgte“, den er mit Jesus Christus gleichsetzt.

Was will uns Paulus hier sagen?

Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass „folgte“ an dieser Stelle nicht unbedingt die beste Übersetzung des griechischen Wortes im Urtext ist. Das zu Grunde liegende Zeitwort heißt akoloutheo, was auch „begleiten“ bedeuten kann.

Dieses Zeitwort wird an 92 Stellen im Neuen Testament verwendet, und in den meisten Fällen ist die Bedeutung, dass die Jünger und Anhänger Christi ihn auf seinen Fußreisen durch Galiläa und Judäa begleiteten. Obwohl „folgen“ an diesen Stellen eine durchaus mögliche Übersetzung ist, ergibt „begleiten“ im Zusammenhang mit der Wüstenwanderung mehr Sinn, da es unwahrscheinlich ist, dass Christus den Israeliten hinterherzog.

Paulus deutet die Felsen in der Wüste, aus denen Wasser von Gott floss, als Sinnbilder für Christus, der uns mit geistlichem Wasser versorgt.

Der geistliche Fels, der Israels Gott war

Der Auszug aus Ägypten wird nicht nur in 2. und 4. Mose, sondern auch in 5. Mose beschrieben. Dieses Buch wurde kurz vor dem Tod des Mose verfasst, als Israel an der Schwelle zum Gelobten Lande stand, und ist eine Zusammenfassung der Geschichte des Volkes vom Auszug aus Ägypten bis unmittelbar vor dem Einzug nach Kanaan.

Die 40-jährige Wüstenwanderung mit ihren Höhen und Tiefen wird von einer hohen Warte aus beschrieben. In Kapitel 32 trägt Mose ein Gedicht vor, in dem er den großen Gott preist, der die Israeliten trotz ihres wiederholten Ungehorsams und Unglaubens geführt und bewahrt hat.

Dieses Gedicht des Mose steht in enger Beziehung zur Geschichte des Auszugs aus Ägypten. An mehreren Stellen bezeichnet Mose Gott als „Felsen“, der die Israeliten auf dem ganzen Weg von Ägypten bis Kanaan begleitet hat. Das ist bestimmt ein Sinnbild für eine felsenfeste geistliche Grundlage.

Paulus dürfte an dieses Gedicht gedacht haben, als er in 1. Korinther 10 vom geistlichen Felsen schrieb. Von den Büchern des Alten Testaments, auf die im Neuen Testament am häufigsten angespielt wird, steht 5. Mose hinter den Psalmen und Jesaja an dritter Stelle.

Wir wollen mal sehen, wie Mose Gott in seinem Abschiedsgedicht mit einem Felsen vergleicht.

Zunächst einmal wird Gott gelobt: „Denn ich will den Namen des Herrn preisen. Gebt unserm Gott allein die Ehre! Er ist ein Fels. Seine Werke sind vollkommen; denn alles, was er tut, das ist recht. Treu ist Gott und kein Böses an ihm, gerecht und wahrhaftig ist er“ (5. Mose 32,3-4).

In Vers 15 wird Israel vorgeworfen, seinen Felsen gering geschätzt zu haben: „Du wurdest fett, dick, feist! Und er verwarf den Gott, der ihn gemacht, und verachtete den Fels seiner Rettung“ (Elberfelder Bibel).

Ähnliches findet sich auch in Vers 18: „Deinen Fels, der dich gezeugt hat, hast du außer Acht gelassen und hast vergessen den Gott, der dich gemacht hat.“

Hier verurteilt Mose die Israeliten, weil sie sich dem Gott widersetzten, der sie zu einem Volk gemacht hatte.

In Vers 30 stellt Mose fest, dass der „Fels“ der Israeliten sie verkauft und „der Herr“ sie dahingegeben hat, mit der Folge, dass ein einzelner feindlicher Soldat tausend israelitische Kämpfer in die Flucht jagt und zwei es mit zehntausend tun. Im nächsten Vers heißt es: „[Unserer] Feinde Fels ist nicht wie unser Fels.“

Allein in diesem Gedicht bezeichnet Mose Gott fünfmal als „Fels“ der Israeliten. Es liegt nahe, dass Paulus an dieses Gedicht gedacht hat, als er schrieb: „[Der] Fels aber war Christus.“

Der Gott Israels und der Schöpfer von allem

In der Aussage „der Fels aber war Christus“ steckt eine tiefe Wahrheit. Es wird für gewöhnlich angenommen, dass es Gott, der Vater, war, der mit Menschen, Sippen und Völkern zu alttestamentlichen Zeiten direkten Kontakt hatte. Wenn der Fels aber Christus war, dann war das Wesen, das sich den Menschen mitteilte, das Mitglied der Gottfamilie, das später durch seine Fleischwerdung zum Menschen Jesus Christus wurde.

