Nach der Wahl des neuen Papstes wartet die Welt gespannt darauf, welche Richtung er einschlagen wird. Als geistliches Oberhaupt von rund 1,4 Milliarden Menschen könnten seine Ansichten und Handlungen durchaus von globaler Bedeutung sein.

Von Rex Sexton

Nach der Konferenz der alliierten Staatschefs im Iran während des Zweiten Weltkriegs veröffentlichte das amerikanische Time Magazine eine berühmte Anekdote über eine Frage, die der sowjetische Diktator Josef Stalin während der Beratungen in Teheran gestellt hatte. Diese hatte der südafrikanische Premierminister Jan Smuts wiedergegeben:

„Winston Churchill deutete Stalin an, dass der Papst möglicherweise an einigen der getroffenen Entscheidungen beteiligt gewesen sein könnte. ‚Der Papst‘, bemerkte Stalin nachdenklich. ‚Der Papst. Wie viele Divisionen hat er?‘ “ (27. Dezember 1943). Jahrzehnte später, im Jahr 1991, lernte der sowjetische Führer Michail Gorbatschow den Einfluss des Papstes schätzen, teilweise dank der Bemühungen von Papst Johannes Paul II., die kommunistische Herrschaft in Europa zu stürzen.

Kardinal Robert Prevost hat kurz nach seiner Wahl zum Papst Leo XIV. am 8. Mai 2025 seine erste Rede auf dem Balkon des Petersdoms gehalten. Der aus Chicago stammende Kardinal ist der erste Amerikaner in der Geschichte, der für den päpstlichen Stuhl ausgewählt wurde. Die Rede wurde auf Spanisch und Italienisch gehalten, mit ein paar obligatorischen Sätzen auf Latein.

Gibt es wenige Monate nach seiner Wahl schon Hinweise darauf, welchen Kurs der neue Papst einschlagen wird?

Weiter wie Franziskus oder zurück zu den Wurzeln?

Papst Leo erfreute seine Zuhörer, indem er seinen Vorgänger Papst Franziskus mit den Worten lobte: „Dies ist der Friede des auferstandenen Christus, ein waffenloser und entwaffnender Friede, demütig und beständig. Er kommt von Gott, dem Ursprung allen Lebens, der uns bedingungslos liebt. Wir hören noch immer die sanfte, aber standhafte Stimme von Papst Franziskus in unseren Ohren, als er Rom segnete!“

Die Worte „Gott, der uns alle bedingungslos liebt“ wurden als mögliches Zeichen dafür interpretiert, dass dieser neue Papst die Akzeptanz von Homosexualität und Transgenderismus in der römisch-katholischen Kirche unterstützen könnte. Es gab jedoch auch progressive Kirchenmitglieder, Priester und andere, die diese nicht traditionellen Lehren unterstützten und sich darüber freuten. Die Befreiung durch Franziskus würde sich fortsetzen.

Die Freude war aber vielleicht voreilig. Am 16. Mai hielt Papst Leo XIV. seine erste Ansprache vor dem diplomatischen Korps des Vatikans. Viele waren von dieser Ansprache sichtlich überrascht. In seiner ersten offiziellen Rede als Pontifex präsentierte Papst Leo XIV. eine Vision von Frieden und Dialog und bekräftigte zugleich die katholische Lehre zu Ehe und Abtreibung. „Regierungen sollten in die Familie investieren, die auf der stabilen Verbindung zwischen Mann und Frau gründet“, sagte er. Er nannte auch die Familie „das Fundament friedlicher Gesellschaften“.

Er betonte außerdem „den Respekt vor der Würde jedes Menschen, insbesondere der Schwächsten und Verletzlichsten, vom Ungeborenen bis zum Alten“. Damit wiederholte er die Ablehnung von Abtreibung und Euthanasie durch die Kirche – Positionen, die Franziskus ebenfalls vertreten hatte, wenn auch oft ohne starkes Engagement.

Franziskus war dafür bekannt, dass er wiederholt die Frage stellte: „Wer bin ich, dass ich urteilen sollte?“ Papst Leo ließ damit die Möglichkeit offen, dass er selbst urteilen würde. Sein besonderes Augenmerk auf „die Ungeborenen“, traditionelle Familienstrukturen und moralische Verantwortung hat bei progressiveren Katholiken und vielen europäischen Regierungen bereits für einige Verwunderung gesorgt.

