Sollten wir im 21. Jahrhundert den Zehnten zahlen?

Ist das Zehntenzahlen nicht überholt bzw. hoffnungslos veraltet in der heutigen Welt, oder lehrt es zeitlose Prinzipien und Lektionen? Sie sollten Gottes Perspektive bezüglich dieser wichtigen Frage verstehen.

Von Bill Bradford

Heute leben wir in einer Welt, die nach Orientierung und Antworten auf tiefgreifende und oft unlösbare Probleme sucht. Wir leben in einem materialistischen und selbstsüchtigen Zeitalter. Fast alle persönlichen Ressourcen, die den Menschen zur Verfügung stehen, werden für ein besseres Leben für sich und die Nachkommen aufgewendet.

Gott jedoch erwartet etwas mehr von den Menschen, die er beruft. Er erwartet von uns, daß wir über physische Bedürfnisse hinaus auch die Wichtigkeit geistlicher Bedürfnisse und Werte erkennen. Gott will, daß wir einer verführten und dunklen Welt unbezahlbare geistliche Erkenntnis vermitteln.

Der Zweck der Kirche heute

Gott führt seinen herrlichen Plan aus, nach dem die ganze Menschheit die Gelegenheit haben wird, ewiges Leben zu erhalten. Viele Menschen leben in einer schmerzhaften geistlichen und emotionalen Leere, die nur durch die Lehren und die geistlichen Werte Gottes ausgefüllt werden kann.

Die Kirche Gottes hat immer noch ein großes Werk zu tun. Jesus Christus gab seinem Volk den Auftrag, das Evangelium in aller Welt zu predigen, jede Nation mit den wunderbaren Wahrheiten zu erreichen, die er offenbart hat, und diejenigen, die Gott beruft, in seiner Lebensweise zu unterweisen (Matthäus 24,14; 28,18-20).

Im 20. Jahrhundert haben die Informations- und Unterhaltungsmedien – Presse, Rundfunk und Fernsehen – eine wichtige Rolle bei der Ausführung des Auftrags, das Evangelium zu predigen, gespielt. Genau wie früher steht die Kirche der Frage gegenüber, wie Gott dieses Werk finanziert sehen will. Eine gründliche und gewissenhafte Untersuchung der ganzen Bibel gibt uns genügend Beweise dafür, daß in der gesamten Heiligen Schrift eine konsequente Finanzierungsmethode angesprochen wird. Jene Methode ist die des Zehntenzahlens.

Es stellen sich daher die Fragen: Sollten Sie den Zehnten zahlen? Was ist die biblische Grundlage für die Praktik des Zehntenzahlens? Und wichtiger noch: Mit welcher Geisteshaltung sollten Sie den Zehnten zahlen? Befassen wir uns nun mit einem kurzen Überblick der wichtigen Schriftstellen.

Was meinen wir mit dem Wort Zehnter? Nach dem Wörterbuch bedeutete dieses Wort ursprünglich „der zehnte Teil“. Der Zehnte bezieht sich daher ganz einfach auf die Praktik des „Zehntenzahlens“ oder die Rückgabe von zehn Prozent des Ertrags an Gott (siehe 3. Mose 27,32). Das Zehntenzahlen ist einfach eine Form des Gebens, das eine göttliche Praktik ist (Matthäus 19,21).

Eigentlich ist es eine Form der Anbetung, bei der wir Gott Respekt erweisen: „Ehre den Herrn mit deinem Gut und mit den Erstlingen all deines Einkommens, so werden deine Scheunen voll werden und deine Kelter von Wein überlaufen“ (Sprüche 3,9-10).

