„Laßt euch nun von niemandem ein schlechtes Gewissen machen“

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Sie fragten, wie wir die Ermahnung des Apostels Paulus verstehen, wonach wir uns in Fragen des Sabbats kein Gewissen machen lassen sollen. Anscheinend sind Sie der Meinung, daß diese Ermahnung gegen das Halten des Sabbats spricht.

In seinem Brief an die Christen in Kolossä, die mehrheitlich keine Juden waren, schrieb der Apostel Paulus: „So richte euch nun niemand wegen Speise oder Trank oder betreffs eines Festes oder Neumondes oder Sabbats“ (Kolosser 2,16-17; Elberfelder Bibel). Mehr als jede andere Schriftstelle wird dieser Vers von denjenigen, die Gottes Sabbat ablehnen, als Bestätigung interpretiert, daß der Sabbat nicht mehr gehalten werden muß. Bedauerlicherweise basieren solche Auslegungen auf mangelhafter Recherche und irreführenden Übersetzungen der ursprünglichen Worte von Paulus.

Aus dem Zusammenhang entnehmen wir, daß sich Paulus in diesem Abschnitt mit einer örtlichen Irrlehre auseinandersetzt. Dadurch bestätigt und erläutert er den Wert der göttlichen Festtage für Christen. Er erklärt, daß sie in Wirklichkeit „ein Schatten des Zukünftigen“ sind. Mit anderen Worten: Gottes Feste konzentrieren sich auf die Zukunft und bringen Gottes Plan direkt mit dem Auftrag in Verbindung, den Gott seiner Kirche gegeben hat. Sehen wir nun, was Paulus in diesem Vers eigentlich über Sabbate, Neumonde und „Feste“ sagt.

Zunächst geht es darum, daß Paulus gegen eine örtliche Irrlehre ankämpfte. Falsche Lehrer hatten ihre eigene religiöse Philosophie eingeführt, die eine Mischung jüdischer und asketischer, heidnischer Vorstellungen war. Ihre verkehrten Ideen gründeten sich auf „die Lehre von Menschen“ und „die Mächte der Welt“, nicht auf das Wort Gottes. Paulus mußte also die Kolosser vor solchen Einflüssen warnen: „Seht zu, daß euch niemand einfange durch [solcher Art] Philosophie und leeren Trug, gegründet auf die Lehre von Menschen und auf die Mächte der Welt und nicht auf Christus“ (Vers 8). Jesus hatte zu einem früheren Zeitpunkt den Pharisäern ähnliches vorgehalten, denn sie hatten ihren Traditionen größere Wichtigkeit beigemessen als den Geboten Gottes (Markus 7,8-9. 13).

Paulus ermahnte die Kolosser, sich auf Jesus als Oberhaupt der Kirche zu konzentrieren (Kolosser 1,18; 2,10. 19). Diese falschen Lehrer wollten sie aber davon überzeugen, Engel zu verehren (2,18) und ihre eigenen Körper zu vernachlässigen (Vers 23). Solche Ideen werden nirgends in der Bibel gelehrt.

Die Verführer versuchten die Kolosser davon zu überzeugen, klare biblischen Anweisungen zugunsten der „Überlieferung von Menschen“ (Markus 7,8; Elberfelder Bibel). Welche Art verführerischer Bestimmungen prangerte Paulus an? „Du sollst das nicht anfassen, du sollst das nicht kosten, du sollst das nicht anrühren ... Es sind Gebote und Lehren von Menschen“ (Verse 21-22). Die Ketzer propagierten eigene Regeln, die mit physischen Dingen zu tun hatten, die „doch verbraucht und verzehrt werden“ (Vers 22).

