Was ist der Zusammenhang zwischen der Rechtfertigung und der Errettung?

Welche Rolle spielt die Rechtfertigung bei unserer Errettung? Sollen wir die Rechtfertigung als eine Befreiung vom Gesetz der Sünde verstehen?

Von Roger Foster

Um die Beziehung zwischen der Rechtfertigung und der Errettung – dem Heil – zu verstehen, müssen wir die unterschiedlichen Bedeutungen kennen, die mit dem Gebrauch dieser Begriffe verbunden sind.

Lassen Sie uns mit der Bedeutung des Heils, der Errettung beginnen. Vielleicht hat Sie schon einmal jemand gefragt: „Sind Sie gerettet?“ Das sollte eigentlich eine weitere Frage aufkommen lassen: Gerettet wovor?

Paulus erklärt im Römerbrief das schreckliche Dilemma, in dem wir uns alle befinden: Zuerst sagt er uns: „Alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren“ (Römer 3,23; Einheitsübersetzung). Und dann sagt er: „Der Lohn der Sünde ist der Tod“ (Römer 6,23).

Das Heil (die göttliche Erlösung oder Errettung) ist dann also die Rettung vor der Sünde und ihren Folgen, wobei die letzte Konsequenz der Tod ist – ein dauerhafter, ewiger Tod, wie andere Bibelstellen zeigen. Der restliche Teil von Römer 6, Vers 23 beschreibt das Endresultat des Heils: „Die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserm Herrn.“

Das Heil wird stufenweise erreicht

Gottes Heil wird stufenweise erreicht. Jesus Christus starb, um die Strafe für unsere Sünden abzugelten. Wenn wir Christi Sühneopfer in Reue (was eine Verpflichtung mit einschließt, Gott zu gehorchen) und Glauben annehmen, dann sind wir von der Todesstrafe befreit. Wir befinden uns dann unter der Gnade – und unterstehen nicht mehr länger der Herrschaft der Sünde und des Todes (Vers 14).

Solange wir weiterhin bei Gott verbleiben – uns nicht von seiner Lebensweise abwenden – sind wir gerettet. Das ist die Bedeutung des Heils, wie wir es in Epheser 2 beschrieben finden: „Denn aus Gnade seid ihr errettet“ (Vers 5 bzw. 8; Schlachter-Bibel).

Christen straucheln aber weiterhin und sündigen (1. Johannes 1,8). Und jede Sünde ist eine sehr ernsthafte Angelegenheit – sie erfordert erneute Reue. Eine Vernachlässigung der Reue über einen längeren Zeitraum kann in der Tat dazu führen, dass jemand Gott ablehnt und dieser Mensch das Heil verliert (Hebräer 2,3; 6,4-8; 10,26-31).

Jedes Mal, wenn wir Gottes Vergebung suchen und empfangen, stellt die daher im Grunde eine erneute Erlösung dar – eine Errettung vor einer Ablehnung Gottes und dem schrecklichen Ende, zu dem das führen würde. Wir sind also nicht nur in dem einen Sinne „errettet“ worden, sondern die Nachfolger Christi sind diejenigen, „die gerettet werden“ – in einem fortlaufenden Prozess (siehe Apostelgeschichte 2,47; 1. Korinther 1,18; 2. Korinther 2,15).

Noch ein Nebengedanke hier: Dieser Prozess der fortlaufenden Reue und Wiederherstellung unserer Beziehung zu Gott ist Teil dessen, was die Bibel als „Heiligung“ bezeichnet – geheiligt, für Gott ausgesondert zu werden. Hebräer 10, Vers 10 sagt, wir sind „geheiligt ein für alle Mal durch das Opfer des Leibes Jesu Christi“.

Vers 14 sagt jedoch: „Denn mit einem Opfer hat er für immer die vollendet, die geheiligt werden.“ Geheiligt worden zu sein erfolgt parallel mit dem errettet worden sein bei der ursprünglichen Reue und Vergebung – und geheiligt werden erfolgt parallel zu dem errettet werden als einem fortlaufenden Prozess der Reue und Verwandlung.

Das Hauptaugenmerk des Heils liegt jedoch auf dem Endresultat, dem ewigen Leben in Gottes Reich. Und diese Belohnung kommt nur nach einem gemeinsamen Bemühen in einem Ringen um das Überwinden.

Jesus sprach von diesem allumfassenden Aspekt des Heils in diesen Worten: „Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden“ (Matthäus 24,13; Markus 13,13). Die hier erwähnte Errettung liegt noch in der Zukunft (siehe auch Apostelgeschichte 15,11; Römer 5,9-10). Und der Erlösungsprozess, den wir heute erleben, ist zwecklos für uns, wenn er nicht zu diesem letzten zukünftigen Heil führt.