Wir müssen diesen wichtigen Aspekt unserer Beziehung zu Gott verstehen. Wir sollten uns fragen, ob wir durch unsere Handlungen sagen: „Ich werde zwar Gott lieben, ihn loben und ihm danken, aber ich werde sein Werk nicht finanziell unterstützen.“

Der Zehnte in biblischer Geschichte

Bevor die Israeliten in das Land einzogen, das Gott ihnen versprochen hatte, sagte er ihnen: „Alle Zehnten im Lande, vom Ertrag des Landes und von den Früchten der Bäume, gehören dem Herrn und sollen dem Herrn heilig sein“ (3. Mose 27,30; alle Hervorhebungen durch uns).

Woher nahm sich Gott das Recht, zehn Prozent von allem, was die Israeliten vom Land produzierten, für sich zu beanspruchen? Sein Anspruch gründet sich auf eine einfache und oft übersehene Wahrheit: Ihm gehört alles!

Diese grundlegende Prämisse wird in der Bibel oft wiederholt: „Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen“ (Psalm 24,1; siehe auch 2. Mose 19,5). Der Zehnte ist einfach die göttlich verordnete Größenordnung, in der Gott von uns erwartet, ihn durch Geben zu ehren und anzuerkennen, daß er uns alles gibt.

Die erste Erwähnung dieser alten Praktik des Gebens findet sich in der Bibel in 1. Mose 14, Verse 18-22. Nach seinem Sieg über vier Könige gab Abraham den Zehnten der Kriegsbeute an Melchisedek, den Priester Gottes des Höchsten. Offensichtlich verstand Abraham, daß das Zehntenzahlen ein angemessener Ausdruck der Ehrerweisung Gottes durch persönlichen Besitz war.

An diesem Beispiel erkennen wir einige wichtige Prinzipien, die wir auch heute anwenden können. Abraham, dessen beispielhaftes Leben des Dienens und Gehorsams gegenüber Gott Anlaß für Gott war, ihn als „Vater … aller, die glauben“, zu bezeichnen (Römer 4,11), wurde nicht zum Zehntenzahlen gezwungen. Er gab gerne und freiwillig als Ausdruck großer Demut. Er erwies Gott Respekt und Ehrfurcht, ebenso an Melchisedek, der zugleich „König von Salem“ und „Priester Gottes des Höchsten“ war (Hebräer 7,1). Jesus Christus, der König des ganzen Universums, dient in diesem königlichen und priesterlichen Amt heute (Hebräer 6,20). Durch das Zehntenzahlen erweist man ihm die angebrachte Ehre.

Dieses Beispiel zeigt auch Abrahams große persönliche Rechtschaffenheit und seinen Charakter. Er entschied, sein Versprechen gegenüber Gott einzuhalten, statt der Versuchung nachzugeben, die Kriegsbeute für sich selbst zu verwenden (1. Mose 14,22-23). Abraham verstand die Grundlage für das Zehntenzahlen an Gott: Er ist der Schöpfer von Himmel und Erde (Vers 19). Abraham erkannte, daß er von Gott dem Höchsten gesegnet worden war, der seinen Sieg und alle seine Segnungen ermöglicht hatte.

Menschliche Kurzsichtigkeit

Wir Menschen neigen dazu, zu denken, „was ich habe, habe ich mir selbst erworben“. Gott erkennt diese Tendenz in unserem Denken und sagte Mose, er solle die Israeliten vor dieser Einstellung warnen: „Meine Kräfte und meiner Hände Stärke haben mir diesen Reichtum gewonnen. Sondern gedenke an den Herrn, deinen Gott; denn er ist’s, der dir Kräfte gibt, Reichtum zu gewinnen“ (5. Mose 8,17-18). Sie sollten Gott mit „Freude und Lust [ihres] Herzens“ dienen (5. Mose 28,47).

An erster Stelle ist das Zehntenzahlen eine ehrerbietende Anerkennung Gottes als Quelle unserer Existenz und aller Segnungen. Jakob, der dem Vorbild seines Großvaters Abraham folgte, erkannte dies. Als Gott ihm die Verheißungen bestätigte, die er Abraham gemacht hatte, versprach Jakob Gott: „Von allem, was du mir gibst, will ich dir den Zehnten geben“ (1. Mose 28,22).