Die Ketzer in Kolossä waren die Vorläufer einer großen Irrlehre, die sich zum Gnostizismus entwickelte und im zweiten nachchristlichen Jahrhundert gedieh. Sie waren also keine Vertreter der jüdischen Mehrheit, noch waren sie der Heiligen Schrift treu. Ihre Philosophie regte an, „den Leib nicht zu schonen“ (Vers 23), um durch Askese ein erhöhtes geistliches Bewußtsein und so auch das Heil zu erlangen. Sie scheinen auch Engel angebetet zu haben (Vers 18).

Mit ihren menschlichen Vorschriften lehnten die Ketzer in Kolossä den Genuß alles Physischen ab – alles, was angefaßt, geschmeckt oder behandelt werden konnte (Verse 21-22), besonders dann, wenn es im Zusammenhang mit der Anbetung Gottes geschah. Dies betraf auch das Essen und Trinken an Gottes Festtagen (5. Mose 12,17-18).

Als Paulus schrieb, daß sich die Kolosser kein „schlechtes Gewissen ... wegen Speise und Trank“ machen lassen sollten, ging es nicht um die Frage, welche Speisen sie essen sollten. Das griechische Wort brosis, übersetzt mit „Speise“, bedeutet „das Essen als Tätigkeit“, nicht die Art der Speisen (Vine’s Complete Expository Dictionary of Old and New Testament Words, 1985, Stichwort „Food“).

Die Irrlehrer verachteten nämlich das freudige Essen und Trinken, das anläßlich der Feste Gottes angebracht ist. Deshalb ermahnte Paulus die Christen in Kolossä, sich nicht von solchen Einwänden gegen das freudige Essen und Trinken an Sabbaten, Festtagen und Neumonden beeinflussen zu lassen.

An dieser Stelle ist ein Hinweis auf den Zusammenhang zwischen Neumonden und Gottes Festtagen angebracht. Die Termine für Gottes Festtage werden nach dem Mondzyklus festgelegt. Deswegen sind Neumonde, die den Anfang der Monate bestimmen, wichtig, um die Festtage festzulegen.

Im Gegensatz zu Gottes Festtagen gebietet die Bibel jedoch nicht das Halten von Neumonden. Nach der Wiederkehr Jesu wird der Brauch, den Anfang des Monats besonders zu begehen, wieder eingeführt werden (Jesaja 66,23). Es gibt jedoch kein biblisches Gebot, diese Neumonde heute zu halten.

Nun zurück zu dem Hauptanliegen von Paulus: Die Irrlehrer in Kolosser hatten keine Autorität zu bestimmen, wie die Kolosser die Feste Gottes halten sollten. Deswegen sagte Paulus: „So richte euch nun niemand wegen Speise oder Trank oder betreffs eines Festes oder Neumondes oder Sabbats“ (Vers 16, Elberfelder Bibel). Paulus weist sie an, falsche menschliche Urteile und nicht Gottes Sabbat oder Festtage abzulehnen.

Das Wort „betreffs“ ist die Übersetzung des griechischen Wortes meros mit der Bedeutung „ein Teil von“ oder „bezüglich eines Teils“. Eine zutreffendere Übersetzung der Worte des Paulus wäre deshalb: „So richte euch nun niemand ... betreffs eines Teils eines Festes oder Neumondes oder Sabbats.“

Paulus benutzt meros („Teil“), um alle Aspekte von Gottes Festtagen abzudecken, die die Irrlehrer in Kolossä verurteilen konnten. Dazu gehörten Essen und Trinken, die nach der Heiligen Schrift ein angemessener Teil des Haltens der Fest- und Sabbattage sind. Mit keinem Wort will Paulus sagen, daß Gottes Sabbat bzw. seine Festtage abgeschafft sind. Statt dessen Paulus kritisiert den Einfluß der Ketzer.

Gottes Festtage sind eine gebotene Zeit der Freude und des Feierns für die ganze Familie (5. Mose 12,5. 7; 14,26). Gott möchte, daß wir uns an diesen Tagen erfreuen! Es ist daher kein Wunder, daß Paulus die asketische Ketzerei in Kolossä mit soviel Nachdruck verurteilt.

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