Die eigene Todesanzeige schreiben?

Die eigene Todesanzeige schreiben? Christen tun es, ob bewußt oder unbewußt!

Von Paul Kieffer

Es kommt nicht oft vor, daß ich die Todesanzeigen in der Zeitung lese. Oft sind sie traurig, und in erster Linie dienen sie den Freunden und Verwandten des Verstorbenen. Einst fesselte mich jedoch die Todesanzeige für einen englischen Professor. Das, was meine Aufmerksamkeit erregte, war die Beschreibung unter seinem Foto. Sie lautete: „Bailey – 50 Sprachen“. Der Professor starb mit 96 Jahren und war in aller Welt für seine Arbeit bekannt, denn er konnte mehr als 50 Sprachen lesen!

Sie und ich mögen nie berühmt werden, und unsere Todesanzeigen mögen nicht in den großen Zeitungen abgedruckt werden. Daher die Frage: Was können wir von der Lebensgeschichte dieses Mannes lernen?

Als Christen lassen wir alle einen Bericht über unser Leben und unser Wirken zurück, selbst wenn nur wenige Menschen ihn kennen. Unser Leben soll von guten Werken, dem Gehorsam gegenüber Gott und dem Dienst am Nächsten gekennzeichnet sein. Die Schrift enthält Berichte von einer überraschenden Anzahl von Menschen, die sehr wahrscheinlich keine Ahnung hatten, daß ihre guten Werke für alle Ewigkeit festgehalten sein würden.

Beispielsweise stürzt sich Paulus zum Schluß des Römerbriefs in Kapitel 16 in einen detaillierten Bericht über die guten Werke, die von einer besonderen Gruppe von 26 Personen – von denen ein Drittel Frauen waren – getan wurden. Dieses Kapitel birgt einen erstaunlichen Bericht über die Mitstreiter, die dem Apostel Paulus halfen.

Die erste von Paulus erwähnte Person war Phöbe, eine Frau mit einer gewissen Auszeichnung. Sie hatte in Rom geschäftlich zu tun und scheint der Gemeinde als Diakonin gedient zu haben. Phöbe hatte vielen Menschen gedient (Römer 16,1-2). Es ist möglich, daß sie den Brief des Paulus an die römischen Geschwister überbracht hat.

Als Paulus mit besonderen Grüßen an ihm bekannte Personen beginnt, erwähnt er Maria, die „viel Mühe und Arbeit um euch gehabt hat“ (Vers 6); offensichtlich war sie in der Gemeinde sehr aktiv. Wir finden Andronikus und Junias, wie Paulus zwei Juden, die eine Zeit mit ihm im Gefängnis eingesessen hatten (Vers 7). Paulus kannte Apelles als „den Bewährten in Christus“ (Vers 10). Der griechische Wortlaut deutet darauf hin, daß er ein geprüfter und bewährter Christ war.

„Grüßt die aus dem Haus des Aristobul“ (Vers 10). Einige Kommentatoren halten es für wahrscheinlich, daß er der Enkel von Herodes dem Großen und Freund des Kaisers Claudius war (J. B. Lightfoot, St. Paul’s Epistle to the Philippians, 8. Ausgabe, Philipper 4,22).

Römer 16, Vers 13 nennt Rufus einen „Auserwählten in dem Herrn“. Er mag der Sohn von Simon aus Kyrene gewesen sein, der Jesus beim Tragen des Kreuzes auf dem Weg zu seinem Tode half.

Die guten Werke der 26 namentlich genannten Personen und das Lob des Paulus wurden für alle Zeit festgehalten. Alle diese Menschen setzten sich für den Heidenapostel ein. In Vers 12 werden die Arbeit und die Mühe von drei Personen erwähnt – dazu gehörte geistige sowie körperliche Anstrengung für das Werk des Herrn und in Unterstützung des Auftrags, den Paulus von Christus persönlich erhalten hatte.

In dieser Liste der 26 Personen gibt es eine interessante und diverse Mischung. Es gibt Juden und Heiden, jene eines gehobenen Standes und jene eines niederen Standes, Männer und Frauen, reich und arm, ehemalige Häftlinge und vielleicht sogar ehemalige Sklaven. Alle waren von Gott berufen worden und hatten die Gelegenheit bekommen, an dem Werk, das Gott durch den Apostel Paulus vollbrachte, Anteil zu haben. Die Unterschiedlichkeit dieser Gläubigen und ihre Einheit leuchtet uns heute als vorbildliches Licht.

Was können wir aus diesem bemerkenswerten Kapitel lernen, welche Lektionen gibt es für uns heute? Zunächst sollen wir allen dienen, ganz gleich, wer oder was wir sind. Zweitens ist es Gottes heiliger Geist, der in uns und mit uns gemäß unseren diversen Talenten und Gaben wirkt. Diese erhalten wir, um unseren Mitmenschen und dem Evangelium zu dienen. In seinem ersten Brief ermahnt uns der Apostel Petrus: „Und dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes“ (1. Petrus 4,10).

Stellen Sie sich einmal vor, daß Sie jemanden zu Hause besuchen und dabei zuhören, während ein Brief von Ihrem Prediger vorgelesen wird. Es ist das Jahr 58 n. Chr., und der Brief stammt vom Apostel Paulus. Sie sind ehemaliger Sklave, und Sie sind Teil einer kleinen Gemeinde. Zu der Gruppe gehören ein ehemaliger römischer Hauptmann, ein anderer ist ein ehemaliger heidnischer Priester, jemand anders ist jüdischer Kaufmann. Beim Vorlesen erreicht der Prediger die Stelle, wo es heißt: „Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus. Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Kinder und nach der Verheißung Erben“ (Galater 3,26-29).

Dies waren erstaunliche Worte für jene Zeit. Sie wären begeistert gewesen, zu der Gruppe zu gehören – alles Menschen, die zu Christus und einem bestimmten Dienst am Mitmenschen berufen worden waren.

In den Augen dieser Welt mögen wir nicht den Ruhm von Paulus, Einstein oder Professor Bailey erringen. Wir mögen jedoch wie die Christen des ersten Jahrhunderts zu den wahren Dienern Gottes gerechnet werden, die sich um die Sache Gottes bemühten.

Was wird der Wortlaut unserer eigenen Todesanzeige sein? Würde sich nicht jeder Christ freuen, folgende Worte zu hören? „Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude“ (Matthäus 25,21). Dieses Lob ist das Ergebnis des Geistes Gottes, der in uns die guten Werke und den Gehorsam gegenüber Gottes Geboten hervorbringt – ein Gehorsam, für den wir sowohl heute als auch in der Zukunft gesegnet werden.

Auf seine Art schreibt jeder von uns seinen eigenen Nachruf. Und Sie? Wie wird der Ihre lauten?