Der Jünger, den Jesus besonders liebte

Durch die Bücher im Neuen Testament, die einer der Apostel Jesu Christi schrieb, erfahren wir Wesentliches über die Wesensart Jesu vor seiner Menschwerdung.

Von John Ross Schroeder

Einige Tage nach Jesu Auferstehung von den Toten führte Petrus ein Gespräch mit seinem Herrn und Meister. Zum Schluss ihrer Unterredung lesen wir: „Petrus aber wandte sich um und sah den Jünger folgen, den Jesus lieb hatte, der auch beim Abendessen an seiner Brust gelegen und gesagt hatte: Herr, wer ist’s, der dich verrät? Als Petrus diesen sah, spricht er zu Jesus: Herr, was wird aber mit diesem? Jesus spricht zu ihm: Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht es dich an? Folge du mir nach!“ (Johannes 21,20-12; alle Hervorhebungen durch uns).

Wer war dieser „Jünger, den Jesus liebhatte“? Vers 24 offenbart uns, um wen es sich bei diesem Jünger und zukünftigen Apostel handelte: „Dies ist der Jünger, der dies alles bezeugt und aufgeschrieben hat, und wir wissen, dass sein Zeugnis wahr ist.“

Es kann also niemand anders sein als der Verfasser des Johannesevangeliums. Nachdem Petrus bereits als Märtyrer gestorben war, war Johannes noch am Leben. Er schrieb neben seinem Evangelium auch das Buch der Offenbarung nieder sowie drei kurze Briefe, die im Neuen Testament enthalten sind. Es scheint, als wäre er der einzige Apostel, der vom Märtyrertod verschont blieb. Man nimmt an, dass es ihm nach anfänglicher Gefangenschaft vergönnt war, sein Leben relativ friedlich auf der Insel Patmos zu Ende zu führen.

Die meisten von uns haben einen „besten Freund“, einen engsten Vertrauten, mit dem wir jene innersten Regungen, Gedanken und Gefühle teilen können, die sonst der Außenwelt verborgen bleiben. Freilich liebte Jesus alle Menschen. Doch sein Jünger Johannes stand ihm besonders nahe. Johannes berichtet selbst in seinem Evangelium über dieses herzliche Verhältnis. Dabei widerstrebt es ihm offenbar, von sich selbst in der ersten Person zu sprechen, während er die anderen Apostel ohne Probleme beim Namen nennt. Schreibt er über „Johannes“, so bezieht sich das auf Johannes den Täufer.

Johannes war der erste Jünger, der glaubte, dass Jesus von den Toten auferstanden war. Kurz nach der Auferweckung Jesu kam Maria Magdalena zum Grab und stellte fest, dass es leer war. „Da läuft sie und kommt zu Simon Petrus und zu dem andern Jünger, den Jesus lieb hatte, und spricht zu ihnen . . .“ (Johannes 20,2).

Beide Jünger rannten zum Grab. Johannes überholte dabei Petrus, aber der eifrige Petrus drängt sich zuerst hinein (Verse 3-7). „Da ging auch der andere Jünger [Johannes] hinein, der zuerst zum Grab gekommen war, und sah und glaubte“ (Vers 8).

Das besondere Verständnis des Apostels Johannes

Vielleicht war das besonders enge Verhältnis zu Jesus mit ein Grund, warum Johannes ein tiefes, umfassendes Verständnis des Erlösers gegeben war. Johannes wurde beispielsweise das Vorrecht zuteil, als einer von drei ausgewählten Jüngern einen Vorgeschmack vom kommenden Reich Gottes in Form einer Vision mitzuerleben. „Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf einen hohen Berg“ (Matthäus 17,1). Dort sahen sie dann, wie Jesus vor ihnen verwandelt wurde und mit Mose und Elia sprach.

Johannes’ Bericht über das Leben Jesu ist anders als der der anderen Evangelisten. Matthäus, Markus und Lukas beginnen in ihrer jeweiligen Kurzbiographie des Lebens Jesu mit einem Bericht über die Zeugung Jesu als Mensch oder über Johannes den Täufer.

Der Anfang des Johannesevangeliums dagegen greift zeitlich sogar hinter die im Alten Testament geschilderten Begebenheiten zurück: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist“ (Johannes 1,1-3).