Diese Einsicht wird in 1. Korinther 10, Vers 9 bestätigt, wo es heißt: „Lasst uns auch nicht Christus versuchen, wie einige von ihnen ihn versuchten und wurden von den Schlangen umgebracht.“ Der Vorfall, von dem hier die Rede ist, wird in 4. Mose 21, Verse 5-9 beschrieben. In Vers 6 heißt es dort: „Da sandte der Herr feurige Schlangen unter das Volk; die bissen das Volk, dass viele aus Israel starben.“ Wer war nun der Gott, den die Israeliten in dieser Geschichte auf die Probe stellten? Nach der Aussage von Paulus war es kein anderer als Jesus Christus.

Wie konnte nun Paulus überhaupt wissen, dass der Gott, der mit Mose und den Israeliten Umgang pflegte, später als Jesus Christus unter der Menschheit erschien? Die Antwort ist wohl darin zu suchen, dass Paulus nach seiner Bekehrung drei Jahre lang von Christus persönlich unterwiesen wurde (Galater 1,11-18).

Über Jesus schreibt Paulus unter der Eingebung Gottes: „Denn in ihm ist alles geschaffen, was im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, es seien Throne oder Herrschaften oder Mächte oder Gewalten; es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen“ (Kolosser 1,16). Mit anderen Worten, Jesus Christus war es, der das sichtbare Weltall und auch die unsichtbare Geistwelt, in der die Engel wohnen, geschaffen hat. Wie Paulus sagt: „[Es] ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen.“

Unter der Eingebung Gottes teilt uns Paulus mit, dass Jesus Christus der Schöpfer war, der das Sichtbare und das Unsichtbare schuf und der auch mit Mose und den Israeliten auf ihrem Weg von Ägypten zum Gelobten Lande Umgang pflegte.

„Niemand hat Gott je gesehen“

Der Apostel Johannes ergänzt die Erklärungen des Paulus zur Tätigkeit von Jesus Christus in den Zeiten des Alten Testaments. In Johannes 1, Vers 18 lesen wir: „Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt.“

In Vers 14 erklärt Johannes, dass er selbst Zeuge des „Wortes“ war, das im Fleisch als Jesus Christus erschienen ist. Da also Johannes Jesus Christus selbst gesehen hatte, kann mit „Gott“ in Vers 18 unmöglich Christus gemeint sein, obwohl Christus selbst Gott war (siehe Verse 1-3). Der Gott, den niemand gesehen hatte, musste daher Gott, der Vater, sein. Christus hat uns also Gott, den Vater, verkündigt (Vers 18).

Wenn Gott, der Vater, den Israeliten in der Zeit des Alten Testaments als Gott begegnete, warum musste Jesus ihn dann verkündigen? Das ergibt doch keinen Sinn. Wenn Gott, der Vater, schon bekannt gewesen wäre, hätte ihn Jesus nicht offenbaren müssen.

Auch in seinem ersten Brief schreibt Johannes: „Niemand hat Gott jemals gesehen“ (1. Johannes 4,12). Die Forschung schätzt, dass Johannes sein Evangelium und seine Briefe gegen Ende des ersten Jahrhunderts verfasste.

Es scheint, dass er zu dieser Zeit der einzige noch lebende Apostel war. Er hatte mehr als ein halbes Jahrhundert lang Zeit gehabt, über seine Erfahrungen mit Jesus Christus nachzudenken und die Lehren seines Meisters zu verarbeiten. Dass niemand Gott gesehen hatte, wird er von Jesus selbst vernommen haben. Nach so vielen Jahren wird sich Johannes der Tragweite seiner Aussage bewusst gewesen sein.

Auch aus dem Mund von Jesus selbst haben wir zwei einschlägige Aussagen: „Und der Vater, der mich gesandt hat, hat von mir Zeugnis gegeben. Ihr habt niemals seine Stimme gehört noch seine Gestalt gesehen“ (Johannes 5,37).

