Archäologie und Jesus:
Jesus predigt in Galiläa

Obwohl der Zeitraum mit weniger als 100 Jahren verhältnismäßig kurz ist, hat die Archäologie uns viel über das Leben und die Zeit des Jesus von Nazareth und seiner Apostel zu berichten.

Von Mario Seiglie

In der Juli-August-Ausgabe der Guten Nachrichten haben wir geschichtliche und archäologische Beweise untersucht, die uns dabei helfen, die Zeit, in der Jesus Christus geboren wurde und bei Josef und Maria aufwuchs, besser zu verstehen. Wir setzen unsere Artikelreihe mit dem Beginn des Wirkens von Jesus von Nazareth fort. Nach einer kurzen Abhandlung über Jesu Kindheit gehen die Evangelien direkt zu seinem öffentlichen Auftreten über. Im Lukasevangelium lesen wir: „Jesus war, als er auftrat, etwa dreißig Jahre alt“ (Lukas 3,23).

Archäologen datieren den Anfang der Botschaft Christi allgemein auf das Jahr 27 n. Chr. „Der Beginn von Jesu öffentlichem Auftreten“, schreibt der Archäologieprofessor John McRay, „wird durch den Synchronismus [chronologisches Arrangement von Ereignissen und Menschen] im Lukasevangelium datiert. Das Datum 27 n.  Chr. scheint wahrscheinlich ... Die Daten, die von Lukas erwähnt werden, sind ziemlich gut nachgewiesen“ (Archaeology and the New Testament, 1997, Seite 160).

Nazareth, die Heimatstadt Jesu

Zu Anfang konzentrierte sich das öffentliche Auftreten von Jesus Christus auf die hügelige Landschaft um Galiläa und seine Heimatstadt Nazareth. „Und er kam nach Nazareth, wo er aufgewachsen war, und ging nach seiner Gewohnheit am Sabbat in die Synagoge und stand auf und wollte lesen“ (Lukas 4,16).

Während des letzten Jahrhunderts haben archäologische Ausgrabungen die neutestamentlichen Beschreibungen über Nazareth als kleine, unbedeutende Stadt bestätigt. Die Evangelien berichten, wie einer der Jünger, Nathanael aus dem nahegelegenen Kana, spottete: „Kann aus Nazareth etwas Gutes kommen?“ (Johannes 1,46; Elberfelder Bibel). Archäologen fanden heraus, daß es einmal ein landwirtschaftliches Dorf mit Wein- und Olivenpressen war, welches Höhlen, um Korn zu lagern, und Zisternen, um Wasser und Wein zu speichern, besaß.

Jesus predigte aber nur kurze Zeit in Nazareth. Als er die Synagoge betrat und offenbarte, daß er der Messias sei, verwarfen die Menschen dieser Stadt seine Botschaft und versuchten ihn zu töten. „Und alle, die in der Synagoge waren, wurden von Zorn erfüllt, als sie das hörten. Und sie standen auf und stießen ihn zur Stadt hinaus und führten ihn an den Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt gebaut war, um ihn hinabzustürzen. Aber er ging mitten durch sie hinweg. Und er ging hinab nach Kapernaum“ (Lukas 4,28-31).

Die Bibel offenbart, daß einige von Jesu eigenen Familienangehörigen nicht an ihn glaubten. Einmal dachten sie sogar, er sei verrückt geworden. „Und er ging in ein Haus. Und da kam abermals das Volk zusammen, so daß sie nicht einmal essen konnten. Und als es die Seinen hörten, machten sie sich auf und wollten ihn festhalten; denn sie sprachen: Er ist von Sinnen ... Und es kamen seine Mutter und seine Brüder und standen draußen, schickten zu ihm und ließen ihn rufen. Und das Volk saß um ihn. Und sie sprachen zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder und deine Schwestern draußen fragen nach dir. Und er antwortete ihnen und sprach: Wer ist meine Mutter und meine Brüder? Und er sah ringsum auf die, die um ihn im Kreise saßen, und sprach: Siehe, das ist meine Mutter und das sind meine Brüder! Denn wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter“ (Markus 3,20-21 bzw. 31-35; Hervorhebung durch uns).

Jesus beendete sein Predigen in Nazareth mit den Worten: „Wahrlich, ich sage euch: Kein Prophet gilt etwas in seinem Vaterland“ (Lukas 4,24).