Vers 14 erläutert dann, wer dieses „Wort“ war: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ Demnach ist Jesus Christus das einzige himmlische Wesen, das je zu einem irdischen, menschlichen Wesen wurde und in dieser Welt lebte.

Die wenigen zitierten Verse sagen uns schon eine ganze Menge über das Wesen Jesu Christi: 1. Er war Gott. 2. Er war von Anbeginn mit einem anderen Wesen zusammen, das ebenfalls Gott genannt wird. 3. Er war das Wort (griechisch logos), was so viel heißt wie: Er war der Sprecher des Vaters. (Wenn wir in Vers 18 lesen: „Niemand hat Gott je gesehen“, so bezieht sich das auf das andere, ebenfalls Gott genannte Wesen.)

Der erste Brief des Johannes sowie zwei Briefe des Paulus geben uns in hervorragender Weise über die Anfangsverse des vierten Evangeliums Aufschluss. Als entspräche es seiner Gewohnheit, leitet Johannes seinen ersten Brief mit den Worten ein: „Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir gesehen haben mit unsern Augen, was wir betrachtet haben und unsre Hände betastet haben, vom Wort des Lebens – und das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist, das beim Vater war und uns erschienen ist –, was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir auch euch, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt; und unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus“ (1. Johannes 1,1-3).

Dieser Brief verdeutlicht ebenso wie die ersten Verse des Johannesevangeliums, dass derjenige, mit dem zusammen die Jünger gelebt, gearbeitet, gespielt hatten und geschwommen und auf Fischfang gegangen waren, kein anderer war als ein Mitglied der Gottheit, verbunden und wesensgleich mit Gott, dem Vater.

Der Apostel Paulus schreibt: „Er [der Vater] hat uns errettet von der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes [Jesus Christus], in dem wir die Erlösung haben, nämlich die Vergebung der Sünden. Er [Jesus Christus] ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborne vor aller Schöpfung. Denn in ihm ist alles geschaffen, was im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbare und Unsichtbare, es seien Throne oder Herrschaften oder Mächte oder Gewalten; es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen. Und er ist vor allem, und es besteht alles in ihm“ (Kolosser 1,13-17; vgl. dazu auch Epheser 3,9). Paulus weist hier eindrucksvoll auf die Bedeutung und Tragweite der Werke und der Vollmacht Christi vor seiner Geburt als Mensch hin.

Das Hauptthema des Apostels Johannes

Wie ein roter Faden zieht sich ein bestimmtes Thema durch das Evangelium des Johannes hindurch, das der Verfasser unter Eingebung des heiligen Geistes (2. Timotheus 3,16; 2. Petrus 1,20-21; Johannes 14,26) wiederholt betont: die Präexistenz Christi als Gott vor seiner Geburt als Mensch. Mit besonderem Nachdruck kommt der Gedanke schon im erwähnten ersten Kapitel zum Ausdruck.

In Vers 10 lesen wir: „Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht; aber die Welt erkannte ihn nicht.“ Wenn er die Welt erschaffen hat, dann muss er schon vor deren Schöpfung existiert haben. Doch als er in der Gestalt eines Menschen auftrat, wies ihn die große Mehrheit derer, die das Privileg hatten, ihn zu erleben, von sich – ihn, der sie doch geschaffen hatte!

Johannes der Täufer greift dasselbe Thema auf. „Johannes gibt Zeugnis von ihm und ruft: Dieser war es, von dem ich gesagt habe: Nach mir wird kommen, der vor mir gewesen ist; denn er war eher als ich“ (Johannes 1,15). Gab der Täufer hier nur fromme Redensarten ohne Bedeutung zum Besten? Nein! Johannes der Täufer wurde vor Jesus als Mensch gezeugt und geboren (Lukas 1,35 und 36,57-60).