Die Bedeutung von Rechtfertigung

Ein integraler Bestandteil des Heils ist die Frage der Rechtfertigung. Dieser Begriff bezieht sich darauf, dass jemand gerecht, gerechtfertigt, rechtschaffen gemacht wird. Durch die Rechtfertigung wird unser Verhältnis mit Gott wiederhergestellt.

Wir sind ursprünglich in den Augen Gottes gerechtfertigt, wenn uns die Sünden nach unserer Reue und unserem Glauben an Christi vergossenes Blut als Sühneopfer vergeben wurden und wir in den Augen Gottes daher als gerecht gelten. Paulus bezeichnet das als „zugerechnete“ Gerechtigkeit (siehe Römer 4,20-25). Rechtfertigung in diesem Sinne ist auch als Versöhnung bekannt. Es entspricht der Vergangenheitsform des Heils – wo wir von der Sünde und dem Tod errettet worden sind und errettet bleiben, solange wir in Gottes Weg fortfahren.

Wie wir aber bereits angemerkt haben, werden Christen keinen perfekten Gehorsam aufrechterhalten können. Sie sündigen weiterhin. Deshalb brauchen sie Hilfe, um mit Gott auf einer Linie bleiben zu können (gerechtfertigt zu bleiben). Wenn sie durch die Sünde straucheln, dann müssen sie auch weiterhin erneut gerechtfertigt (mit Gott versöhnt) werden.

Der Apostel Jakobus erläutert, „dass der Mensch durch Werke gerecht wird, nicht durch Glauben allein“ (Jakobus 2,24). Er bezog sich dabei darauf, dass die Rechtfertigung durch Werke aufrechterhalten wird. Paulus seinerseits erklärte, dass menschliche Anstrengung von sich allein aus den Gehorsam, den Gott verlangt, nicht zu leisten vermag. Nur indem Christus durch den heiligen Geist in uns lebt, können wir erfolgreich gehorsam sein und gerechtfertigt bleiben (vgl. Galater 2,20; Römer 7,7-8,11).

Und wir können dankbar dafür sein, dass wir, wenn wir durch die Sünde ungerecht werden, weiterhin das Blut Christi haben, das uns rechtfertigt, während wir uns um die Überwindung bemühen. Fortlaufende Rechtfertigung – durch einen durch Christus ermöglichten Gehorsam und Christi Sühneopfer, wenn wir wieder einmal versagen – entspricht dem gegenwärtigen Prozess des „gerettet werden“.

Das wird uns zum letztendlichen Heil führen. Zum Schluss wollen wir uns noch Römer 5, Verse 1-11 ansehen. Dort wird die vergangene Rechtfertigung durch Christi Opfer mit dem zukünftigen Heil verglichen. Er hilft uns durch das Leben Christi in uns, uns im Gehorsam zu vervollkommnen.

Paulus schreibt hier: „Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott [d. h. die Versöhnung] durch unsern Herrn Jesus Christus; durch ihn haben wir auch den Zugang im Glauben zu dieser Gnade, in der wir stehen [indem wir in einem gewissen Sinne gerettet worden sind], und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben wird [das liegt offensichtlich noch in der Zukunft].

Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Bedrängnisse [gegenwärtige Anfechtungen], weil wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt [im Glauben und Gehorsam], Geduld aber Bewährung [die Gewohnheit des Gehorsams], Bewährung aber Hoffnung [auf das zukünftige Heil], Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes [die 1. Johannes 5, Vers 3 als der Gehorsam den Geboten Gottes gegenüber definiert wird] ist ausgegossen in unsre Herzen durch den heiligen Geist, der uns gegeben ist.

Denn Christus ist schon zu der Zeit, als wir noch schwach waren [unfähig zum Gehorsam], für uns Gottlose gestorben. Nun stirbt kaum jemand um eines Gerechten willen; um des Guten willen wagt er vielleicht sein Leben. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Um wie viel mehr werden wir nun durch ihn bewahrt werden vor dem Zorn [der Strafe für die Sünde, letztendlich der Tod], nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht geworden sind!