Umzug nach Kapernaum

Nachdem er in seiner Heimatstadt Nazareth abgelehnt worden war, zog Christus nach Kapernaum, eine Stadt am Galiläischem Meer (See Genezareth). Die große Bevölkerung dieser Gegend lebte von einer blühenden Agrarwirtschaft und Fischindustrie.

„Ihre Erde“, schrieb der jüdische Historiker Josephus, „ist reich und fruchtbar und voller Plantagen mit allerlei Baumsorten. Durch ihre Fruchtbarkeit werden deshalb selbst die Trägsten angelockt, um die Mühen des Ackerbaus auf sich zu nehmen. So wird das ganze Land durch seine Bewohner bestellt und nicht eine Parzelle liegt brach“ (Geschichte des Jüdischen Krieges, Band III, Kapitel III, Abschnitt 2). Jesus zog viele seiner Gleichnisse und Beschreibungen aus dem Alltagsleben am Galiläischen Meer. Kapernaum, was „Dorf von Nahum“ bedeutet, wurde 1883 ausfindig gemacht und während des letzten Jahrhunderts umfassend untersucht. Was haben Archäologen gefunden?

John Laughlin, Religionsprofessor am Averett College in Virginia, USA, nahm an der Ausgrabung von Kapernaum teil. Er kommentiert: „Was bekannt ist, weist darauf hin, daß Kapernaum zu dieser Zeit ein kleines Dorf am Ufer des Galiläischen Meeres war, mit wahrscheinlich nicht mehr als 1000 Einwohnern. Die wenigen architektonischen Überbleibsel weisen darauf hin, daß die Gebäude weiträumig mit Fassadensteinen und viel Mörtel gut konstruiert waren. Dies läßt ahnen, daß das Dorf zur Zeit Jesu wirtschaftlich florierte. Seine Lage an den Kreuzungen wichtiger Handelsstraßen, das fruchtbare Umland und der reiche Fischbestand trugen alle zu seiner wirtschaftlichen Entwicklung bei“ (Biblical Archaeological Review, September-Oktober 1993, Seite 59).

Die Synagoge von Kapernaum

„Und er ging hinab nach Kapernaum, einer Stadt in Galiläa, und lehrte sie am Sabbat ... Und er machte sich auf aus der Synagoge und kam in Simons Haus. Und Simons Schwiegermutter hatte hohes Fieber, und sie baten ihn für sie ... Und als die Sonne untergegangen war, brachten alle ihre Kranken mit mancherlei Leiden zu ihm. Und er legte die Hände auf einen jeden und machte sie gesund“ (Lukas 4,31. 38. 40).

Archäologen fanden bei Kapernaum die Überreste einer wunderschönen Synagoge aus Kalkstein, die sie auf das 4. oder 5. Jahrhundert datieren. Was aber noch mehr Aufregung verursachte, war die Entdeckung in den 1960er Jahren, daß sich unter diesem Gebäude ein Fundament einer früheren Synagoge aus Basalt befand, die sich allem Anschein nach auf die Zeit Christi datieren läßt. Die Evangelien beinhalten sogar Einzelheiten darüber, wer die Synagoge von Kapernaum erbaute. „Nachdem Jesus seine Rede vor dem Volk vollendet hatte, ging er nach Kapernaum. Ein Hauptmann aber hatte einen Knecht, der ihm lieb und wert war; der lag todkrank. Als er aber von Jesus hörte, sandte er die Ältesten der Juden zu ihm und bat ihn, zu kommen und seinen Knecht gesund zu machen. Als sie aber zu Jesus kamen, baten sie ihn sehr und sprachen: Er ist es wert, daß du ihm die Bitte erfüllst; denn ... die Synagoge hat er uns erbaut“ (Lukas 7,1-5; Hervorhebung durch uns).

Es war damals jüdische Tradition, eine neue Synagoge auf dem Fundament einer älteren zu errichten. Der Archäologe Hershel Schanks erklärt: „Tonscherben, die in und unter diesem Basaltboden gefunden wurden, datieren den Basaltbau eindeutig auf das 1. Jh. n. Chr. oder früher. Da sich die Lage einer Synagoge im Altertum selten änderte, muß dieses Basaltgebäude, welches eng mit dem Plan der späteren Kalksteinsynagoge übereinstimmt, also eine Synagoge sein. Sehr wahrscheinlich ist sie diejenige, in der Jesus predigte“ (Biblical Archaeological Review, November-Dezember 1983, Seite 27).