Die Praktik des Zehntenzahlens wurde später in den Bund mit Israel als Teil eines schriftlichen Gesetzeskodexes eingebunden. Der Stamm Levi, dem kein Erbteil gegeben wurde, von dem die Leviten einen Ertrag hätten erwirtschaften können (4. Mose 18,23), sollte Gottes Zehnten des landwirtschaftlichen Ertrags als Gegenleistung für seinen priesterlichen Dienst an der Nation erhalten. Die Leviten selbst gaben ihren Zehnten von dem, was sie erhalten hatten, an die Priesterfamilie Aarons ab (4. Mose 18,26-28).

Im Laufe der nächsten Jahrhunderte wurde das Zehntenzahlen vernachlässigt mit verheerenden Konsequenzen. Bis zur Zeit Nehemias war das System göttlicher Anbetung vollständig zusammengebrochen. Der Tempeldienst und das Halten des Sabbats waren ernsthaft vernachlässigt worden (Nehemia 13). Da es keine finanzielle Unterstützung für die Leviten gab, mußten sie für sich selbst sorgen, um sich ernähren zu können (Vers 10). Man hatte sich praktisch von Gottes Anbetungssystem abgewendet.

Nehemia erkannte, daß die Wiedereinführung des Zehntenzahlens eine wichtige Voraussetzung für die Wiedereinführung göttlicher Anbetung war. Er wies die Nation scharf zurecht für ihr Unterlassen des Zehntenzahlens (Verse 11-12) und führte es wieder ein (Nehemia 10,37-38; 12,44), wodurch die Leviten wieder das Werk Gottes ausüben konnten, für das sie ursprünglich ausgesondert worden waren (4. Mose 18,21).

Auch heute spielt die Praktik des Zehntenzahlens eine wesentliche Rolle in der Anbetung Gottes innerhalb der Kirche. Sie fördert die Demut vor Gott. Sie ermutigt uns zur richtigen Bewertung des Einsatzes aller unserer physischen Ressourcen und garantiert dadurch eine ausgeglichenere und bessere Haltung in unserer Beziehung zu Gott. Vernachlässigung des Zehntenzahlens wird negative Auswirkungen auf das richtige, biblische System der Anbetung mit weitreichenden Konsequenzen haben, sowohl für uns selbst als auch für die Kirche.

Maleachi 3, Verse 8-10 ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Gott das Nichtbeachten des sorgfältigen Zehntenzahlens beurteilt. Zu der Zeit geschrieben, als Nehemia um die Wiederherstellung der Dinge in Juda rang, bezieht sich der Zusammenhang auch auf die Endzeit. In diesem Abschnitt weist Gott die Nation aufs Schärfste zurecht. Gott sagt, daß das Unterlassen des Zehntenzahlens einem Raub an ihm gleichkommt und die Ungehorsamen deshalb verflucht sind. Gott verspricht jedoch auch, daß der erneute Gehorsam beim Zehntenzahlen wieder zum Segen durch ihn führen wird, indem Gott „des Himmels Fenster auftun [wird] und Segen herabschütten die Fülle“. Gott nimmt seine Gesetze und seine Versprechen an uns – aber auch unsere Hingabe ihm gegenüber – ernst.

Das Zehntenzahlen im Neuen Testament

Wenn wir das Neue Testament und die Erfahrung der Urgemeinde untersuchen, müssen wir einige wichtige Punkte bedenken. Zunächst bedeutete die Gründung der Kirche keine radikale Abkehr von den Praktiken der Nation Israel. Erst einige Jahrzehnte nach der Gründung der neutestamentlichen Kirche befaßt sich der Hebräerbrief mit einer Klärung der Auswirkungen der neuen geistlichen Verwaltung Christi auf die Kirche und die noch bestehende Priesterschaft. Selbst in diesem Fall wird klar, daß die meisten Gesetze, die Israel betrafen, nicht annulliert, sondern in ihrer Anwendunggeändert wurden.

