
Nachdem wir uns in der letzten Ausgabe von Gute Nachrichten mit dem ersten großen Gebot der aufrichtigen Liebe zu Gott befasst haben, betrachten wir nun das zweite große Gebot, das laut Jesus „dem [ersten] gleich“ ist. Wie können wir unseren Nächsten wie uns selbst lieben?
Von Don Hooser
gesetEin Schriftgelehrter unter den Pharisäern stellte Jesus mit einer Frage auf die Probe: „Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz?“ (Matthäus 22,36). Nachdem Jesus das erste große Gebot verkündet hatte, sagte er mit Nachdruck: „Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Matthäus 22,39). Er fügte noch hinzu: „Es ist kein anderes Gebot größer als diese“ (Markus 12,31).
Dieses zweite große Gebot ist fast ebenso einzigartig und revolutionär wie das erste. Ebenso widerspricht es der egoistischen menschlichen Natur. Das zweite große Gebot wurde von Gott durch Mose übermittelt (3. Mose 19,18). Das entsprechende Kapitel enthält einige sehr wichtige Hinweise dazu, wie man anderen Liebe zeigen kann.
Dieses Gebot geht mit der sogenannten Goldenen Regel einher, die in Matthäus 7, Vers 12 und Lukas 6, Vers 31 niedergelegt ist und häufig wie folgt beschrieben wird: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“ Das Gebot, seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst, fasst die letzten sechs der Zehn Gebote Gottes zusammen und zeigt, wie wir unsere Mitmenschen lieben sollen (siehe Römer 13,8–10). Betrachten wir genauer, was dieser wichtige Grundsatz bedeutet.
Was bedeutet es, andere wie sich selbst zu lieben?
Im „Liebeskapitel“, 1. Korinther 13, wird Gottes Liebe wunderbar definiert und beschrieben. Wir alle täten gut daran, diese Passage regelmäßig zu lesen. Beachten Sie, dass wahre Liebe nicht stolz, selbstsüchtig oder egozentrisch, sondern demütig ist. Sie strömt aus und berührt die Mitmenschen. Wir müssen dem Beispiel unseres himmlischen Vaters und Jesu Christi folgen. Sie lieben alle Menschen (Johannes 3,16)! Und: „Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht; denn Gott ist die Liebe“ (1. Johannes 4,8).
In diesen Versen erinnert Gott uns daran, dass er seinen eigenen Sohn geopfert hat. Jesus war bereit, für uns qualvolle Folter und den Tod zu erleiden, damit wir ewig leben können. Denken Sie auch an Jesu Beispiel, Mitgefühl und Liebe für alle Menschen zu zeigen. Darunter waren Menschen mit körperlichen Behinderungen oder die als „unberührbar” galten und am Rande der Gesellschaft standen. Er war der perfekte dienende Hirte, der sich um andere kümmerte!
Aber sollen wir nicht auch für uns selbst sorgen? Bedenken Sie, dass das zweite große Gebot voraussetzt, dass wir uns selbst lieben (vergleichen Sie dazu Epheser 5, Vers 29). Würden wir uns selbst nicht lieben, wären wir nicht in der Lage, das zweite große Gebot zu erfüllen. Der Schlüssel liegt darin zu verstehen, was die Bibel im Allgemeinen mit „Liebe“ meint. Die biblische Bedeutung ist praktisch das Gegenteil von narzisstischen Menschen, die auf egoistische und selbstverherrlichende Weise „selbstliebend“ sind. In 2. Timotheus 3, Verse 1-7 werden schreckliche Charakterzüge solcher Menschen beschrieben.