Denn wenn wir mit Gott versöhnt worden sind durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Feinde waren, um wie viel mehr werden wir selig werden durch sein Leben [in uns, damit wir im Gehorsam wachsen können und er als unser Hohepriester wirkt], nachdem wir nun versöhnt sind. Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch Gottes durch unsern Herrn Jesus Christus, durch den wir jetzt die Versöhnung empfangen haben.“

Eine neuer Mensch zu werden, verwandelt von der Kraft von Gottes heiligem Geist, ist das Ziel, auf das Paulus die Christen in Rom hinweisen wollte. Er wollte in ihnen das volle Verständnis dafür wecken, dass dieser Wandel in „einem neuen Leben“ dadurch ermöglicht wird, dass wir Gott von Herzen gehorsam sind. Gottes Geist befähigt uns, das zu tun, was sein Gesetz fordert, womit auch die vom Gesetz geforderte Gerechtigkeit in uns erfüllt wird.

Nur diejenigen, die nach der Reue die Vergebung erhalten haben und von dem heiligen Geist in die Lebensweise des Gehorsams geleitet werden, die in Gottes Gesetz offenbart worden ist, werden diese Lebensweise erfolgreich praktizieren. Paulus fährt im nächsten Kapitel fort: „Ihr wisst doch: Wenn ihr euch als Sklaven zum Gehorsam verpflichtet, dann seid ihr Sklaven dessen, dem ihr gehorchen müsst; ihr seid entweder Sklaven der Sünde, die zum Tod führt, oder des Gehorsams, der zur Gerechtigkeit führt“ (Römer 6,16; Einheitsübersetzung).

Wozu führt letztendlich die Rechtfertigung? Paulus schreibt, dass jetzt aber, „da ihr aus der Macht der Sünde befreit und zu Sklaven Gottes geworden seid, habt ihr einen Gewinn, der zu eurer Heiligung führt und das ewige Leben bringt. Denn der Lohn der Sünde ist der Tod, die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn“ (Verse 22-23).

Was hat Paulus mit „Christus ist des Gesetzes Ende“ gemeint?

In Römer 10, Vers 4 werden Paulus’ Worte folgendermaßen übersetzt: „Denn Christus ist des Gesetzes Ende; wer an den glaubt, der ist gerecht.“ Unglücklicherweise geben die meisten Übersetzer das griechische Wort telos einfach als „Ende“ wieder, statt die von Paulus in diesem Kontext beabsichtigte Bedeutung des Wortes zu übersetzen. Indem sie fälschlicherweise annehmen, dass der Glaube das Gesetz nichtig werden lässt, gehen sie von einer unlogischen Voraussetzung aus, die Paulus in Römer 3, Vers 31 eindeutig abgelehnt hat. Dort lesen wir: „Wie? Heben wir denn das Gesetz auf durch den Glauben? Das sei ferne! Sondern wir richten das Gesetz auf.“

Um die richtige Übersetzung für ein Wort zu finden, das in mehrfacher Weise verwendet werden kann, muss sein Kontext richtig verstanden werden, bevor man darangehen kann, die richtige Nuance der Bedeutung, die der Verfasser beabsichtigte, zu bestimmen.

Hier ein einfaches Beispiel: Man kann jemanden fragen: „Zu welchem Ende studieren Sie?“ In diesem Zusammenhang bezieht sich das Wort „Ende“ auf das „Ziel“ des Studiums. Der Studienabschluss selbst ist da nur das „Endergebnis“ des jahrelangen Studiums, nicht das Ende der Fähigkeit oder des Wunsches zu lernen.

Das griechische Wort telos, das in Römer 10, Vers 4 als Ende übersetzt wird, kann verschiedene Bedeutungen haben, darunter auch „das Ziel oder der Zweck von etwas“ (Vine's Complete Expository Dictionary of Old and New Testament Words, 1985, Stichwort „end, ending“). Das wird zum Beispiel in der Art und Weise deutlich, wie die Einheitsübersetzung 1. Timotheus 1, Vers 5 wiedergibt, wo telos in „das Ziel der Unterweisung ist Liebe“ richtig als Ziel übersetzt wird. Die revidierte Elberfelder Bibel und die Schlachter-Bibel übersetzen telos in diesem Vers mit „Endziel“.

Paulus verwendet telos in Römer 10, Vers 4, um zu verdeutlichen, dass das „Ziel oder der Zweck“ des Gesetzes darin besteht, uns auf das Denken und den Charakter Jesu Christi hinzuweisen (Galater 4,19; Philipper 2,5).

Jesus Christus, das lebendige Wort Gottes, ist eine perfekte Verkörperung dessen, was Gottes Gesetz lehrt. Es ist das Ziel des Gesetzes, uns auf seinen Charakter und sein Werk hinzuweisen.

Telos in Römer 10, Vers 4 als „Ende“ zu übersetzen, verdreht die von Paulus beabsichtigte Bedeutung – etwas, vor dem uns Petrus eindringlich gewarnt hat (2. Petrus 3,15-16).