Das Schwingopfer im Frühling:
Vorausschau des Heils

Eine Zeremonie zu Beginn der Frühlingsernte hat große symbolische Bedeutung.

Von Jerold Aust

Im alten Israel wurde der Anfang der Getreideernte im Frühjahr mit einer ungewöhnlichen Zeremonie eingeleitet: das Weben der zuerst geschnittenen Getreideähren als Opfer für Gott. Diese einfache Handlung hat eine große geistliche Bedeutung!

Der landwirtschaftliche Zyklus im alten Israel umfaßte jährlich zwei Ernten, im Frühjahr und im Herbst. Erst nach einer besonderen Zeremonie durfte die Getreideernte im Frühjahr beginnen. Es handelte sich um das „Schwingopfer“, auch als Webegarbe bekannt, bei dem die zuerst geschnittenen Getreideähren Gott geopfert wurden.

Gottes Anweisungen für dieses Opfer finden wir in 3. Mose 23, Verse 10-14. Kein Teil der Ernte durfte gegessen bzw. verwendet werden, bevor man die ersten Getreidehalme der Ernte dem Hohenpriester übergeben hatte, der sie dann vor Gott „schwang“. Welche Bedeutung hatte diese Zeremonie?

Jesus „als Erstling unter denen, die entschlafen sind“

Diese erste Garbe der Ernte wurde „Erstlinge“ genannt (Vers 10, Elberfelder Bibel). Es war der allererste Teil der Gerstenernte, womit die Getreideernte im Frühling anfing. Jahrhunderte später wird derselbe Ausdruck im Neuen Testament benutzt – diesmal, um Jesus Christus zu beschreiben! „Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind“ (1. Korinther 15,20; alle Hervorhebungen durch uns).

Außerdem wird Jesus Christus „der Erstgeborene aller Schöpfung“ und „der Erstgeborene von den Toten“ genannt (Kolosser 1,15. 18; Elberfelder Bibel). Der Apostel Paulus bezog sich auf die Prophezeiungen der Bibel, denen zufolge Christus als „erster ... von den Toten [auferstehen]“ sollte (Apostelgeschichte 26,23). Was ist der Zusammenhang zwischen dem Schwingopfer der Getreideernte im Frühjahr, Erstlinge genannt, und Jesus Christus, der Erstling und Erstgeborene von den Toten?

Der Zusammenhang knüpft an die Symbolik der beiden Ernten im Jahr und auch an das Pfingstfest, das 50 Tage nach dem Darbringen des Schwingopfers gehalten wurde. Zu Pfingsten wurden zwei Brote als Erstlinge der Weizenernte geopfert; die Weizenernte folgte der Gerstenernte.

Gottes Plan mit den Menschen versteht man anhand der beiden Ernten im Nahen Osten. Genauso wie es zwei physische Ernten im alten Israel gab, wird es auch zwei Ernten in Gottes großem Plan für die Errettung der Menschheit geben. Diese erstaunliche Wahrheit wird durch Pfingsten versinnbildlicht.

Symbolik von Pfingsten

Pfingsten hat mehrere wichtige Bedeutungen. Das Wort Pfingsten bedeutet wörtlich „der fünfzigste (Tag)“. Im Alten Testament war dieses Fest als Wochenfest bekannt (sieben vollständige Wochen plus ein Tag; 3. Mose 23,15-17; 5. Mose 16,10. 16). Außerdem wurde es als „Fest der Ernte, der Erstlinge deiner Früchte“ bezeichnet (2. Mose 23,16; siehe auch 2. Mose 34,22).

Das Wort „Erstlinge“ deutet eine erste Ernte an, der eine spätere Ernte folgen wird. Die Erstlinge der Weizenernte im alten Israel folgten dem Schwingopfer als Erstlinge der früheren Gerstenernte. Das Schwingopfer selbst versinnbildlicht Jesus Christus.

Pfingsten erinnert uns jedes Jahr an die Ausgießung des heiligen Geistes und an die Geburtsstunde der Gemeinde (Apostelgeschichte 2,1-4). Pfingsten hat jedoch eine noch tiefere Bedeutung. Die Ereignisse, die dem Pfingstfest vorausgehen, machen diese Bedeutung klar. Pfingsten hat unmittelbar mit unserer Errettung zu tun – mit unserer Fähigkeit, kraft des heiligen Geistes Jesu Vorbild nachzuahmen und Gottes geistliche Wahrheit zu verstehen (1. Korinther 2,10-14).

