Wie die Archäologie die
Aussagen der Bibel bestätigt

Zahlreiche Wissenschaftler tun die Bibel als Mythensammlung ab. Bibelgläubige und Bibelskeptiker streiten sich über die Glaubwürdigkeit der Bibel. Was erfahren wir dazu durch die Archäologie?

Von Mario Seiglie

„Ich sage euch: Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien“, sagte Jesus (Lukas 19,40). Das sollte geschehen, falls seine Jünger sich nicht zu seinen großen Taten bekennen würden.

Da die ersten Jünger Jesu Christi alle verstorben sind, können sie uns heute nicht persönlich erzählen, was sie damals alles mit eigenen Augen gesehen haben. Sie reden aber heute noch zu uns durch das inspirierte Wort Gottes – die Bibel. Neben vielen anderen haben auch sie zu ihrer Entstehung beigetragen.

Es gibt aber interessanterweise auch Steine, die Gottes inspiriertes Wort bezeugen. Die moderne biblische Archäologie bestätigt uns immer wieder neu den Wahrheitsgehalt der Bibel. Das Wort Archäologie stammt aus dem Griechischen und bedeutet Altertumskunde (von arche „Anfang“ und logia „Erzählungen“). Als Archäologie bezeichnet man also das wissenschaftliche Studium von Gegenständen aus alter Zeit.

Die Anfänge der Archäologie

Der Engländer Flinders Petrie, der im neunzehnten Jahrhundert lebte, gilt allgemein als Begründer der wissenschaftlichen Archäologie. Ausgrabungen, die vor seiner Zeit gemacht wurden, glichen eher dem hemmungslosen Suchen nach verborgenen Schätzen.

Petrie entwickelte eine Methode zur sorgfältigen Erforschung von Spuren aus dem Altertum. Gleichzeitig beendete er damit die bis dahin wahllosen und ungeordneten Versuche, durch Graben an verborgene Schätze heranzukommen. Ausgrabungsstätten wurden also erst im Verlaufe des letzten Jahrhunderts zum Gegenstand wissenschaftlicher Archäologie.

Völlig unerwartet erhielt die Archäologie als Wissenschaftsdisziplin Unterstützung aus dem nichtwissenschaftlichen Umfeld. Kaiser Napoleon Bonaparte eroberte gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts weite Teile Europas und des Nahen Ostens. Als er unter anderem auch nach Ägypten kam, packte ihn das Verlangen, das Mittelmeer mit dem Roten Meer durch einen Kanal zu verbinden. Damit wäre der Seeweg von Frankreich nach Indien erheblich verkürzt worden. Bevor es zur Schlacht bei den berühmten Pyramiden von Gizeh kam, sprach er zu seinen Truppen: „Vierzig Jahrhunderte Menschheitsgeschichte blicken auf euch herab.“

Napoleon war so fasziniert von der altägyptischen Kultur, dass er sie von 175 französischen Forschern und Gelehrten untersuchen ließ. In Ägypten wurde ein Forschungsinstitut eingerichtet, das die an vielen Denkmälern gefundene Bilderschrift entziffern sowie Schriftzeugnisse und andere Funde wissenschaftlich auswerten sollte.

Dass wir heute die ägyptischen Hieroglyphen (Griechisch für „Priesterschrift“) lesen und verstehen können, haben wir vor allem dem jungen französischen Wissenschaftler Jean François Champollion zu verdanken. Französische Truppen hatten 1799 einen Basaltstein in der Nähe der Stadt Rosetta gefunden. Auf diesem Stein, dem sogenannten Rosettastein, steht ein und derselbe Text in drei Sprachen: in der alt-ägyptischen Priesterschrift, in der sogenannten demotischen Schrift (eine vereinfachte Form der Priesterschrift) und in Altgriechisch. Dieser Stein enthielt den Schlüssel zur Enträtselung der altägyptischen Sprache, die Champollion endlich im Jahre 1822 glückte.

Die Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen brachte die Kultur der Pharaonen ans Licht. Das gebildete europäische Bürgertum war begeistert. Zahlreiche Hobbyarchäologen entdeckten prächtige Bauten und Denkmäler und gelangten so zu Ruhm und Reichtum. Museen in Europa und den Vereinigten Staaten wetteiferten um den Besitz solcher Funde. Einer der spektakulärsten Funde war die Grabstätte Tutanchamuns mit wertvollen Gegenständen aus der Pharaonenzeit. Zahlreiche Pioniere der Archäologie fanden einen ehrenvollen Platz in der Weltgeschichte.

Die Entzifferung alter Schriften

Auch anderswo in dieser Region warteten merkwürdige Inschriften darauf, ihr Geheimnis preiszugeben. Auf Tausenden von Tontafeln fand man ein Gekritzel, das aussah wie Abdrücke von Vogelfüßen. Zunächst hielt man es für reine Verzierungen. Erst später stellte man fest, dass es sich um Schriftzeichen handelte. Da die Kratzer keilförmig waren, sprach man von der Keilschrift.