Zehn Tage nach seiner Wahl hielt Papst Leo XIV. am 18. Mai die Predigt bei der „Messe zur Einführung in das Petrusamt“ auf dem Petersplatz. Das Publikum zeigte sich sichtlich überrascht, als er seine Predigt vollständig auf Englisch hielt, was als subtile Anspielung auf die USA gewertet wurde. Es gibt Anzeichen dafür, dass die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union die Verwendung von Englisch nicht mit Freude aufgenommen haben.

Sein Dialog, der an den von Franziskus erinnerte, war stark reduziert. Der European Conservative veröffentlichte einen Artikel mit dem Titel „Ist Papst Leo XIV. ein heimlicher Konservativer?“, in dem es hieß: „Kardinal Prevost hat in der Vergangenheit die sogenannte LGBTQ+-Bewegung scharf kritisiert. Vieles deutet darauf hin, dass er dem Aufstieg der Homosexuellen in der katholischen Kirche gegenüber eher zurückhaltend sein könnte. Er äußerte sich in der Vergangenheit zu den Medien und betonte dabei ihre bemerkenswerte Fähigkeit, in der Öffentlichkeit Unterstützung für Ansichten und Praktiken zu fördern, die nicht immer im Einklang mit den Prinzipien des Evangeliums stehen. Als Beispiele nannte er Themen wie Schwangerschaftsabbruch, gleichgeschlechtliche Lebensweisen und Sterbehilfe (Sebastian Morello, 9. Mai 2025).

In vielerlei Hinsicht scheint der neue Papst eher ein Traditionalist zu sein. Er wählte traditionelle Gewänder, die Franziskus nach seiner Wahl nicht mehr tragen wollte, und scheint eine Rückkehr zur traditionellen lateinischen Messe zu befürworten.

Politisches Engagement des neuen Papstes?

Der neue Papst scheint sich bereits in politische Belange einmischen zu wollen. Die italienische Premierministerin Giorgia Meloni bestätigte, dass die Aussage von Donald Trump, wonach Papst Leo XIV. an der Ausrichtung von Friedensgesprächen im Vatikan zwischen Russland und der Ukraine interessiert sei, von den Staats- und Regierungschefs Europas und der USA positiv aufgenommen wurde. Die Vermittlung solcher Verhandlungen durch den Papst wäre in der heutigen Zeit eine historische Entwicklung.

Vor seiner Wahl zum Papst hatte Kardinal Provost mehrmals in Social-Media-Posts die Haltung des US-Präsidenten zur Einwanderungsbeschränkung und zur Abschiebung illegal eingereister Migranten scharf kritisiert. In dem letzten dieser Beiträge äußerte Prevost Bedenken bezüglich der Zusammenarbeit von Trump mit dem salvadorianischen Präsidenten Bukele bei der Rückführung und Inhaftierung von Personen, die illegal eingereist waren und schwere Verbrechen begingen. Viele warten zudem gespannt darauf, was der Papst hinsichtlich des Kompromisses mit der chinesischen Regierung unternehmen wird, der dieser ein Mitspracherecht bei der Bestimmung katholischer Kirchenführer in China einräumt.

In den kommenden Monaten wird man die Ziele und den politischen Willen des neuen Papstes erkennen können. Wird man fragen, wie viele Divisionen Leo XIV. hat? Anhand der biblischen Prophetie wissen wir, dass eine neue Weltmacht auf der Bildfläche erscheinen wird. In Daniel 8, Verse 23-24 heißt es: „In der letzten Zeit ihrer Herrschaft, wenn die Frevler ihr Maß vollgemacht haben, kommt ein König voll Härte und Verschlagenheit. Er wird mächtig und stark und richtet ungeheures Verderben an; alles, was er unternimmt, gelingt ihm. Mächtige Herrscher wird er vernichten, auch das Volk der Heiligen“ (Einheitsübersetzung).

Die neue Weltmacht wird sich mit einer religiösen Macht in Europa verbünden. Könnte Papst Leo XIV. dabei mit seinen Divisionen eine Rolle spielen? Er ist auf jeden Fall ein Mann, den wir im Auge behalten sollten.

War der Apostel Petrus jemals in Rom?