Nichts von alledem ist möglich, ohne daß die Symbolik des Schwingopfers erfüllt wurde: Jesu Christi Annahme durch den himmlischen Vater.

Schwingopfer als Vorläufer

Das Schwingopfer war der Vorläufer für ein weiteres Opfer, das zu Pfingsten dargebracht wurde. Zu Pfingsten wurden zwei Brote „als Erstlingsgabe für den Herrn“ geopfert (3. Mose 23,16-17).

In ähnlicher Weise, wie das Schwingopfer Jesus Christus darstellte, versinnbildlichten die beiden Brote die geistlichen Erstlinge, die Gott in dieser Zeit zu einem Leben treuen Gehorsams beruft (Römer 8,24; Jakobus 1,18). Dem Opfer zu Pfingsten mußte das Schwingopfer vorausgehen; in ähnlicher Weise mußte Jesus Christus als Erstling vom Vater angenommen werden, um die weitere Ernte der geistlichen Erstlinge Gottes zu ermöglichen.

Diese Symbolik zeigt, wie Gottes Festtage miteinander verknüpft sind und dadurch die enge Verflechtung der Ereignisse in Gottes Plan darstellen. Als Beispiel weisen wir auf das Passah hin, das erste der Jahresfeste Gottes (3. Mose 23,5). Gottes Plan für die Errettung der Menschheit gründet sich auf den Tod Jesu Christi als unser Passah (1. Korinther 5,7), als Sühneopfer für alle Menschen (Johannes 1,29). Ohne die Annahme des Opfers Jesu, das uns mit Gott versöhnt, können wir das ewige Leben nicht erlangen. Deshalb leitet das Passah den jährlichen Zyklus der Feste ein.

Das Schwingopfer, das während des Festes der Ungesäuerten Brote dargebracht wurde (3. Mose 23,6-11), versinnbildlicht den auferstandenen Jesus, der uns als unser Hoherpriester vor Gott dient (Hebräer 4,14). Ohne das vorherige Opfer Jesu Christi wäre die Erfüllung von Pfingsten – die Berufung und Errettung der Erstlinge, die jetzt Teil der Kirche Gottes sind – nicht möglich.

Christus kehrt zum Vater zurück

Überlegen wir nun die Bibelstellen, die diese Aussagen untermauern. Die Israeliten konnten ihre Ernte erst dann einbringen, nachdem das Schwingopfer vor Gott gebracht und von ihm angenommen wurde. In ähnlicher Weise wurde der heilige Geist zu Pfingsten auf die Jünger ausgegossen, nachdem Jesus zu seinem himmlischen Vater aufgefahren war (Apostelgeschichte 1,1-8; 2,1-4). Jesus hatte seinen Jüngern gesagt, daß er sie verlassen müsse, bevor sie den heiligen Geist als Tröster erhalten würden (Johannes 16,5-14).

Nach seiner Auferstehung wies Jesus Christus seine Nachfolger an, ihn nicht zu berühren, da er noch nicht zu seinem Vater im Himmel aufgefahren sei (Johannes 20,17). Erst nachdem Jesus zum Vater aufgefahren war und zu seinen Jüngern wieder zurückgekehrt war, durften sie ihn berühren (Verse 19, 26, 27).

Der Apostel Paulus beschreibt Jesus, unser auferstandenes Schwingopfer, wie folgt: „Seid ihr nun mit Christus auferstanden, so sucht, was droben ist, wo Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes ... Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott. Wenn aber Christus, euer Leben, sich offenbaren wird, dann werdet ihr auch offenbar werden mit ihm in Herrlichkeit“ (Kolosser 3,1. 3-4). Paulus ermahnt uns, daß unser Hoherpriester uns in der Gegenwart Gottes vertritt und daß wir durch ihn vom Vater angenommen werden.