Dagegen war jedoch Jesus Gott, längst vor der Zeugung und Geburt des Johannes. In Vers 30 wiederholt Johannes der Täufer: „Dieser ist’s, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der vor mir gewesen ist, denn er war eher als ich.“

Jesu übernatürliches Wissen

Der Evangelist Johannes berichtet uns, dass Jesus über Kräfte gebot, die weit jenseits normalen menschlichen Vermögens lagen, wenn er auch ansonsten durchaus allen Verlockungen und Versuchungen, wie wir sie als sterbliche Menschen erleben, ausgesetzt war (Hebräer 4,15).

Denken wir zum Beispiel an die Berufung Nathanaels, der ebenfalls ein Jünger und später ein Apostel werden sollte: „Jesus sah Nathanael kommen und sagt von ihm: Siehe, ein rechter Israelit, in dem kein Falsch ist. Nathanael spricht zu ihm: Woher kennst du mich? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Bevor Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich. Nathanael antwortete ihm: Rabbi, du bist Gottes Sohn, du bist der König von Israel! Jesus antwortete und sprach zu ihm: Du glaubst, weil ich dir gesagt habe, dass ich dich gesehen habe unter dem Feigenbaum. Du wirst noch Größeres als das sehen [an Wundern]“ (Johannes 1,47-50).

Aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang auch die letzten drei Verse von Kapitel zwei. „Als er aber am Passahfest in Jerusalem war, glaubten viele an seinen Namen, da sie die Zeichen sahen, die er tat. Aber Jesus vertraute sich ihnen nicht an; denn er kannte sie alle und bedurfte nicht, dass ihm jemand Zeugnis gab vom Menschen; denn er wusste, was im Menschen war.“ Christus der Schöpfer hatte die Menschheit gemacht, und so kannte er alle menschlichen Unzulänglichkeiten.

Der Gesandte vom Himmel

Johannes wusste über den wahren Ursprung bzw. die eigentliche Herkunft Jesu Bescheid. Indem er Christus selbst zitiert, erklärt er in Johannes 3, Vers 13: „Und niemand ist gen Himmel aufgefahren außer dem, der vom Himmel herabgekommen ist, nämlich der Menschensohn.“

Johannes führt diesen Punkt in der zweiten Hälfte des Kapitels weiter aus: „Der von oben her kommt, ist über allen. Wer von der Erde ist, der ist von der Erde und redet von der Erde. Der vom Himmel kommt, der ist über allen und bezeugt, was er gesehen und gehört hat; und sein Zeugnis nimmt niemand [jedenfalls nicht die große Mehrheit] an. Wer es aber annimmt [die wenigen wahrhaft Berufenen], der besiegelt, dass Gott wahrhaftig ist. Denn der, den Gott gesandt hat, redet Gottes Worte; denn Gott gibt den Geist ohne Maß“ (Verse 31-34).

Als Jesus Christus noch im Himmel war, also vor der Zeit, da er als Mensch geboren wurde, sah und hörte er die Botschaft, die er uns später als unser Erlöser auf dieser Erde übermittelte. Im Gespräch mit den religiösen Führern seiner Zeit erklärte er: „Auch wenn ich von mir selbst zeuge, ist mein Zeugnis wahr; denn ich weiß, woher ich gekommen bin [vom Himmel] und wohin ich gehe [ebenfalls zum Himmel]“ (Johannes 8,14).

In Vers 23 und 28 führt er weiter aus: „Ihr seid von unten her, ich bin von oben her; ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt . . . Wenn ihr des Menschen Sohn erhöhen werdet, dann werdet ihr erkennen, dass ich es bin und nichts von mir selber tue, sondern, wie mich der Vater gelehrt hat, so rede ich.“

Und in Vers 26: „Ich habe viel über euch zu reden und zu richten. Aber der mich gesandt hat, ist wahrhaftig, und was ich von ihm gehört habe, das rede ich zu der Welt.“

Vers 38: „Ich rede, was ich von meinem Vater gesehen habe.“ Und schließlich Vers 42: „Ich bin nicht von selbst gekommen, sondern er hat mich gesandt.“

Jesus im Alten Testament

Aus Jesu Worten im Neuen Testament geht seine Präexistenz zur Zeit des Alten Testaments klar hervor. In dem langen Gespräch mit den Pharisäern kamen diese auf den Patriarchen Abraham zu sprechen, der gewissermaßen den größten Nationalhelden des jüdischen Volkes darstellte.