Jahrzehntelang betrachteten die Heiden die Kirche lediglich als eine weitere jüdische Sekte, die aber an die Gottheit Jesu Christi glaubte. Die Kirche ist das geistliche Gegenstück zum physischen Israel und wird sogar „das Israel Gottes“ genannt (Galater 6,16). Aufgrund des Ungehorsams Israels wurde damals die Gelegenheit für das Heil über die Nation Israel hinaus ermöglicht und denen angeboten, die aus allen Nationen noch in die Kirche berufen werden würden (Matthäus 21,43; 1. Petrus 2,9-10). Diese neue geistliche Nation sollte Gott in der von ihm gewollten Weise gehorchen, nämlich durch ein bekehrtes Herz.

Es gab daher keinen abrupten Abbruch der Anwendung der Gesetze und Prinzipien des Alten Testamentes. In der Tat war das Neue Testament noch nicht geschrieben worden, und es ist bekannt, daß die Kirche „auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist“, erbaut war (Epheser 2,20).

Wir erfahren in der Bibel, daß die Lehren und besonderen Beispiele des Alten Testamentes zum Wohl der neutestamentlichen Kirche niedergeschrieben wurden (Römer 15,4; 1. Korinther 10,11) und daß wir deshalb besonders auf sie achten sollen. In einer Prophezeiung über die Zeit der Rückkehr Christi werden wir ermahnt, an das Gesetz von Gottes Knecht Mose zu denken (Maleachi 3,22). Es war Gott selbst, der sein Gesetz für Israel durch Mose gab. Jenes Gesetz und die richtige Anwendung seiner Prinzipien sind von fortdauernder Bedeutung für die Mitglieder der Kirche Gottes.

Unterweisung Jesu Christi und der Apostel

Jesus selbst bestätigte eindeutig die Praktik des Zehntenzahlens: „Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den Zehnten gebt von Minze, Dill und Kümmel und laßt das Wichtigste im Gesetz beiseite, nämlich das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben! Doch dies sollte man tun und jenes nicht lassen“ (Matthäus 23,23). Nur wenige Tage vor seinem Tod bestätigte Christus hier ganz klar, daß das Zehntenzahlen praktiziert werden muß, gemeinsam mit der ernsthaften Befolgung der wichtigeren geistlichen Angelegenheiten, die die Schriftgelehrten und Pharisäer offensichtlich vernachlässigten.

Die Israeliten unterstützten den Stamm Levi für seinen Dienst am Tempel, indem sie den Leviten Gottes Zehnten gaben. Diese Unterstützung machte es für Israel möglich, Gott anzubeten und seinem Willen entsprechend unterwiesen zu werden. Im Neuen Testament gaben die Anhänger des Evangeliums Jesus, seinen Jüngern und später auch anderen Mitarbeitern in der Kirche finanzielle und auch sonstige Hilfe, um sie bei dem Werk zu unterstützen, das Jesus seiner Gemeinde aufgetragen hatte. Beispiele dieses Gebens und diesbezügliche Prinzipien finden sich in neutestamentlichen Bibelstellen wie Lukas 8,3; 10,7-8; 2. Korinther 11,7-9 und Philipper 4,14-18.

In den ersten Jahren der neutestamentlichen Gemeinde wurde der Zehnte den Priestern gegeben, solange es einen Tempel und eine Priesterschaft zu unterstützen gab. Der Hebräerbrief beschreibt jedoch eine Verwaltungsänderung, da die neutestamentliche Kirche – der geistliche Tempel Gottes (1. Korinther 3,16; Epheser 2,19-22) – den physischen Tempel an Wichtigkeit ersetzte.

Das Zehntenzahlen im Hebräerbrief abgeschafft?