Petrus’ Haus entdeckt?

Zwischen dieser Synagoge und dem nahegelegenen See haben Archäologen das Fundament eines Hauses gefunden, das viele für die Überreste des Hauses des Apostels Petrus halten. Petrus verdiente seinen Lebensunterhalt zusammen mit seinem Bruder als Fischer auf dem Galiläischen Meer (Matthäus 4,18). Matthäus berichtet, daß Petrus ein Haus in Kapernaum besaß, in welchem Jesus dessen Schwiegermutter heilte (Matthäus 8,5. 14-15).

Die Untersuchung der Überreste eines nahegelegenen achteckigen Baus mit einem Mosaikfußboden erfolgte im Jahr 1968. Während der byzantinischen Zeit wurden solche Gebäude oft an Stellen errichtet, die man für bedeutende religiöse Stätten hielt.

Archäologen datieren diesen Bau auf das fünfte Jahrhundert. Darunter fanden sie eine frühere Kirche, die sie aufgrund von Schriften und Malereien an den Wänden auf das 4. Jh. einschätzen. Die zentrale Halle dieser Kirche „gehörte zu einem früheren Haus, dessen Errichtung auf Mitte des 1. Jh. n. Chr. eingestuft wird“ (McRay, Seite 164).

„Das Haus aus dem ersten Jahrhundert hatte zwei Innenhöfe, mit einem Hauptausgang. Man fand in diesem Innenhof einen runden Ofen, was darauf hinzuweisen scheint, daß es sich hier um einen zentralen Familienort handelt. Der südliche Innenhof könnte für Tiere oder als Arbeitsplatz benutzt worden sein. Sowohl in der Größe als auch in den Baumaterialien glich das Haus keinem anderen, das in Kapernaum gefunden wurde“ (McRay, Seite 164-165).

Sonst jedoch unterschied sich dieses Haus sehr von anderen. Irgendwann in seiner frühen Geschichte war der große Mittelraum verputzt worden. Es ist bisher das einzig entdeckte Haus in Kapernaum mit verputzten Wänden. Die Wände und Böden weisen noch zwei weitere Putzschichten aus späteren Zeiten auf. „In der Mitte des ersten Jahrhunderts wurden nicht mehr nur allein die typische Sammlung an Tongefäßen für den Haushalt verwendet. Nach dieser Zeit fand man Lagergefäße und Öllampen. Der Raum wurde wahrscheinlich nicht mehr allein zum Wohnen genutzt. Von diesem Zeitpunkt an bis ins vierte Jahrhundert waren mehr als 100 Inschriften in Griechisch, Syrisch, Hebräisch, Aramäisch und Latein in die Wände geritzt worden ...

Irgendwann nach dem ersten Jahrhundert waren zwei Säulen ergänzt worden, um ein Dach über dem großen Hauptraum zu errichten, was eine beeindruckend hohe Zimmerdecke schuf. Die achteckige Kuppel aus dem fünften Jahrhundert war so gestaltet, daß sich die Mitte der Kuppel direkt über diesem Raum befand. Heute vorliegende Hinweise scheinen darauf hinzudeuten, daß diese Kapelle über einem Haus errichtet wurde, welches in der Mitte des ersten Jahrhunderts für öffentliche Zwecke genutzt worden war. Es wurde zu einer Kirche gestaltet und irgendwann als das Haus von Petrus verehrt. Es wäre nicht vernünftig, die Zeit darüber hinaus zu datieren“ (McRay, Seite 165-166).

Am Galiläischen Meer

Die Evangelien berichten auch von den meteorologischen Bedingungen am Galiläischem Meer. „Und sie [die Jünger] ließen das Volk gehen und nahmen ihn [Jesus] mit, wie er im Boot war, und es waren noch andere Boote bei ihm. Und es erhob sich ein großer Windwirbel, und die Wellen schlugen in das Boot, so daß das Boot schon voll wurde“ (Markus 4,36-37).

Da die meisten Jünger Christi in der Nähe des galiläischen Meeres lebten, war es nicht überraschend, daß viele von ihnen als Fischer arbeiteten. Die Evangelien berichten von dem Leben, der Arbeit und den gelegentlichen Gefahren, die das Fischen auf dem See mit sich brachten. Warum aber gab es ab und zu heftige Stürme auf dem gewöhnlich doch so ruhigen großen See?