Gott hat alle Geschöpfe – auch den Menschen – mit einem Instinkt ausgestattet, mit dem sie ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen. Wir suchen Nahrung, wenn wir hungrig sind, Linderung, wenn wir Schmerzen haben, und Schlaf, wenn wir müde sind. Darüber hinaus lehren uns gute Eltern und andere positive Einflüsse, wie wir körperlich, mental und in unseren Beziehungen gesund bleiben. All dies ist gesunde Selbstliebe, wie Gott sie beabsichtigt. Sie ist weder selbstsüchtig noch egoistisch oder narzisstisch. Wenn wir Gott lieben, erkennen wir seine Liebe zu uns, indem er uns nach seinem Bild erschuf.
Denken Sie auch daran: Je besser unsere körperliche und mentale Gesundheit ist, desto hilfreicher können wir für andere sein. Erinnern Sie sich an die Anweisung der Flugbegleiter an alle, die ein kleines Kind dabei haben? „Wenn im Flugzeug wider Erwarten Sauerstoffmangel herrscht, müssen Sie zuerst sich selbst und dann Ihrem Kind die Sauerstoffmaske aufsetzen.“ Warum? Der Grund ist folgender: Andernfalls könnten Sie beim Versuch, Ihrem Kind die Sauerstoffmaske anzuziehen, das Bewusstsein verlieren!
Die Lehre daraus ist: Wenn Sie sich selbst genug lieben, um gesund zu bleiben, sind Sie besser gerüstet, anderen zu helfen. Und Sie schätzen das, was Gott Ihnen gegeben hat. Aber auch hier gilt: Wir sollen nicht nur uns selbst lieben, sondern auch andere wie uns selbst.
Obwohl Gefühle wichtig sind, bezieht sich die Liebe in der Bibel in erster Linie auf unser eigenes Handeln. Selbst wenn uns die Liebe zu unseren Mitmenschen manchmal schwerfällt, ruft uns Jesus dazu auf, ihnen unsere Liebe zu zeigen. Johannes, auch als „Apostel der Liebe“ bekannt, betont Gehorsam gegenüber Gott sowie Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft als wesentliche Elemente göttlicher Liebe (siehe 1. Johannes 2,4-6; 3,11-18). Fürsorgliches Verhalten gegenüber anderen führt außerdem zu mehr Liebe.
Gott erwartet von uns, dass wir mitfühlend und fürsorglich denken und handeln und uns ebenso um die Bedürfnisse und das Wohl anderer kümmern wie um unser eigenes. Ein gottesfürchtiger Mensch wird darüber hinaus, wenn die Umstände es erfordern, über sich hinausgehen, Opfer bringen und die Bedürfnisse anderer über die eigenen stellen (Johannes 15,13; 1. Johannes 3,16).
In der Bibel steht, dass jeder aus Gottes Volk seine geistliche „Familie“ besonders lieben soll. Jesus ermahnte seine Jünger, einander zu lieben, indem er betonte: „Wie ich euch geliebt habe.“ Er fügte hinzu: „Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt“ (Johannes 13,34-35). Paulus schrieb: „Darum, solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen“ (Galater 6,10; siehe auch 1. Johannes 3,10-18; 1. Petrus 4,8-10). Achten Sie also besonders auf Ihre Glaubensbrüder und -schwestern, aber seien Sie auch bereit, Gutes für alle zu tun.
Wer ist mein Nächster?
Wenn es in Johannes 3, Vers 16 heißt: „Also hat Gott die Welt geliebt“, dann sind damit alle Menschen auf der Welt gemeint (vgl. 1. Timotheus 2,4; 2. Petrus 3,9)! Gott erwartet von uns, dass wir ihm nacheifern und alle lieben, wo immer wir die Gelegenheit dazu haben (Epheser 5,1). Die Liebe zu Gottes Kindern ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Liebe zu unserem himmlischen Vater.