Daraufhin erklärte ihnen Jesus: „Abraham, euer Vater, wurde froh, dass er meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich“ (Johannes 8,56). Ja, in der Tat: Derjenige, der später Jesus Christus werden sollte, wandelte und sprach mit dem Patriarchen Abraham (1. Mose 12,1-4; 12,14-18; 17,1-22; 18,1-33). Die religiösen Führer des damaligen Judentums verstanden jedoch nicht, was Jesus erzählte. „Da sprachen die Juden zu ihm: Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen? Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham wurde, bin ich“ (Verse 57-58).

Jesus Christus war dasselbe Wesen, das Mose in der Wüste begleitete und dort mit ihm sprach – derselbe „Ich-bin-der-ich-bin“ (2. Mose 3,14), der die Kinder Israel aus Ägypten führte. Paulus macht das deutlich: „Ich will euch aber, liebe Brüder, nicht in Unwissenheit darüber lassen, dass unsre Väter alle unter der Wolke gewesen und alle durchs Meer gegangen sind; und alle sind auf Mose getauft worden durch die Wolke und durch das Meer und haben alle dieselbe geistliche Speise gegessen und haben alle denselben geistlichen Trank getrunken; sie tranken nämlich von dem geistlichen Felsen, der ihnen folgte; der Fels aber war Christus“ (1. Korinther 10,1-4).

Dieselbe Persönlichkeit der Gottfamilie ließ zur Zeit Noahs die Sintflut über die Erde kommen. Dazu schreibt Petrus: „Denn auch Christus hat einmal für die Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er euch zu Gott führte, und ist getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach dem Geist. In ihm ist er [Christus] auch hingegangen und hat gepredigt den Geistern im Gefängnis [den Dämonen], die einst ungehorsam waren“ (1. Petrus 3,18-20).

Vers 20 nennt uns auch den Zeitpunkt im Verlauf der alttestamentlichen Geschichte, zu dem Christus den Dämonen predigte: „Gott harrte und [hatte] Geduld zu den Zeiten Noahs, da man die Arche zurüstete, in welcher wenige, das ist acht Seelen, gerettet wurden durchs Wasser hindurch.“

Der Schöpfer kommt zur Erde und lebt als Sohn

Die eben angeführten Verse finden sich nicht beim Apostel Johannes. Doch wir finden die nachdrücklichsten Aussagen über die Präexistenz Jesu Christi, wie gesagt, im Johannesevangelium. Das Hauptaugenmerk des Buches liegt darauf, als unleugbare Tatsache nachzuweisen, dass Jesus Christus vor seiner Geburt als Mensch Gott war. Sogar ein führender Pharisäer, Nikodemus, bekannte Jesus gegenüber: „Meister, wir wissen, du bist ein Lehrer, von Gott gekommen“ (Johannes 3,2).

Den Häuptern dieser kleinen religiösen Sondergruppe der damaligen Zeit erklärte Jesus: „Mein Vater wirkt bis auf diesen Tag, und ich wirke auch.“ Die Reaktion der Hörer: „Darum trachteten die Juden noch viel mehr danach, ihn zu töten, weil er nicht allein den Sabbat brach, sondern auch sagte, Gott sei sein Vater, und machte sich selbst Gott gleich“ (Johannes 5,17-18).

Wenn man Söhne oder Töchter hat, dann stehen sie, was ihre Stellung bzw. die Ebene ihrer Existenz betrifft, auf demselben Niveau wie man selbst. Sie sind keine tiefer stehenden Wesen wie etwa die Tiere. Ebenso war Jesus in dem Sinne Gott gleich, als er auf derselben göttlichen Ebene existierte wie der Vater – er war ihm wesensgleich. Gewiss, der Vater stand und steht an Autorität über ihm – „der Vater ist größer als ich“ (Johannes 14,28) –, doch prinzipiell sind Vater und Sohn eins.