Als erstes erwähnt Hebräer 7, daß Abraham dem Melchisedek, König Salems und Priester Gottes des Höchsten, den Zehnten gab. Melchisedek und die von ihm bekleideten Ämter werden in diesem Abschnitt als Sinnbild für Jesus Christus selbst benutzt. Bei der späteren Berufung Israels zu seinem Volk führte Gott eine andere Priesterschaft ein, und der Zehnte wurde den Nachkommen Levis gegeben, die als neue Priesterschaft dienten (Vers 5). Eine Änderung der Verwaltung brachte es mit sich, daß es einen neuen Empfänger des Zehnten gab. Der Hebräerbrief zeigt, wie Praktiken und Prinzipien, die mit dem physischen Tempel, den Opferriten und der Priesterschaft zu tun hatten, sich jetzt auf den neuen Hohenpriester, Jesus Christus, beziehen (Verse 22-28).

Weit davon entfernt zu sagen, daß das Zehntenzahlen abgeschafft ist, behandelt dieser Teil der Schrift eine Rückkehr zu der Priesterschaft „nach der Ordnung Melchisedeks“ (Verse 15-17). Diese neue Priesterschaft Jesu Christi ist der Priesterschaft Levis in jeglicher Hinsicht weit überlegen. Es bedingte eine notwendige Änderung des Gesetzes (Vers 12) bezüglich der Priesterschaft, da das Gesetz, das Gott Israel durch Mose gab, keine Unterweisung bezüglich eines Hohenpriesters aus dem Stamm Juda beinhaltete (Verse 13-14).

Diese Veränderung des Gesetzes hatte mit einer geänderten Verwaltung zu tun. Es bedeutete, daß sich die Verwaltung des Zehnten zusammen mit der Priesterschaft verändern würde, von Levi auf Melchisedek (Christus). Daher zahlen heutige Mitglieder der Kirche den Zehnten, obwohl die levitische Priesterschaft beendet ist, genauso wie Abraham den Zehnten an Melchisedek zahlte, bevor die Priesterschaft Levis eingeführt wurde.

Paulus bediente sich einer Analogie, um zu zeigen, daß diejenigen, die in der Kirche dienen, von der Kirche unterstützt werden sollen, genauso wie diejenigen, die den Tempeldienst verrichteten, von den im Tempel dargebrachten Opfern unterstützt wurden. Er schrieb: „So hat auch der Herr befohlen, daß, die das Evangelium verkündigen, sich vom Evangelium nähren sollen“ (1. Korinther 9,14).

Eine Glaubenssache

Indem Sie den Zehnten zahlen, bringen Sie Ihre Geisteshaltung und Ihr Handeln in Einklang mit den universellen Prinzipien, die ihren Ursprung bei Gott haben, dem großen Geber (Matthäus 10,8; 19,21; 20,28; Lukas 6,38; 12,32; Apostelgeschichte 20,35). Das Zehntenzahlen spiegelt die selbstlose, gebende Natur unseres Schöpfers und Fürsorgers wider. Durch williges und freudiges Geben (2. Korinther 9,6-8) ehren wir Gott und unterstützen zugleich in physischer Weise das Predigen des Evangeliums.

Wir möchten hier bemerken, daß man den Zehnten willig geben sollte. Obwohl Gott das Vorenthalten des Zehnten mit Raub ihm gegenüber gleichstellt (Maleachi 3,8-10), zwingt er niemanden zum Zehntenzahlen. Das Zehntenzahlen ist Geben. Freiwillig und willig haben in diesem Sinne die gleiche Bedeutung und beziehen sich auf Handlungen, die das Resultat unserer eigenen Entscheidungen sind.

Wie bei jedem Gehorsam gegenüber den Gesetzen Gottes ist das Zehntenzahlen oder die Weigerung, den Zehnten zu zahlen, immer unsere eigene Entscheidung. Die heutige Kirche unterliegt nicht der levitischen Verwaltung Israels. Unter jener Verwaltung bezog sich das Zehntenzahlen auf eine physische Nation. Heute ist die Kirche ein geistlicher Organismus, eine grenzenlose Gemeinschaft der Gläubigen in vielen Nationen. Heute – wie zur Zeit Abrahams – gibt es keine menschlich verordnete Strafe, wenn wir den Zehnten Gott vorenthalten. Unser Unterlassen des Zehntenzahlens zieht seine eigene Strafe nach sich und mindert unser Potential als einsatzfähige Diener und verantwortliche Haushalter vor Gott (Lukas 16,10).