„Nicht als ob jemand den Vater gesehen hätte außer dem, der von Gott gekommen ist; der hat den Vater gesehen“ (Johannes 6,46). Hier sagt Jesus, dass nur er, der von Gott gekommen ist, Gott gesehen hat. Kein Mensch hat den Vater gesehen.

Wer hat Gott im Alten Testament gesehen?

Und doch im Alten Testament lesen wir mehrmals davon, dass Menschen Gott gesehen haben. Hier ist eine Auswahl an Beispielen.

Abraham (1. Mose 12,7; 1. Mose 15,1; 1. Mose 18,1)

Isaak (1. Mose 26,2; 1. Mose 26,24)

Josua (Josua 6,2)

Jakob (1. Mose 28,13; 1. Mose 32,30; 1. Mose 35,9-10)

Mose (2. Mose 3,6; 2. Mose 33,11; 2. Mose 33,21-23)

Mose, Aaron und die siebzig Ältesten Israels (2. Mose 24,9-11)

Gideon (Richter 6,14)

Salomo (1. Könige 11,9)

In den meisten dieser Fälle gibt es eine Begegnung von Angesicht zu Angesicht. Einmal heißt es zwar, dass Abraham Gott in einer Offenbarung sah (1. Mose 15,1), und von Jakob wird einmal berichtet, dass er Gott in einem Traum erblickte (1. Mose 28,13). Aber sowohl Abraham als auch Jakob haben Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen. Abraham hat mit Gott sogar gegessen (1. Mose 18,1-8) und Jakob hat mit Gott gerungen (1. Mose 32,25-31).

Bei diesen Begegnungen wird Gott mit folgenden Bezeichnungen identifiziert: „Gott“ (hebräisch „Elohim“), „der Herr“ (hebräisch „JHWH“ bzw. „Jahwe“), „der Gott Israels“, „der Gott eurer Väter“, „der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, und der Gott Jakobs“, „der allmächtige Gott“ (hebräisch „El Schaddai“), „das Wort des Herrn“, „der Engel des Herrn“, „Ich werde sein, der ich sein werde“ und „Ich werde sein“ bezeichnet.

Wie können wir diese Begegnungen mit der Aussage „Niemand hat Gott je gesehen“ vereinbaren?

Wir haben vorhin gesehen, dass sowohl Johannes als auch Jesus selbst erklären, dass kein Mensch jemals Gott, den Vater, gesehen hat. Wen haben also Abraham, Isaak, Jakob, Mose, Aaron und die anderen dann gesehen? Der scheinbare Widerspruch löst sich auf, wenn wir bedenken, dass es zwei Gottwesen gab. Gott, den Vater, hatte niemand gesehen, aber das andere Gottwesen hatte man schon gesehen.

Wenn Menschen Gott gesehen haben, dann haben sie das Wort gesehen, das auch Gott war (Johannes 1,1) und später im Fleisch als Jesus Christus erschien: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort . . . Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit“ (Johannes 1,1. 14). Es liegt daher kein Widerspruch vor (siehe hierzu auch Johannes 10,36).

Aus der Schrift geht also hervor, dass es Jesus war, der den Erzvätern, den Propheten und dem Volk Israel als Gott, im Auftrag von Gott, dem Vater, begegnete. Als Christus Mensch wurde, war Gott, der Vater, den Israeliten unbekannt. Sie hatten nie den Vater, sondern nur das Wort bzw. den Sprecher Gottes gesehen – Jesus Christus, der unter anderem in die Welt kam, um den Vater zu offenbaren.

Jesus war der „Ich bin“, der mit Mose sprach

Dass Jesus der „Ich bin“ war, hat er während eines Streitgesprächs selbst gesagt, und seine Zuhörer haben genau gewusst, was er meinte. Über die Auseinandersetzung wird in Johannes 8 berichtet. In Vers 56 sagt Jesus: „Abraham, euer Vater, wurde froh, dass er meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich.“

In Vers 57 sehen wir die Reaktion der Juden: „Da sprachen die Juden zu ihm: Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen?“ Wie antwortete Jesus ihnen? „Amen, ich versichere euch: Ich bin – bevor Abraham überhaupt geboren wurde“ (Gute Nachricht Bibel).

