Der wohl älteste Stadtteil von Jerusalem ist die Davidsstadt,
im Südosten des Stadtgebiets gelegen. Konnten die archäologischen Arbeiten der letzten 150 Jahre in der Davidsstadt Bestätigungen für die Richtigkeit der Bibel ans Tageslicht fördern?

Von Dr. Rick Sherrod

Die Archäologie hat uns mehr als jede andere Wissenschaftsdisziplin ein tiefes Eindringen in die geschichtlichen Überlieferungen der Bibel ermöglicht. Zu den spektakulärsten Artefakten, die sie zutage gefördert hat, gehören Funde in der sogenannten Davidsstadt, einem Gebiet im südöstlichen Teil des heutigen Jerusalem mit einer Fläche von ca. 250 Hektar.

Von der ersten Untersuchung im Jahre 1838, die von dem Amerikaner Edward Robinson durchgeführt wurde, bis zu den weitläufigen Ausgrabungen des Yigal Shiloh zwischen 1978 und 1982, hat die Archäologie immer mehr und immer dramatischere Beweise für die Richtigkeit des Alten und des Neuen Testamentes ans Licht gebracht.

Obwohl dieser Teil Jerusalems nach David benannt ist, wurden hier bisher nicht viele Funde gemacht, die aus der Zeit Davids stammen. Der Archäologe R. A. S. Macalister leitete z. B. in den 1920er Jahren zwar ein Ausgrabungsprojekt mit dem Namen „Davidsturm“, doch nur die untersten untersuchten Schichten stammten aus Davids Zeit. Der Hauptteil der freigelegten Festung wurde beim Makkabäeraufstand im zweiten Jahrhundert vor Christus erbaut.

Das soll aber nicht heißen, dass es keine bedeutenden Funde aus der Zeit Davids gibt. Archäologische Arbeiten in der Davidsstadt bestätigten biblische Geschichten aus der Zeit Davids, so z. B. eine von der britischen Archäologin Kathleen Kenyon im Jahre 1961 geleitete Ausgrabung. Sie fand ein wichtiges Bauwerk aus der Zeit Davids: die Schutzmauer Jerusalems, die von den Jebusitern errichtet wurde, als David gegen Ende des elften Jahrhunderts v. Chr. die Stadt eroberte (siehe 2. Samuel 5,6-7).

Davids listiger Krieger

Ein von vielen Archäologen untersuchter Fund hat die faszinierenden Spekulationen über das Eindringen Joabs in die Stadt bestätigt. Diese Heldentat geschah zu Beginn der Herrschaft Davids über alle zwölf Stämme Israels (2. Samuel 5). David hatte die Führung über Israels Heer als Belohnung für denjenigen ausgesetzt, der Jerusalem eroberte.

Seinem Neffen Joab gelang das schier Unmögliche, indem er durch einen „Schacht“ (Vers 8) hinaufstieg. Das hier zugrundeliegende hebräische Wort zinnor wird sonst nur noch in Psalm 42, Vers 8 verwendet, wo es mit „Fluten“ wiedergegeben wird.

Wahrscheinlich ist der „Schacht“, durch den Joab hinaufstieg, mit dem unterirdischen jebusitischen Wasserschacht gleichzusetzen, der 1867 vom englischen Hauptmann Charles Warren entdeckt wurde. Es ist nicht auszuschließen, dass Joab einen anderen unterirdischen Gang fand, der zu diesem Schacht führte und durch den er dann in die Stadt hinaufstieg.

Im Rahmen eines Forschungsprojektes unter Hauptmann Montague Parker (1909-1911) machte ein Mitglied des Forscherteams die Probe aufs Exempel und wies damit nach, dass so etwas zumindest möglich gewesen sein könnte. Die Archäologen sind sich noch nicht einig darüber, ob sie mit diesen Funden tatsächlich den Schacht gefunden haben, den Joab benutzte. Der Zusammenhang zwischen dem biblischen Bericht und diesem geologischen Merkmal der Stadt könnte dafür schon von Bedeutung sein.

Ein weiterer wichtiger Fund unterhalb der Davidsstadt, zu dem viele Touristen pilgern, ist der Tunnel Hiskias. Diese unterirdische Wasserleitung gilt als Werk des jüdischen Königs und religiösen Erneuerers Hiskia, der im achten Jahrhundert vor Christus lebte (2. Könige 20,20; 2. Chronik 32,2-4). Edward Robinson war der erste, der ihn in der Neuzeit erforscht hat. Inzwischen sind viele Wissenschaftler und Touristen den Fußtapfen Robinsons gefolgt. Auch in diesem Fall sind verschiedene Deutungen möglich. Denkbar ist auch, dass dieser Tunnel Teil der umfassenden Verteidigungsanstrengungen war, die gegen Ende des achten vorchristlichen Jahrhunderts in Vorbereitung auf einen assyrischen Einfall ins Nordreich Israel und später ins Südreich Juda unternommen wurden.