Die Enträtselung der Keilschrift war hauptsächlich das Verdienst eines damals in Persien tätigen Vertreters der britischen Regierung, Henry C. Rawlinson. Bei seinen Bemühungen orientierte er sich vor allem an der berühmten Inschrift des Behistunfelsens, der auch „Rosettastein der Keilschrift“ genannt wird.

Der Perserkönig Darius der Große hatte vor etwa 2500 Jahren einen Bericht über seine Eroberungen und Errungenschaften in eine fünfhundert Meter hohe Felsenwand eingravieren lassen. Er ließ diesen Text in drei verschiedenen Sprachen (alle in Keilschrift) schreiben: Persisch, Elamitisch und Babylonisch.

Rawlinson ließ sich mit einem Seil vor der Felsenwand herunter und schrieb die Schrift aus der Nähe mit größter Sorgfalt ab. Allein diese Phase seiner Arbeit nahm zwei volle Jahre in Anspruch. Im Jahre 1847 hatte er es endlich geschafft. Die Keilschrift war entziffert und die Geschichte und Kultur Babylons der Welt zugänglich gemacht. Wegen seiner Verdienste wurde Rawlinson von Königin Viktoria 1855 in den Adelsstand erhoben.

Ausgrabung verschollener Städte

Auch ein anderer junger Engländer, Austen Henry Layard, wollte sich mit archäologischen Lorbeeren schmücken. Angespornt vom Ruhm, mit dem Forscher wie Champollion und Rawlinson überhäuft worden waren, begab er sich in das Gebiet des heutigen Iraks. Er leitete Ausgrabungen an den Stellen, wo vor einigen tausend Jahren die Reiche Babyloniens und Assyriens in voller Blüte standen.

Dort legte er große Städte frei, von denen die Bibel berichtet, darunter Ninive und Kalach. Im Britischen Museum in London kann man große geflügelte Stiere und andere babylonische und assyrische Kunst- und Kultgegenstände bewundern, die bei Layards Ausgrabungen gefunden wurden. Auch er wurde von Königin Viktoria geadelt.

Den Franzosen und Engländern folgten dann auch deutsche Archäologen. So machte sich beispielsweise Heinrich Schliemann auf die Suche nach der Stadt Troja, die der griechische Dichter Homer berühmt gemacht hatte. Schliemanns Zeitgenossen hielten Homers Epen für Legenden und Schliemann selbst für einen Spinner.

Dieser ließ sich aber dadurch nicht beirren. Gestützt auf die Ilias und andere altgriechische Literatur, begann er zu graben. 1871 fand er Reste der antiken Stadt Troja. Diesen Abenteurern folgten später Archäologen, die die Entdeckungen der Pioniere systematisch ordneten und auswerteten. Die Archäologie wurde zu einer Wissenschaft.

Das Zeitalter der Skepsis

Die Gier nach Ruhm und Reichtum verleitete manchen archäologischen Pionier dazu, sich mit der Entdeckung biblischer Stätten zu brüsten, die sie gar nicht gefunden hatten. So wurde beispielsweise nachgewiesen, dass man die Bergwerke Salomos und das Grab Davids doch nicht entdeckt hatte, um nur zwei Beispiele zu nennen. Zweifel wurden von nun an nicht nur an den Forschern laut, sondern auch an der Bibel selbst.

Die daraufhin im neunzehnten Jahrhundert aufkommende Skepsis bestand auch im zwanzigsten Jahrhundert fort. Aber auch ein anderes Ereignis stellte die Geschichtlichkeit der Bibel in Frage. Mit der Evolutionstheorie hatte vor allem Charles Darwin eine Erklärung für die Existenz der Lebewesen in die Welt gesetzt, die keinen Schöpfer mehr für ihr Dasein voraussetzte.

Der Argwohn jener Zeit gegenüber der Bibel wurde aber auch von Karl Marx verstärkt, der die Geschichte rein materialistisch interpretierte. In seinen Lehren hatten weder Gott noch Wunder Platz. Zahlreiche Wissenschaftler taten die Bibel als Mythensammlung ab. Philosophen und Kritiker fielen scharenweise über die Heilige Schrift her. Bibelgläubige und Bibelverächter gerieten sich in die Haare.

Bibelwissenschaftler und sogar Theologen behaupteten, die Bibel sei viel später entstanden als bisher angenommen. Manche erklärten sogar, die Menschen des Alten Testamentes hätten weder schreiben noch lesen können. Daraus zogen dann viele den Schluss, die Bibel sei kaum mehr als eine Sammlung von Legenden.

Diese Tatsachen kommentieren die Autoren Norman Geisler und Paul Feinberg in ihrem Buch Introduction to Philosophy, a Christian Perspective wie folgt: „Die sogenannten ,Höheren Kritiker‘ sind vielleicht das beste Beispiel für jene Denker, welche menschliche Vernunft über göttliche Offenbarung stellen. Im Allgemeinen wird damit eine theologische Strömung bezeichnet, die im Europa des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts ihren Anfang nahm.