Im weiteren Verlauf seines Gesprächs mit den Pharisäern unterstrich Jesus die Tatsache, dass er wirklich Gottes Sohn war. „Da antwortete Jesus und sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Sohn kann nichts von sich aus tun, sondern nur, was er den Vater tun sieht; denn was dieser tut, das tut gleicherweise auch der Sohn. Denn der Vater hat den Sohn lieb und zeigt ihm alles, was er tut, und wird ihm noch größere Werke zeigen, sodass ihr euch verwundern werdet. Denn wie der Vater die Toten auferweckt und macht sie lebendig, so macht auch der Sohn lebendig, welche er will“ (Johannes 5,19-21). Mit anderen Worten: Jesus verfügt über dieselben Kräfte wie der Vater, weil auch er Gott ist.

Jesus Christus sagte: „Ich und der Vater sind eins“ (Johannes 10,30). Das sollte nicht heißen, dass sie ein und dieselbe Person waren, sondern dass zwischen ihnen völlige Übereinstimmung herrschte – in der Absicht, im Plan und vor allem in ihrer gemeinsamen Zugehörigkeit zur einen Gottfamilie.

Die Menschen, die zur Zeit Jesu lebten, hatten Gelegenheit zu sehen, wie ein Angehöriger der Gottfamilie als Mensch auftritt, redet und handelt. Gott, der Vater, hätte sich als Mensch nicht anders verhalten als der Sohn. „Jesus aber rief: Wer an mich glaubt, der glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat. Und wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat“ (Johannes 12,44-45).

Jesus erneut verherrlicht

Wir haben festgestellt, dass Jesus laut Johannesevangelium vor seiner Menschwerdung Gott war – diese Tatsache lässt sich nicht bestreiten. Dazu zur weiteren Bekräftigung noch ein Vers: „Und nun, Vater, verherrliche du mich bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war“ (Johannes 17,5). Noch bevor es einen Menschen auf Erden oder einen Engel gab, existierte Jesus in verherrlichter Gestalt. Tatsächlich hat Jesus in seiner Eigenschaft als Gott von Ewigkeit her existiert. (Weitere wichtige Informationen zu diesem Thema finden Sie in unserer kostenlosen Broschüre „Jesus Christus: Die wahre Geschichte“.)

Doch er entkleidete sich seiner einstigen Herrlichkeit und kam als Mensch auf diese Erde nieder, um für die Sünden der ganzen Menschheit den Tod auf sich zu nehmen. Paulus schrieb an die Gemeinde zu Philippi: „Geht so miteinander um, wie Christus es euch vorgelebt hat. Obwohl er Gott war, bestand er nicht auf seinen göttlichen Rechten. Er verzichtete auf alles; er nahm die niedrige Stellung eines Dieners an und wurde als Mensch geboren und als solcher erkannt. Er erniedrigte sich selbst und war gehorsam bis zum Tod, indem er wie ein Verbrecher am Kreuz starb“ (Philipper 2,5-8; „Neues Leben“-Übersetzung).

Dann weist Paulus darauf hin, dass Jesus jetzt wieder zu seinem ursprünglichen Zustand als verherrlichte Gottheit zurückgekehrt ist: „Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters“ (Verse 9-11). Gott erlaubt nicht, dass Menschen andere Menschen verehren und anbeten, wie es hier beschrieben wird; nicht einmal Engeln kommt solche Verehrung zu, sondern nur Gott!

Auch Johannes spricht davon, dass Jesus seine Göttlichkeit erneut annahm. Wie bereits erwähnt, betete Jesus zum Vater: „Und nun, Vater, verherrliche du mich bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war“ (Johannes 17,5). Zuvor hatte er seine Jünger gefragt: „Wie, wenn ihr nun sehen werdet den Menschensohn auffahren dahin, wo er zuvor war?“ (Johannes 6,62). Später erlebten die Jünger genau das mit eigenen Augen (Apostelgeschichte 1,9). Und schließlich Johannes 7, Vers 33: „Da sprach Jesus zu ihnen: Ich bin noch eine kleine Zeit bei euch, und dann gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat.“

Johannes beginnt seine Beschreibung der Ereignisse beim letzten Passah mit Jesus wie folgt: „Vor dem Passahfest aber erkannte Jesus, dass seine Stunde gekommen war, dass er aus dieser Welt ginge zum Vater“ (Johannes 13,1).