Nach kirchlicher Überlieferung soll Petrus ca. zehn Jahre nach der Kreuzigung Jesu Christi nach Rom gereist sein und sich dort viele Jahre aufgehalten haben. Als erster Bischof in Rom soll er auch das Evangelium gepredigt haben. Doch ist diese Tradition biblisch?

Der Katholische Katechismus des Jahres 1927 schreibt Folgendes zu diesem Thema: „Der Papst ist das sichtbare Oberhaupt der Kirche; er ist der Nachfolger des heiligen Petrus, der Stellvertreter Christi. Jesus Christus ist das unsichtbare Oberhaupt der Kirche. Der heilige Petrus ist um das Jahr 64 n. Chr. als Bischof von Rom gestorben. Deshalb ist der Bischof von Rom, der Papst, sein rechtmäßiger Nachfolger. Von Rom aus regiert er die ganze Kirche.“

Im Anhang der Thompson Studienbibel wird ebenfalls angedeutet, Petrus sei nach Rom gegangen: „Mission unter den Juden. Kam dabei bis nach Babylon (1. Petrus 5,13), möglicherweise bis nach Rom, wo er mit dem Kopf nach unten gekreuzigt worden sein soll“ (Seite 1834, Stichwort „Petrus“).

Die Überlieferung, dass Petrus Bischof von Rom gewesen sei, ist jedoch in den einschlägigen Nachschlagewerken nicht unumstritten. Im Lexikon zur Bibel von Fritz Rienecker heißt es beispielsweise dazu: „Für die Annahme, dass Petrus 25 Jahre lang ,Bischof von Rom‘ gewesen sei, sind keine Anhaltspunkte vorhanden“ (1977, R. Brockhaus Verlag, Wuppertal, Stichwort „Petrus“; Hervorhebung durch uns).

Man kann nun natürlich auch argumentieren: Es gibt aber auch keinen eindeutigen Beweis dafür, dass Petrus nicht in Rom gewesen ist. Was können wir nun anhand der Bibel über den Zeitraum 41 bis 66 n. Chr. erfahren, als Petrus in Rom gewesen sein soll? Es gibt klare biblische Aussagen, die gegen diese Überlieferung sprechen:

 Das Konzil von Jerusalem (Apostelgeschichte 15) fand ca. 49 n. Chr. statt. Petrus war bei diesem Konzil anwesend und konnte deshalb zu diesem Zeitpunkt nicht in Rom gewesen sein.

 Ein paar Jahre später besuchte Petrus seinen Apostelkollegen Paulus in Antiochien (Galater 2,11). Somit konnte Petrus auch zu diesem Zeitpunkt nicht in Rom gewesen sein, doch der Überlieferung nach hätte er schon ca. zwölf Jahre in Rom gewesen sein sollen.

 Um 55 n. Chr. (also fast fünfzehn Jahre nachdem Petrus in Rom hätte sein sollen) schrieb Paulus seinen Brief an die Christen von Rom, in dem er am Ende des Briefes 27 Personen in Rom Grüße ausrichtete. Nirgends aber erwähnt er Petrus. Sollte er den Apostel, der die Gemeinde in Rom gegründet hatte, einfach vergessen haben? Das wäre doch wohl eine außerordentliche Beleidigung gegenüber Petrus gewesen und hätte all die, die er gegrüßt hat, schockieren müssen.

 Als der Apostel Paulus ca. 61 n. Chr. als Gefangener in Rom eintraf, rief er die Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Rom zusammen (Apostelgeschichte 28,17-22). Diese hatten von der Lehre des Paulus bzw. dieser „Sekte“ zwar gehört, kannten aber nichts Genaues. Das Resultat war, dass Paulus diese Gruppe an einem vereinbarten Tag darüber belehrte. Die Juden hätten die Lehre ganz sicher gekannt, wenn Petrus zu diesem Zeitpunkt bereits über 20 Jahre in Rom gewesen wäre und gelehrt hätte.

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Paulus eine so wichtige Person wie Petrus, den er selbst eine Säule der Gemeinde nennt (Galater 2,9), in seinen Ausführungen einfach übergeht, vergisst oder absichtlich unerwähnt lässt. Die Aussagen von Paulus lassen eher darauf schließen, dass Petrus entgegen der überlieferten Tradition nicht in der fraglichen Zeit (ca. 41 bis 60 n. Chr.) in Rom gewesen und deshalb auch nicht Bischof von Rom gewesen sein kann.