Hier gibt sich Jesus als der Gott zu erkennen, der nach den hebräischen Schriften mit Menschen in alttestamentlichen Zeiten Umgang pflegte. Das geht deutlich aus der Geschichte hervor, in der Gott aus dem brennenden Busch dem Mose verspricht, die Israeliten aus der ägyptischen Knechtschaft zu befreien. In 2. Mose 3, Verse 13-14 lesen wir:

„Mose aber antwortete Gott: Siehe, wenn ich zu den Söhnen Israel komme und ihnen sage: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt, und sie mich fragen: Was ist sein Name?, was soll ich dann zu ihnen sagen? Da sprach Gott zu Mose: ,Ich bin, der ich bin.‘ Dann sprach er: So sollst du zu den Söhnen Israel sagen: Der ,Ich bin‘ hat mich zu euch gesandt“ (2. Mose 3,13-14; Elberfelder Bibel).

Zurück zum Gespräch Jesu mit seinen Gegnern: Für uns mag Jesu Aussage nicht besonders erregend sein, aber seine Worte haben die Teilnehmer an diesem Streitgespräch in helle Wut versetzt, wie wir an Vers 59 sehen: „Da hoben sie Steine auf, um auf ihn zu werfen. Aber Jesus verbarg sich und ging zum Tempel hinaus.“ Jesu Gegner haben sehr wohl gewusst, was er meinte, als er sich „Ich bin“ nannte. Seine Aussage kam einer Behauptung gleich, er selbst habe mit Mose aus dem brennenden Busch gesprochen. Mit anderen Worten: Er hat behauptet, Gott zu sein! Deswegen wollten seine Landsleute ihn steinigen.

Die erstaunliche Wahrheit über die Identität Jesu

Wenn wir die angeführten Stellen als Gesamtheit betrachten, entsteht ein erstaunliches Bild. Derjenige, der auf die Erde als Mensch aus Fleisch und Blut kam, Jesus Christus, war der Gott, der mit Menschen in den Zeiten des Alten Testaments Umgang pflegte.

Wir haben in diesem Beitrag nicht alle Schriftstellen erwähnt, die bei diesem Thema von Bedeutung sind, aber das, was wir beschrieben haben, dürfte ausreichen, um zu beweisen, dass der Gott, der in den Zeiten des Alten Testaments im Auftrag von Gott, dem Vater, mit Menschen Umgang pflegte, kein anderer war als Jesus Christus vor seiner Geburt als Mensch.

Wir verlassen uns hier nicht auf Meinungen und Spekulationen, sondern auf Aussagen von Paulus, Johannes und Christus selbst. Der Evangelist Matthäus nennt Jesus „Immanuel“, was „Gott mit uns“ bedeutet (Matthäus 1,23). Und der Apostel Thomas nennt Jesus „mein Herr und mein Gott“ (Johannes 20,27-29).

In Menschengestalt machte sich Jesus dem Vater untertan und hielt seine Anhänger dazu an, den Vater anzubeten (Johannes 4,23; 5,19; 5,30; 8,28; 10,18; 10,29; 10,37; 12,49-50; 14,10; 14,24; 15,10). Wir sollen deswegen in erster Linie Gott, den Vater, ehren.

Aber Jesus nahm Anbetung ohne Weiteres an (Matthäus 8,2-3; 9,18-19; 14,33; 15,25; 28,9-10; 28,17 und Lukas 24,51-52). Er erklärte, es sei der Wille des Vaters, dass alle „den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren“ (Johannes 5,23).

Wie Jesus Christus der Fels der Israeliten während ihrer vierzigjährigen Wanderung in der Wüste war, so kann er auch unser Fels auf unserer geistlichen Wanderung durchs Leben sein.

An vielen Stellen wird Gott als Fels Israels bezeichnet

Der Apostel Paulus ist nicht der einzige biblische Autor, der sich auf den „Felsen“ Israels bezog. Mehrere Autoren des Alten Testaments bezeichneten Gott – oder Jahwe, da manche glauben, dass die hebräische Form seines Namens auf diese Weise ausgesprochen wurde – auch als ihren oder Israels „Fels“. Zusätzlich zu den fünf Erwähnungen im Buch 5. Mose gibt es mehr als ein Dutzend weitere Verse, meist in den Psalmen, in denen Gott als „Fels“ Israel bezeichnet wird.