Immer wieder kommt Johannes auf diesen wichtigen Punkt zurück. In Johannes 16, Vers 28 lesen wir: „Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater.“

Unsere unglaubliche Bestimmung als Menschen

Jesus war vor seiner Geburt als Mensch Gott; er war Gott, als er in Menschengestalt hier auf dieser Erde weilte; und jetzt sitzt er als Gott zur Rechten des Vaters im Himmel. Hört nun hier unser Wissen, unsere Erkenntnis auf?

Jesus sagte zu Maria Magdalena: „Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott“ (Johannes 20,17). Mit diesen Worten stellte Jesus sich mit seinen Jüngern, den späteren Aposteln, auf eine Stufe – ungeachtet der Tatsache, dass er natürlich ihr Herr und Meister war (Johannes 13,13). Was bedeutet seine Aussage in ihrer ganzen Tragweite?

Die Antwort gibt uns wieder Jesus selbst in Johannes 10, Verse 31-36: „Da hoben die Juden abermals Steine auf, um ihn zu steinigen. Jesus sprach zu ihnen: Viele gute Werke habe ich euch erzeigt vom Vater; um welches dieser Werke willen wollt ihr mich steinigen? Die Juden antworteten ihm und sprachen: Um eines guten Werkes willen steinigen wir dich nicht, sondern um der Gotteslästerung willen, denn du bist ein Mensch und machst dich selbst zu Gott. Jesus antwortete ihnen: Steht nicht geschrieben in eurem Gesetz [Psalm 82,6]: Ich habe gesagt: Ihr seid Götter? Wenn er die Götter nennt, zu denen das Wort Gottes geschah – und die Schrift kann doch nicht gebrochen werden –, wie sagt ihr dann zu dem, den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat: Du lästerst Gott –, weil ich sage: Ich bin Gottes Sohn?“

Ob Sie es glauben oder nicht, diese höchst bedeutsame Schriftstelle offenbart, dass die letzte Bestimmung des Menschen darin liegt, selbst ein Teil bzw. ein Angehöriger der Gottfamilie zu werden.

Sehen wir uns noch einmal den ersten Brief des Johannes an: „Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen aber: wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist“ (1. Johannes 3,2).

Begreifen wir, was Johannes hier sagt? Genauso wie Gott Mensch wurde, hat der Mensch die Möglichkeit, Jesus gleich zu werden! Ja, der Mensch soll ebenso ein vom Geist geborenes Kind Gottes werden, wie Christus es ist. Das ist, auf eine verkürzte Formel gebracht, der Sinn des menschlichen Lebens.

Was können wir, ob Mann oder Frau, unsererseits tun, um sicherzustellen, dass dieser wunderbare Plan auch für uns Wirklichkeit wird? Lesen wir Vers 3: „Und ein jeder, der solche Hoffnung auf ihn hat, der reinigt sich, wie auch jener rein ist.“

Jesus Christus als der Anfang der Schöpfung Gottes

Manche Bibelexegeten sehen in Offenbarung 3, Vers 14 einen Beweis dafür, dass Jesus Christus ein geschaffenes Wesen sei. In diesem Vers wird Christus als „der Anfang der Schöpfung Gottes“ bezeichnet. Zuvor hat Christus in der Offenbarung bereits gesagt: „Ich bin das A [Alpha] und das O [Omega], der Erste und der Letzte“ (Offenbarung 1,8; Lutherbibel 1545). Verleugnet Johannes hier nun die Ewigkeit des Wortes, desjenigen, der Fleisch wurde und unter uns gewohnt hat, indem er sagt, dass Christus der Anfang der Schöpfung Gottes ist?

Wie wir bereits in unserem Beitrag „Der Jünger, den Jesus liebte“ gesehen haben, legte das Wort seine Herrlichkeit ab, wurde Fleisch und erniedrigte sich bis zum Tod am Kreuz. Als Jesus am Kreuz starb, rief er aus: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!“ (Lukas 23,46). Jesus hat sich also nicht selbst von den Toten auferweckt – sein Geist kehrte zum Vater zurück. Drei Tage und drei Nächte später erweckte ihn Gott, der Vater, von den Toten, und er wurde der Erstgeborene unter vielen Brüdern (Römer 8,29).