Ein Schriftgelehrter fragte Jesus, wie er das ewige Leben erwerben konnte. Nachdem Jesus die beiden großen Gebote als Voraussetzung nannte, wollte der Schriftgelehrte wissen: „Wer ist denn mein Nächster?“ (Lukas 10,29). Er hoffte dabei wohl auf zweierlei. Einerseits wollte er Jesus diskreditieren, andererseits wollte er Ausreden dafür finden, dass er verschiedene Menschen nicht lieben musste. Viele Menschen empfinden Nächstenliebe nur gegenüber Menschen, die sie mögen und die die gleichen religiösen Überzeugungen, Interessen oder eine ähnliche ethnische Zugehörigkeit haben bzw. derselben Nationalität sind.
Jesus beantwortete seine Frage mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lukas 10,30-37). Diese Geschichte muss dem jüdischen Gelehrten abstoßend vorgekommen sein, da die Juden die Samariter als verachtenswert betrachteten. Im Gleichnis werden jüdische Geistliche gezeigt, die einem Reisenden aus Jerusalem, der nach einem Raubüberfall verletzt auf der Straße lag, nicht helfen wollten.
Ein Samariter hingegen wird als mitfühlend, freundlich und großzügig gegenüber dem Opfer dargestellt, obwohl er einer anderen Religion und einem fremden Volk angehört. Im Gleichnis tat der Samariter das Nötige für den Überfallenen. Der Schriftgelehrte musste zugeben, dass nur derjenige das Gebot der Nächstenliebe tatsächlich hielt, der bereit war, dem verletzten Fremden zu helfen.
Sogar unsere Feinde lieben?
In seiner Bergpredigt ging Jesus noch einen Schritt weiter und sagte: „Aber ich sage euch, die ihr zuhört: Liebt eure Feinde; tut wohl denen, die euch hassen; segnet, die euch verfluchen; bittet für die, die euch beleidigen“ (Lukas 6,27-28). Anschließend folgte die Goldene Regel: „Und wie ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, so tut ihnen auch!“ (Lukas 6,31).
Das bedeutet, dass wir sogar Menschen lieben sollen, die nicht liebenswert oder nett sind. Gott weiß, dass wir nicht immer so leben, wie wir sollten. Unsere Hoffnung sollte sein, dass alle Menschen letztendlich die Gnade erfahren, die wir bereits empfangen haben. Gott möchte, dass alle ihre Sünden bereuen, seine Vergebung empfangen und schließlich mit ewigem Leben gesegnet werden!
Andere zu lieben erfordert unsere Bereitschaft zu vergeben (Matthäus 6,12). Jesus sagte: „Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben“ (Matthäus 6,15).
Das bedeutet jedoch nicht, dass eine sofortige Versöhnung ohne notwendige Veränderungen möglich ist. Gott ist ein Gott der Gerechtigkeit und der Barmherzigkeit. Er inspirierte den Propheten Amos zu den Worten: „Hasset das Böse und liebet das Gute, richtet das Recht auf im Tor“ (Amos 5,15). Wir sollen die Sünden hassen und wünschen, dass Sünder vor Gottes gerechtes Gericht gebracht werden – und gleichzeitig wünschen, dass sie von Herzen umkehren, um Gottes Barmherzigkeit zu erfahren.
Gott bestraft Menschen auf verschiedene Weise für ihr Fehlverhalten, aber immer aus Liebe und zum Wohle der Menschen. „Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er“ (Hebräer 12,6). Wahre Liebe beinhaltet manchmal auch liebevolle Strenge. Die Bibel lehrt eindeutig, dass Eltern ihre Kinder für Fehlverhalten disziplinieren sollten – als Zeichen ihrer Liebe zu ihnen.
Die Botschaft der Liebe zieht sich durch die gesamte Heilige Schrift. Sie wurde bereits im Alten Testament verkündet. Doch durch Jesu Gebot, dass wir einander lieben sollen, wie er uns liebt, hat sich das Verständnis und die Praxis wahrer göttlicher Liebe deutlich vertieft.
Denken Sie deshalb immer daran, dem Beispiel Christi zu folgen und die beiden erhabenen Gebote freudig zu befolgen. Wie es in Lukas 10, Vers 27 heißt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst.“