„Zeige mir deinen Glauben“

Für manche Christen sind Glauben und Werke Gegensätze. Nach dieser Aufffassung hat derjenige, dem Werke wichtig sind, keinen Glauben. Ist das die Lehre der Bibel?

Von Robert Dick

Vor einigen Jahren machte mich ein Bekannter auf einen interessanten Kontrast zwischen zwei großen Weltreligionen aufmerksam – dem Christentum und dem Buddhismus. Mein Bekannter erklärte mir, dass sich der Buddhismus nach dem definiert, was er tut. Im Gegensatz dazu definiert sich das heutige Christentum nach seinem Glauben. Die großen Konfessionen haben bekanntlich ihr Glaubensbekenntnis. Die eine Religion gründet sich auf ihre Praxis, die andere auf ihren Glauben.

Das von Christus und den Aposteln gelehrte Christentum war jedoch keine Religion, die sich ausschließlich mit Glaubensbekenntnissen und Lehraussagen befasste, sondern eine Religion der Praxis. Wiederholt ist die Botschaft des Neuen Testamentes die des lebendigen Glaubens – des Glaubens, der durch Taten untermauert wird.

Der Jakobusbrief, der von Christi Bruder Jakobus geschrieben wurde, beinhaltet viele Ermahnungen an uns, unseren Glauben durch Taten unter Beweis zu stellen. In der Tat war Jakobus der biblische Autor, der den Ausdruck „Zeige mir deinen Glauben“ münzte. Er drückte es wie folgt aus: „Aber es könnte jemand sagen: Du hast Glauben, und ich habe Werke. Zeige mir deinen Glauben ohne die Werke, so will ich dir meinen Glauben zeigen aus meinen Werken“ (Jakobus 2,18).

Im Allgemeinen neigen die Menschen dazu, ihren Taten größere Bedeutung beizumessen als ihren Worten. Schließlich sind Worte ohne entsprechende Taten nur Lippenbekenntnisse. So verhält es auch beim christlichen Glauben.

Bei Jesus Christus war es nicht anders. Er sagte nämlich: „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr!, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel“ (Matthäus 7,21). Für Christus reichen Worte allein nicht aus. Jakobus stempelte eine Religion, die sich allein auf den Glauben gründet, als sinnlos und töricht ab: „Du glaubst, dass nur einer Gott ist? Du tust recht daran; die Teufel glauben’s auch und zittern. Willst du nun einsehen, du törichter Mensch, dass der Glaube ohne Werke nutzlos ist?“ (Jakobus 2,19-20; alle Hervorhebungen durch uns). In den nachfolgenden Versen zeigt uns Jakobus, dass der Glaube Abrahams durch die schwierigste nur vorstellbare Prüfung demonstriert wurde – die Bereitschaft, seinen einzigen Sohn Isaak zu opfern (Jakobus 2,21-22). (Abrahams Erfahrung mit Isaak ist ein Sinnbild dessen, was unser himmlischer Vater mit seinem Sohn Jesus erlebte.)

Wie passt der Apostel Paulus, der die Mehrheit der neutestamentlichen Bücher geschrieben hat, in diese Diskussion hinein? Die meisten Konfessionen, die den Glauben allein lehren, berufen sich auf die Paulusbriefe, um ihre Sichtweise zu belegen. Doch es ist interessant, dass Paulus für sich beanspruchte, der „tätigste“ der Apostel zu sein.

In seinem ersten Brief an die Korinther schrieb Paulus: „Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, dass ich ein Apostel heiße, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe. Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist“ (1. Korinther 15,9-10).

Die Botschaft des Neuen Testamentes ist, dass unser himmlischer Vater Täter und nicht bloß Hörer haben will (Jakobus 1,23. 25). Viele Kommentatoren des Neuen Testamentes haben den Weg zum ewigen Leben mit einem verwirrenden Hindernis belegt, das diejenigen ablenkt, die das Reich Gottes suchen.

Diese Kommentatoren machen aus dem Glauben eine Frage des „entweder – oder“. Entweder glauben wir an den Herrn Jesus Christus, oder wir vertrauen auf unsere Werke, um das Heil zu „verdienen“. Doch darum geht es ja gar nicht!

Das Vertrauen auf Jesus Christus steht in keinem Gegensatz zu tüchtigen, guten Werken. Wieder war es Jakobus, der klarstellte, dass es keine „Entweder – oder“-Angelegenheit ist, indem er sagte, dass der Glaube ohne Werke tot ist (Jakobus 2,17. 20. 26).

Selbst der gesunde Menschenverstand zeigt uns, dass Versprechen, die nicht umgesetzt werden, leer sind. Überlassen Sie Ihr Auto immer wieder dem Mechaniker, der seine Arbeit nie zu dem versprochenen Termin fertig hat? Bestimmt nicht. Sie finden einen Mechaniker, dessen Praxis seinen Versprechen entspricht.

Bei der Bewahrung und Verteidigung des wahren Glaubens, der ein für allemal überliefert wurde (vgl. dazu Judas 1,4), ist es von grundlegender Wichtigkeit, dass wir das wahre Christentum als Religion der Werke verstehen. Der Glaube allein ist wertlos. Jakobus drückte es in treffender Weise aus: „Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot“ (Jakobus 2,26).

Wir können von ganzem Herzen daran glauben, dass Christus wiederkehren wird, um sein Reich auf Erden aufzurichten. Was „hört“ die Welt aber durch unser persönliches Beispiel, wenn wir das lebendige Zeugnis der Botschaft Christi sein sollen? Manche meiner Leser werden das berühmte Zitat des amerikanischen Autors Ralph Waldo Emerson kennen, der sagte: „Das, was Sie wirklich sind, steht unverkennbar über Ihnen und donnert mir dermaßen laut entgegen, dass ich überhaupt nicht in der Lage bin, Ihre gegenteiligen Behauptungen wahrnehmen.“

Es wäre töricht zu glauben, dass Gott unsere Bemühungen als Gemeinde segnen wird, eine bestimmte Lebensweise zu predigen, während wir in unserer persönlichen Lebensführung eine ganz andere Lebensweise praktizieren. Für alle Christen gibt es eine große Herausforderung: das von Christus und den Aposteln gelehrte Christentum vorzuleben – ein Christentum, dessen Werke und Glaube miteinander im Einklang stehen. Paulus fasst es für uns in Epheser 2, Vers 10 in treffender Weise zusammen: „Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen.“