Paulus erklärt in Kolosser 1, Vers 18 über Christus: „Er ist das Haupt des Leibes, nämlich der Gemeinde. Er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten, damit er in allem der Erste sei.“ Er ist der erstgeborene Sohn in der Familie Gottes – und als Erstgeborener hat er den Vorrang, da er der erste der Söhne Gottes ist. Diese Familie besteht nun aus Söhnen Gottes, Erben Gottes und Miterben Jesu Christi (Römer 8,14-17).

Das griechische Wort arche, das in Offenbarung 3, Vers 14 als „Anfang“ übersetzt wird, bedeutet: 1. Anfang, Ursprung; 2. die Person oder die Sache, die etwas einleitet; die erste Person oder Sache in einer Reihe, der Führende. Jesus ist also der erste der Söhne Gottes, der den geistlichen Geburtsprozess erlebt hat, der uns in eine Familienbeziehung zum Vater bringt. Er ist der Anfänger und Wegweiser unseres Heils (Hebräer 2,10).

Ferner kann das griechische Wort für „Anfang“, arche, auch „wodurch irgendetwas zu sein beginnt, der Ursprung, der aktive Grund“ andeuten. Arche kann auch einen „Herrscher“ bedeuten oder einen „Hohe[arche]-Priester“. In der „Hoffnung für alle“-Übersetzung wird Offenbarung 3, Vers 14 folgendermaßen wiedergegeben: „Er ist der Ursprung von allem, was Gott geschaffen hat.“ Eine solche Übersetzung des Verses steht auch in Einklang mit Kolosser 1, Vers 16, wo es heißt: „Es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen.“

Jesus wurde angebetet: Nur Gott allein darf angebetet werden

Die alttestamentlichen Schriften verbieten die Anbetung von irgendjemand anderem als Gott (2. Mose 20,1-5). Wir sehen in der Bibel, dass Menschen und Engel sich geweigert haben, sich anbeten zu lassen. Zum Beispiel: „Und als Petrus hereinkam, ging ihm Kornelius entgegen und fiel ihm zu Füßen und betete ihn an. Petrus aber richtete ihn auf und sprach: Steh auf, ich bin auch nur ein Mensch“ (Apostelgeschichte 10,25-26).

Paulus und Barnabas lehnten in Lystra die Anbetung der dortigen Bewohner ab (Apostelgeschichte 14,13-15). Sogar Engel lehnten es ab, angebetet zu werden (Offenbarung 22,8-9).

Jesus nahm bei zahlreichen Gelegenheiten Anbetung entgegen, ohne die Anbetenden zurechtzuweisen. Der später geheilte Aussätzige betete ihn an (Matthäus 8,2). Der Vorsteher fiel mit seiner Bitte vor ihm nieder (Matthäus 9,18). Nachdem Jesus den Sturm gestillt hatte, fielen diejenigen, die im Boot waren, „vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!“ (Matthäus 14,33). Die kanaanäische Frau betete Jesus an (Matthäus 15,25), ebenso die Mutter von Jakobus und Johannes (Matthäus 20,20), der dämonenbesessene Mann (Markus 5,6) und der geheilte Blinde (Johannes 9,38).

Jesus wurde sogar angebetet, als er noch ein Baby war (Matthäus 2,2. 11). Und Jesus wurde nach seiner Auferstehung angebetet (Matthäus 28,17). In Johannes 20, Vers 28 ruft der Apostel Thomas „Mein Herr und mein Gott“ aus, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass es sich wirklich um Jesus handelte. Es kann also keinen Zweifel daran geben, dass Jesus von der Zeit seiner Geburt an bis zu der Zeit, als er wieder in den Himmel auffuhr, angebetet wurde. Und er wird heute immer noch angebetet.

Wir haben hier also auch den Beleg dafür, dass er vor seiner menschlichen Geburt ebenfalls Gott war. Das Wort wurde Fleisch (Johannes 1,14). Das wirft die Frage auf: Wenn er Fleisch wurde, was war er dann, bevor er Fleisch wurde? Das obige Zeugnis Christi und der Apostel zeigt, dass er vor seiner Fleischwerdung Gott war, er war Gott nach seiner Fleischwerdung und er ist Gott seit seiner Auferstehung.