Wir haben gesehen, dass Mose und Paulus Gott als Fels bezeichnen. Aber andere biblische Verfasser tun es ebenfalls. Wie wir im Hauptbeitrag erklärt haben, dürfte Paulus das Gedicht aus 5. Mose 32 im Sinn gehabt haben, als er in 1. Korinther 10, Vers 4 schrieb, dass der Fels Christus war. Da Paulus in allen hebräischen Schriften bewandert war, werden ihm einige der anderen Stellen vorgeschwebt haben, in denen Gott mit einem Felsen verglichen wird.

Nachfolgend sind mehr als fünfzehn Bibelstellen, in denen Gott, das heißt Jesus Christus vor seiner Geburt als Mensch, als Fels Israels gesehen wird:

„Der Herr ist mein Fels und meine Burg und mein Erretter“ (2. Samuel 22,2).

„Denn wer ist Gott, wenn nicht der Herr? Und wer ist ein Fels, wenn nicht unser Gott?“ (2. Samuel 22,32).

„Der Herr lebt, und gelobt sei mein Fels, und Gott, der Fels meines Heils, sei hoch erhoben“ (2. Samuel 22,47).

„Es hat der Gott Israels zu mir gesprochen, der Fels Israels hat geredet“ (2. Samuel 23,3).

„Herr, mein Fels, meine Burg, mein Erretter; mein Gott, mein Hort, auf den ich traue, mein Schild und Berg meines Heiles und mein Schutz!“ (Psalm 18,3).

„Denn wer ist Gott, wenn nicht der Herr, oder ein Fels, wenn nicht unser Gott?“ (Psalm 18,32).

„Der Herr lebt! Gelobt sei mein Fels! Der Gott meines Heils sei hoch erhoben“ (Psalm 18,47).

„Wenn ich rufe zu dir, Herr, mein Fels, so schweige doch nicht, dass ich nicht, wenn du schweigst, gleich werde denen, die in die Grube fahren“ (Psalm 28,1).

„Neige deine Ohren zu mir, hilf mir eilends! Sei mir ein starker Felsund eine Burg, dass du mir helfest! Denn du bist mein Felsund meine Burg und um deines Namens willen wollest du mich leiten und führen“ (Psalm 31,3-4).

„Ich sage zu Gott, meinem Fels: Warum hast du mich vergessen? Warum muss ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich dränget?“ (Psalm 42,10).

„Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft. Denn er ist mein Fels, meine Hilfe, mein Schutz, dass ich gewiss nicht fallen werde“ (Psalm 62,2-3).

„Er ist mein Fels, meine Hilfe und mein Schutz, dass ich nicht fallen werde. Bei Gott ist mein Heil und meine Ehre, der Fels meiner Stärke, meine Zuversicht ist bei Gott“ (Psalm 62,7-8).

„Sei mir ein starker Hort, zu dem ich immer fliehen kann, der du zugesagt hast, mir zu helfen; denn du bist mein Fels und meine Burg“ (Psalm 71,3).

„Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein, dass sie verkündigen, wie der Herr es recht macht; er ist mein Fels und kein Unrecht ist an ihm“ (Psalm 92,15-16).

„Gelobt sei der Herr, mein Fels, der meine Hände kämpfen lehrt und meine Fäuste, Krieg zu führen, meine Hilfe und meine Burg, mein Schutz und mein Erretter, mein Schild, auf den ich traue, der Völker unter mich zwingt“ (Psalm 144,1-2).

„Fürchtet euch nicht und erschreckt nicht! Habe ich’s dich nicht schon lange hören lassen und es dir verkündigt? Ihr seid doch meine Zeugen! Ist auch ein Gott außer mir? Es ist kein Fels, ich weiß ja keinen“ (Jesaja 44,8).

„Aber du, Herr, mein Gott, mein Heiliger, der du von Ewigkeit her bist, lass uns nicht sterben; sondern lass sie uns, o Herr, nur eine Strafe sein, und lass sie, o unser Fels, uns nur züchtigen“ (Habakuk 1,12).

Wenn Paulus erklärt, dass der Fels Christus war, weiß er, wovon er spricht. Er weiß, dass Mose, David, Jesaja und Habakuk Gott als Felsen betrachteten. Paulus kannte sich in den hebräischen Schriften bestens aus und war mit der Bezeichnung Gottes als Fels voll vertraut. Und mit diesem Hintergrundwissen stellt er fest, ja felsenfest: „[Der] Fels aber war Christus.“