„Wir erkennen oft nicht“, erklärt der Geograph George Adam Smith, „daß unser Herr die meiste Zeit buchstäblich im tiefsten Graben gedient hat, ungefähr 207 m unter dem Meeresspiegel ... Die kalten Luftströme aus dem Westen werden in Luftstrudel gesogen, die über dem See brechen. So können die in dieser Gegend bekannten heftigen Stürme aufkommen“ (The Historical Geography of the Holy Land, 1931, Seite 286).

Einige, die den biblischen Bericht über die plötzlich aufkommenden Stürme anzweifelten, wurden damit überrascht. William Barclay bemerkt: „Dr. W. M. Christie, der viele Jahre in Galiläa verbrachte, erzählte von einer Besuchergruppe, die am Ufer des Sees stand. Angesichts der ruhigen Wasseroberfläche und der geringen Größe des Sees drückten die Touristen ihre Zweifel gegenüber dem Auftreten solcher in den Evangelien beschriebenen Stürme aus. Fast im selben Moment kam ein starker Wind auf. Innerhalb von zwanzig Minuten war der See mit weiß gekrönten Wellen bedeckt. Große Wellen brachen über die Ecktürme der Stadtmauer und die Touristen mußten, obwohl sie sich jetzt ca. 180 m vom Ufer entfernt befanden, sich einen Unterschlupf vor dem sichtnehmenden Sprühnebel suchen. In weniger als einer Stunde war aus dem wolkenlosen Sonnenschein ein wütender Sturm geworden. So geschah es auch gelegentlich zur Zeit Jesu und seiner Jünger“ (Daily Bible Study Commentary, Bible Explorer Software).

Ein Fischerboot aus Jesu Zeiten

Vor ein paar Jahren gruben Archäologen ein Fischerboot aus, das sie auf die Zeit Christi datierten.

„Ein Boot, wie es Jesus und die Jünger verwendeten, wurde im Januar 1986 tief im Schlamm vergraben am nördlichen Ufer des Galiläischen Meeres gefunden“, schrieb der Archäologe John McRay. „Es ist das erste Arbeitsboot, das man je auf einem Binnensee im gesamten Mittelmeerraum fand. Das Boot aus der Zeit des 1. Jh. v. Chr. bis Mitte des 1. Jh. n. Chr. wurde im Februar desselben Jahres ausgegraben. Es war ca. 8 m lang, 2,3 m breit und 1,4 m hoch. Damit bot es Platz für fünfzehn Männer ... Ursprünglich hatte es einen Segelmast und zwei Ruder auf jeder Seite. Jesus und seine Jünger fanden in einem solchen Boot leicht Platz und die Evangelien berichten sehr häufig davon“ (McRay, Seite 170).

Viele Einzelheiten aus den Evangelien, wie z. B. die Fangmethoden und der Gebrauch verschiedener Netze, geben eine präzise Beschreibung der Zeit Jesu wieder. Als Christus sagte: „Wiederum gleicht das Himmelreich einem Netz, das ins Meer geworfen ist und Fische aller Art fängt“ (Matthäus 13,47), bezog er sich auf die verbreitetste Fangmethode des kommerziellen Fischfangs seiner Zeit – den Einsatz eines Schlagnetzes.

Der Historiker und Fischer Mendel Nun, der 1993 über 50 Jahre am Galiläischen Meer gelebt hatte, schreibt: „Das Schlag- oder Schleppnetz ist das älteste bekannte Fischnetz. Bis vor kurzem war es die wichtigste Fangmethode auf dem See ... [Das Netz] entspricht genau der Funktion des Schlagnetzes. Es wird auf dem See ausgebreitet und dann ans Ufer gezogen. Dabei werden allerlei Fischsorten gefangen und von den am Ufer sitzenden Fischern sortiert. Mit den ‚schlechten‘ ist der schuppenlose Wels gemeint, der nach jüdischem Gesetz verboten ist zu essen und noch nicht einmal zum Verkauf angeboten wird“ (Biblical Archaeology Review, November-Dezember 1993, Seite 52).

Das Matthäusevangelium, Kapitel 4, Vers 18, beschreibt ein weiteres Netz. „Als nun Jesus am Galiläischen Meer entlang ging, sah er zwei Brüder, Simon, der Petrus genannt wird, und Andreas, seinen Bruder; die warfen ihre Netze ins Meer; denn sie waren Fischer.“ Hier ist die Rede von einem Wurfnetz, welches von einem einzelnen Fischer benutzt wird. Es ist rund, mit einem Umfang von ungefähr 6 m. An den Rändern sind Senkbleie befestigt.