Eine Entscheidung für das Zehntenzahlen ist eine Sache des Glaubens. In den meisten Fällen wird fast unser ganzes Einkommen für die notwendigen Dinge des Lebens aufgebraucht. Den Zehnten im Glauben zu zahlen – wobei wir das Werk Gottes, das Predigen des Evangeliums und das Weiden der Gemeinde unterstützen –, ist eine biblische Verpflichtung, deren Vernachlässigung sich die Berufenen nicht leisten können. Gott wird diejenigen wahrlich segnen, deren Glaube durch entsprechende gute Werke ausgedrückt wird. Diese Menschen nehmen auch aktiv teil am wichtigsten Werk auf Erden, der Verkündung der wunderbaren Nachricht vom Reich Gottes in dieser chaotischen und kriegsmüden Welt.

Das Zehntenzahlen ist ein universelles Prinzip, das sich nicht auf einen bestimmten Bund beschränkt – ein Prinzip, das in der Arbeit Gottes mit den Menschen über die Jahrhunderte bei jeder wesentlichen Verwaltung Gottes angewandt wurde. Das Zehntenzahlen geht alle Menschen heute an. Gott überläßt uns nicht die Entscheidung darüber, wie wir ihn anbeten sollen. Er legt die Grundlagen unserer Anbetung fest, und ihn mit einem Teil des Ertrags zu ehren, den er uns gibt, gehört klar zu der von ihm gebotenen Anbetung.

Die Vertiefung unserer Beziehung zu Gott

Unser Glaube an das Zehntenzahlen gründet sich auf die Erkenntnis, daß Gott alles besitzt – uns eingeschlossen – und daß wir ihn sowohl als unseren Schöpfer als auch als Geber aller guten Gaben anerkennen.

Indem wir Gott einen Zehnten unseres Ertrags zurückgeben, treten wir in eine besondere Beziehung zu unserem Schöpfer und „Eigentümer“. Wir widmen uns seinem Dienst und der finanziellen Unterstützung des Auftrags Christi, das Evangelium zu predigen und die Gemeinde zu weiden. Als Gegenleistung verspricht Gott, uns zu segnen. Das Zehntenzahlen ist daher eine tiefgreifende persönliche Angelegenheit zwischen uns und Gott – ein Weg, die Tiefe unserer Hingabe und unserer Beziehung zu Gott unter Beweis zu stellen.

Gott führte die Praktik des Zehntenzahlens ein, damit wir lernen können, von unserem Besitz zu geben, um seine Interessen auf Erden zu fördern. Durch das Zehntenzahlen drücken wir unsere Wertschätzung Gottes auf eine kleine, aber reelle Weise aus für die Fülle des Wohlstandes, den er uns zu unserem materiellen Vorteil nutzen läßt. Schließlich lernen wir dabei auch, ein Geber unseres Eigentums zum Wohlergehen anderer zu werden, genauso wie Gott es ist.

Wir erkennen also im Zehntenzahlen das Gegenteil einer selbstsüchtigen Lebensführung. Gott ist bereit, diese großzügige Geisteshaltung zu fördern, indem er uns segnet. Er lädt alle ein, ihn hinsichtlich seiner Verheißung beim Wort zu nehmen: „Bringt aber die Zehnten in voller Höhe in mein Vorratshaus, auf daß in meinem Hause Speise sei, und prüft mich hiermit, spricht der Herr Zebaoth, ob ich euch dann nicht des Himmels Fenster auftun werde und Segen herabschütten die Fülle“ (Maleachi 3,10)