Symbole des Schwingopfers weisen auf Christus hin

Zusätzlich zum Schwingopfer selbst wiesen die anderen Opfer und Riten, die Gott in Verbindung mit dem Schwingopfer anordnete, alle auf Jesus Christus hin. Jesus wurde durch ein einjähriges Schaf ohne Fehler dargestellt (3. Mose 23,12), das ein Sinnbild für seine Reinheit war. Der Apostel Johannes nannte Jesus „Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt“ (Johannes 1,29).

Außerdem wurde Jesus durch das feine Mehl dargestellt (3. Mose 23,17), symbolisch für die Schläge, Geißelung und Leiden, durch die er vollendet wurde (Hebräer 5,8-9). Dieses feine Mehl sollte „mit Öl vermengt werden“ (Vers 13), das auf den heiligen Geist hinweist, der Jesus uneingeschränkt zur Verfügung stand: „Denn der, den Gott gesandt hat, redet Gottes Worte; denn Gott gibt den Geist ohne Maß“ (Johannes 3,34).

Das Lamm sollte ein Brandopfer sein und im Feuer vollständig verbrannt werden (Vers 12). In der gleichen Weise wurde Jesus Christus geprüft, und er unterwarf sich ganz dem Willen Gottes und ließ sich als Sühneopfer für uns töten (Hebräer 10,12).

Sein Opfer war ein „lieblicher Geruch“ vor Gott (Epheser 5,2; 3. Mose 23,13), weil Jesus sich bereitwillig und bedingungslos für die Sünden der Menschen opfern ließ. Das Trankopfer von Wein (Vers 13) versinnbildlichte das Blut Jesu, das für unsere Sünden vergossen wurde (Matthäus 26,27-28; 1. Johannes 1,7).

Der Wochentag, an dem das Schwingopfer gebracht wurde, wies auf Christus hin. Geschichtliche Überlieferungen berichten, daß die Garbe am Samstagabend, mit dem der erste Tag der Woche begann, geerntet wurde. Am nächsten Tag, dem ersten Tag der Woche (Sonntag) während des Festes der Ungesäuerten Brote, wurde es vor Gott gewoben (3. Mose 23,11).

Wie bereits erwähnt, erlaubte Jesus Christus nach seiner Auferstehung seinen Nachfolgern, ihn zu berühren, erst nachdem er zu seinem himmlischen Vater aufgefahren war (Johannes 20,17). Später am gleichen Tag, nachdem er in den Himmel gefahren war, durften sie ihn anfassen (Verse 19, 26, 27).

Das ereignete sich am ersten Tag der Woche (Vers 19), am Sonntag während des Festes der Ungesäuerten Brote (Matthäus 26,2. 17; 28,1). Das Schwingopfer sagte den genauen Wochentag voraus, an dem Jesus Christus mehr als 1400 Jahre nach der Einführung des Opfers zum Vater in den Himmel auffuhr, um als unser Sühneopfer angenommen zu werden.

Diese erstaunlichen Parallelen vermitteln uns ein viel tieferes Verständnis von der Bedeutung des Schwingopfers, das Gott anordnete. Wenn wir vor dem Hintergrund dieser Symbolik 3. Mose 23, Verse 10-14 lesen, begreifen wir die Details bei der Planung Gottes für die Errettung der Menschheit besser. Ohne einen Erlöser, der sein Leben für uns opferte und von den Toten wieder zum Leben erweckt wurde, könnte es keine spätere Ernte der Menschen geben.

Christi Zweck vorhergesagt

Fast 1500 Jahre später erklärte Jesus Christus den Zweck seines Kommens gegenüber seinen Jüngern. Dafür benutzte er die Analogie eines Weizenkorns: „Die Zeit ist gekommen, daß der Menschensohn verherrlicht werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht“ (Johannes 12,23-24). Diese bildliche Sprache verbindet Jesu Opfertod mit der Errettung aller Menschen: Weiteres Leben – mehr Kinder für die Familie Gottes – kann es nur geben, indem Jesus Christus sein eigenes Leben preisgab (Römer 8,29; Hebräer 2,10).

Die Symbolik des Schwingopfers im Hinblick auf Christus ist anders als die Symbolik des Passahopfers. Beide Opfer veranschaulichen unterschiedliche Aspekte seiner Verantwortung als Retter der Menschheit.