Der Angriff gegen Juda wird in 2. Könige 18, Verse 9-19 und 37 und Jesaja, Kapitel 36-37 beschrieben. Die Entdeckung, die Nahaman Avigad im Jahre 1970 bei Ausgrabungen gemacht hat, wird allgemein mit der Angabe von 2. Chronik 32, Vers 5 in Verbindung gebracht, wonach Hiskia die Stadtmauer Jerusalems erheblich ausbaute.

Hiskia reagierte damals auf eine unmittelbare militärische Bedrohung. Diese manifestiert sich noch heute in den Resten einer Mauer, die sich weit über die Grenze der Davidsstadt hinaus nach Süden und nach Westen erstreckte (Jesaja 22,9-11).

Dieser Ausbau der Stadtmauer lässt darauf schließen, dass sich in den Jahren vor der assyrischen Invasion immer mehr Israeliten in Jerusalem ansiedelten.

Darunter waren sicherlich auch viele Flüchtlinge aus dem Nordreich, das zu dieser Zeit von den Assyrern eingenommen wurde. Auch Juden vom Hinterland dürften in der befestigten Hauptstadt Zuflucht gesucht haben.

Wir dürfen annehmen, dass Hiskia, wohl wissend, dass ein assyrischer Angriff bevorstand, Maßnahmen ergriff, um eine sichere Wasserversorgung für den Fall einer Belagerung Jerusalems sicherzustellen. Als die Truppen des assyrischen Herrschers Sanherib das Land überrannten, zeigte sich, wie klug dies war. Biblische Berichte stimmen mit Angaben auf dem sogenannten Taylor-Tonzylinder überein, wonach sich Hiskia, zumindest zeitweilig, in einem Zustand „wie ein Vogel im Käfig“ befand. Dieser Tonzylinder stammt aus dem Archiv Sanherib und beschreibt die Belagerung Jerusalems aus assyrischer Sicht.

Eine bedeutsame Inschrift

Der Tunnel Hiskias windet sich von der Gihon-Quelle, die vor der nordöstlichen Mauer der Davidsstadt liegt, über eine Länge von 565 Metern zum Teich Siloam hinunter. Eine hebräische Inschrift in der Wand des Tunnels berichtet, wie der Fels gleichzeitig von beiden Richtungen ausgehauen wurde. Die Inschrift markiert genau die Stelle, wo die Arbeitermannschaften bei diesem bemerkenswerten Projekt aufeinander trafen.

Als die Inschrift 1880 in der Nähe des Siloam-Teichs entdeckt wurde, wies sie nur kleine Lücken auf. Die „Siloam-Inschrift“, die heute im Museum des Alten Orients in Istanbul zu bewundern ist, lautet:

„Der Durchbruch beim Tunnelbau. So wurde der Durchbruch geschafft. Als . . . noch mit der Axt . . . jeder in Richtung seines Kumpels . . . Als die Trennwand drei Ellen dick war, hörte man, wie einer dem andern durch den Fels hindurch zurief. Denn eine Überschneidung gab es nach links und rechts. Beim Durchbruch hieben die Arbeiter mit der Axt, jeder auf den andern zu, Axt gegen Axt. Das Wasser floss von der Quelle 1200 Ellen bis zum Reservebecken. Der Fels über den Köpfen der Arbeiter war hundert Ellen hoch.“

Die Bibel, die von diesem Bauwunder berichtet, sagt hierzu: „Was mehr von Hiskia zu sagen ist und alle seine tapferen Taten und wie er den Teich und die Wasserleitung gebaut hat, durch die er Wasser in die Stadt geleitet hat, siehe, das steht geschrieben in der Chronik der Könige von Juda“ (2. Könige 20,20).

Damit haben wir nur eine kleine Auswahl der bedeutsamen archäologischen Entdeckungen genannt, die bisher in und um die Davidsstadt gemacht wurden. Der Christ darf für solche archäologischen Ergebnisse dankbar sein, sind sie doch eine Bestätigung für die geschichtliche Richtigkeit des Wortes Gottes.

In späteren Folgen dieser Artikelreihe berichten wir ausführlicher über Hiskias Wassertunnel und auch über die Stadt Jerusalem zur Zeit Jesu Christi und seiner Apostel.