Deutschlands Demografie und die Abtreibung

Von der Redaktion

80,2 Millionen Menschen leben in Deutschland, so das Ende Mai bekannt gegebene Ergebnis der neuen Volkszählung. Das sind 1,5 Millionen Einwohner weniger als erwartet. Die Zahl mag deshalb eine Überraschung gewesen sein, andererseits bestätigt sie den bekannten längerfristigen Trend hinsichtlich der Demografie hierzulande: Deutschlands Bevölkerung schrumpft seit Jahrzehnten kontinuierlich.

2004 wies die Zeitschrift GEO auf das Ausmaß dieses Rückgangs hin: „Wir werden in den kommenden Jahrzehnten demografische Verwerfungen erleben, die sich nur mit den Folgen der großen Auswandererwellen des 19. Jahrhunderts vergleichen lassen . . . Fast 5,5 Millionen Einwohner hat Deutschland in den letzten 30 Jahren verloren – fast ebenso viele wie zwischen 1815 und 1914 nach Nordamerika ausgewandert sind. Denn seit 1972 sterben hierzulande mehr Menschen, als geboren werden – jede nachfolgende Kindergeneration ist um ein Drittel kleiner als die ihrer Eltern. Mit im Schnitt nur noch knapp 1,4 Kindern pro Frau zählt die Bundesrepublik heute zu den kinderärmsten Gesellschaften der Welt“ (5/2004).

In den neuen Bundesländern zeigt sich der Trend am stärksten. Nach der Wiedervereinigung war die Geburtenrate dort auf durchschnittlich 0,77 Kinder pro Frau zurückgegangen. „Das war weltweit die niedrigste Geburtenrate mit Ausnahme des Vatikan“, meinte Reiner Klingholz, Direktor des Berliner Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, bei der Veröffentlichung eines Berichts im März 2006.

Wir werden regelmäßig an die Problematik dieser Entwicklung erinnert. Die demografische Pyramide Deutschlands steht langsam kopf, was besonders für die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung eine Herausforderung darstellt. Auch der derzeitige und für die Zukunft vorauszusehende Fachkräftemangel lässt sich zum Teil auf Deutschlands Bevölkerungsschwund zurückführen.

Welcher Zusammenhang besteht nun aber zwischen der demografischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte und dem Thema Abtreibung? Wie bereits erwähnt, verlor Deutschland in dem Zeitraum 1974-2004 knapp 5,5 Millionen Einwohner. In den 27 Jahren von 1976 bis 2003 wurden in Deutschland (beide deutsche Staaten in der Zeit vor der Wiedervereinigung) 4,043 Millionen Abtreibungen durchgeführt (Quelle: Statistisches Bundesamt). Nicht enthalten in dieser Statistik ist die Dunkelziffer der Abtreibungen, die im Ausland (z. B. in Österreich bzw. in den Niederlanden) durchgeführt wurden.

Man muss kein Mathematiker sein, um zu erkennen, dass die demografische Entwicklung der letzten Jahrzehnte ohne die Abtreibung eine ganz andere hätte sein können! Die Abtreibung wird jedoch bei Diskussionen über die demografische Entwicklung nur selten thematisiert, obwohl ein Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung nicht auszuschließen ist.

Wie bei anderen Begriffen, die im Grundgesetz vorkommen bzw. vom Gesetzgeber behandelt werden – Ehe und Familie sind Beispiele –, zeugt die heutige Handhabung der Abtreibung von einem Wandel beim Begriff „Schutz des Lebens“. Wie sollen Christen diesen Wandel beurteilen? Unsere Antwort finden Sie in dem Leitartikel dieser Ausgabe, der dem Thema Abtreibung gewidmet ist.