Während seiner Kreuzigung stellte Jesus fest, daß sein Opfer vollendet war: „Als nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! und neigte das Haupt und verschied“ (Johannes 19,30). Damit meinte Christus nicht, daß Gottes Plan für die Errettung der Menschheit mit seinem Tod vollendet war. Statt dessen meinte er das Opfer seines Lebens, das mit seinem Tod vollendet war. Sein Tod bedeutete, daß der Weg für die Versöhnung der Menschen mit dem himmlischen Vater nun frei war.

Über Jesu Opfer hinaus gibt es eine weitere, sehr wichtige Phase unserer Errettung, welche noch nicht abgeschlossen ist. Jesu Opfer allein rettet uns nicht, sondern schafft die Möglichkeit der Versöhnung mit Gott. Nachdem diese Versöhnung stattgefunden hat, setzt sich der Prozeß der Annäherung an Gott fort, die durch Jesu Tätigkeit als unser Hoherpriester möglich gemacht wird: „Denn wenn wir mit Gott versöhnt worden sind durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Feinde waren, um wieviel mehr werden wir selig werden durch sein Leben, nachdem wir nun versöhnt sind“ (Römer 5,10).

Das Passah ereignete sich vor dem Schwingopfer; die Versöhnung geht unserer endgültigen Errettung voraus. Wir werden durch Jesu Leben als auferstandener Sohn Gottes, als unser Hoherpriester gerettet.

Wenn wir Pfingsten halten, sollen wir an die Bedeutung des Schwingopfers denken. Ohne das wahre Schwingopfer Jesus hätten wir nicht den heiligen Geist, noch die Gemeinde, noch die Hoffnung auf das ewige Leben.

Durch die Festtage und ihre Bedeutung versichert Gott uns jedes Jahr aufs Neue, daß wir die Verheißung des ewigen Lebens durch den heiligen Geist haben. Diese Verheißung wird eines Tages Wirklichkeit werden, weil Gott Jesus Christus als Erstling von den Toten auferweckte und ihn als Schwingopfer annahm, als unseren Hohenpriester.

Warum eine Zeitspanne von 50 Tagen?

Angefangen mit dem Tag, an dem das Schwingopfer dargebracht wird, sollen wir 50 Tage zählen und am 50. Tag Pfingsten als heiligen Festtag Gottes begehen (3. Mose 23,15-16). Pfingsten versinnbildlicht wichtige Ereignisse in Gottes Plan für die Menschheit. Dazu gehören die erstmalige Ausgießung des heiligen Geistes und die Gründung der Kirche Gottes, die sich aus vom Geist erfüllten Christen zusammensetzt.

Diese Ereignisse werden in Apostelgeschichte 2 beschrieben, als das erste Pfingstfest nach der Auferstehung Christi gehalten wurde. Jedes fünfzigste Jahr war ein Erlaßjahr (3. Mose 25,28), das auch als „Jahr der Freilassung“ bezeichnet wird (Hesekiel 46,17).

Alle 50 Jahre, beim Erlaßjahr, kehrte verpachtetes Eigentum in den Besitz der ursprünglichen Eigentümer zurück (3. Mose 25,8-38). Diese Maßnahme verhinderte, daß Armut eine Familie mehrere Generationen plagte. Das Erlaßjahr wurde als Befreiung gefeiert (Vers 10).

Die Zahl 50 versinnbildlicht daher vollständige Befreiung von Sklaverei, ein Thema, das häufig bei der Symbolik der Feste Gottes vorkommt. Das Passah und das Fest der Ungesäuerten Brote erinnern an die Befreiung Israels von der Sklaverei in Ägypten und zeigen uns unsere Befreiung von der Sünde und dem Tod durch Jesus Christus. Als Thema setzt sich die Befreiung von der Gefangenschaft auch beim Schwingopfer und dem Pfingstfest fort.

Das Erlaßjahr (50 Jahre) und Pfingsten (50 Tage) weisen eine ähnliche Symbolik auf; beide weisen auf ähnliche Segnungen Gottes hin. Gott offenbart seinen wunderbaren Heilsplan durch die Sinnbilder von Riten, Ernten und seinen Festtagen. Wer ein tieferes Verständnis des Vorhabens Gottes haben möchte, wird deshalb seine gebotenen Festtage halten (Psalm 111,10).