„Wie das Schlagnetz“, kommentiert Mendel Nun, „wird das Wurfnetz seit uralten Zeiten benutzt. In ägyptischen Gräbern, die auf das 2. Jahrtausend v. Chr. datiert werden, wurden vollständig erhaltenen Wurfnetze gefunden. Im Galiläischen Meer fanden zwei verschiedene Arten Verwendung, ein Netz für große Fische und ein anderes für Sardinen“ (ebenda, Seite 53).

Es ist kein Wunder, daß dieser jüdische Fischerexperte folgendes über die Evangelien sagt: „Ich bin immer wieder überrascht, wie genau die Autoren des Neuen Testaments die Naturphänomene auf dem See beschreiben“ (ebenda, Seite 47).

Die Hochzeit in Kana

„Und am dritten Tage war eine Hochzeit in Kana in Galiläa ... Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen ... Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maße“ (Johannes 2,1-2. 6).

Interessant bei diesem Hochzeitsbericht ist die Erwähnung der großen steinernen Wasserkrüge. In der antiken Welt wurden solche großen Behälter normalerweise aus Ton oder Holz gefertigt. Große Krüge aus Stein zu meißeln war ein viel zu großer und teurer Aufwand. Weisen die erwähnten Krüge auf eine Zeit hin, in der die Reinheitsgesetze sich so sehr durchgesetzt hatten, daß diese Gefäße in Israel weit verbreitet waren?

„Bis vor kurzen beschäftigten sich Historiker, die sich mit der späten Zeit des zweiten Tempels befaßten, mit dieser Frage“, schreibt der israelische Archäologe Yitzhak Magen. „Tatsächlich haben neueste Ausgrabungen bestätigt, daß rituelle Reinheit in dieser Zeit für alle Juden aus allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Schichten wichtig war ... Steingefäße hielt man für immun gegen Unreinheiten, und der weit verbreitete Gebrauch weist auf ein erhöhtes Interesse an ritueller Reinheit unter allen Juden hin ...

Große Gefäße – manchmal aus Steinblöcken gefertigt, die fast 400 Kilogramm wogen – wurden auf sehr massiven Drehbänken hergestellt. Einige dieser Krüge dienten zur Aufbewahrung von rituell reinem Wasser, das zum Waschen der Hände benutzt wurde. Ein Beispiel dafür findet man in der neutestamentlichen Geschichte, die beschreibt, wie Jesus in Kana Wasser zu Wein verwandelte ... Solche Steinkrüge wurden an über 60 Ausgrabungsstätten gefunden“ (Biblical Archaeological Review, September-Oktober 1998, Seite 49-50).

Selbst solche Details wie die in den Evangelien erwähnten großen Wasserkrüge wurden durch archäologische Funde bestätigt.

Jakobs Brunnen und der Berg Garizim

„Da kam er in eine Stadt Samariens, die heißt Sychar, nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn Josef gab. Es war aber dort Jakobs Brunnen“ (Johannes 4,5-6).

„Jakobs Brunnen“, erklärt Professor McRay, „ist einer der wenigen Orte, über dessen Identität sich Juden, Christen, Muslime und Samariter einig sind.“ Er wird immer noch benutzt. „Während meiner jährlichen Besuche in den letzten zwanzig Jahren dort“, berichtet er, „habe ich immer kaltes, erfrischendes Wasser in dem Brunnen vorgefunden“ (McRay, Seite 181).

In der Nähe des Berges Garizim fanden Archäologen die Überreste des Tempels, der in Johannes 4, Vers 20, erwähnt wird. „Die Entdeckung dieser monumentalen Ruinen über Sichem, der Hauptstadt der Samariter, die auf die hellenistische Zeit datiert werden“, kommentiert The International Bible Dictionary, „veranlaßte den ausgrabenden Archäologen, die Stätte den samaritischen Tempel zu nennen und den 20 x 20 x 10 m großen halben Würfel aus unbehauenen Steinen den samaritischen Opferaltar [den heutige Samariter immer noch verehren]. Die Überreste dieses Altars waren Jesus und der samaritischen Frau an Jakobs Brunnen sichtbar gewesen, wie sie es heute sind“ (Ausgabe 1976, Seite 361).

Die Erzählung im Johannesevangelium, Kapitel 4 erklärt somit eine historische Umgebung, die die Archäologie bestätigt hat.