Herausragende und diese Bewegung besonders prägende Vertreter waren vor allem Spinoza, Kant und Hegel. Indem sich diese der Kritik der reinen Vernunft bedienten, gelangten sie zu dem Ergebnis, die Bibel sei – zumindest zum Teil – keine Offenbarung Gottes. Andere bekannte Vertreter der ,Höheren Kritiker‘ waren Jean Astruc (1684-1766) und Julius Wellhausen (1844-1918).

Diese ,Höheren Kritiker‘ lehnten die traditionelle orthodoxe Sicht ab, wonach die Bibel das inspirierte Wort Gottes sei. Sie räumten allenfalls ein, dass die Bibel einige inspirierte Abschnitte enthält. Wenn sie sich die Regeln menschlicher Vernunft und die Maßstäbe moderner Wissenschaft zunutze machten, dann stießen sie, wie sie meinten, auf manche Fabeln und Widersprüche. Viele alttestamentliche Geschichten lehnten sie allein aus dem Grunde ab, weil sie – aus ihrer Sicht – moralisch verwerflich sind“ (1980, Seite 261).

Auch Archäologen ließen sich – bewusst oder unbewusst – von dieser Denkweise einnehmen. Vor allem jene, die an Hochschulen studiert hatten, an denen die „Höheren Kritiker“ tonangebend waren.

Die Eroberung Jerichos aus der Sicht der Bibelskeptiker

Wie sich diese Voreingenommenheit in unserer heutigen Zeit auswirkt, soll beispielhaft daran dokumentiert werden, wie die Eroberung Jerichos datiert wurde. Die Bibel berichtet, dass Jericho von den Israeliten unter der Führung von Josua vernichtet wurde, als diese zur Einnahme des Gelobten Landes ansetzten. Die britische Archäologin Kathleen Kenyon und andere Altertumsforscher haben Ausgrabungen an der Stelle, wo Jericho einmal stand, völlig anders gedeutet.

Bryant Wood, ein Fachkollege Kenyons, schreibt in der archäologischen Fachzeitschrift Biblical Archaeology Review Folgendes: „Die archäologischen Funde sprachen anscheinend gegen den biblischen Bericht. Jericho ist zum Paradebeispiel für Diskrepanzen zwischen den Funden der Archäologie einerseits und der biblischen Geschichte über die Eroberung Kanaans andererseits geworden.

Inzwischen hat die Wissenschaft die Bibel so gut wie abgeschrieben. Sie gilt seit gut 25 Jahren nur noch als Märchen- und Propagandawerk“ (März-April 1990, Seite 49).

Die Funde werden neu ausgewertet

Vor einigen Jahren wurden die bibelkritischen Ergebnisse in Frage gestellt, zu denen Kenyon aufgrund ihrer Ausgrabungsfunde gelangt war. Wood stellt dazu fest: „[Kenyon] ging zwar bei ihren Ausgrabungen und Aufzeichnungen äußerst sorgfältig vor, nicht aber bei der Auswertung der Funde. Ihre Behauptung, Stadt IV [d. h. die Ebene, die vermutlich der Zeit Josuas entspricht] sei in der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung vernichtet worden, entbehrt jeder Grundlage“ (ebenda, Seite 57).

Das US-Nachrichtenmagazin Time ergänzt: „Seit drei Jahrzehnten lehnt die herrschende Meinung die biblische Version [der Vernichtung Jerichos] ab. Die verstorbene britische Archäologin Kathleen Kenyon stellte Mitte der fünfziger Jahre die These auf, die Stadt Jericho sei zwar tatsächlich vernichtet worden, aber bereits um 1550 v. Chr., d. .h., etwa 150 Jahre bevor Josua dort erschienen sein kann. Der Archäologe Bryant Wood meint aber, Kenyon habe sich verrechnet. Durch eine Neubewertung ihrer Forschungsergebnisse ist er zum Schluss gekommen, dass die Mauern Jerichos zu einer Zeit eingestürzt sein dürften, die genau der biblischen Überlieferung entspricht. ,Die biblische Geschichte scheint zu stimmen‘, meint er“ (5. März 1990, Seite 43). Die Geschichtlichkeit der Bibel bleibt also weiterhin ein Streitthema zwischen konservativen und kritischen Archäologen.

Funde bestätigen die Bibel

Auch in unserem Jahrhundert sind archäologische Funde ans Licht gekommen, die für die biblische Überlieferung sprechen. So hat ein deutsches Forscherteam unter Robert Koldewey eine Karte der Stadt Babylon angefertigt. Dabei hat er festgestellt, dass diese Metropole des Altertums in der Bibel treffend beschrieben wird. Andere Forscher haben festgestellt, dass die Bibel die Geschichte und Kultur des alten Ägypten richtig wiedergibt.

Archäologen des zwanzigsten Jahrhunderts haben sogar Spuren von Völkern gefunden, die zwar in der Bibel erwähnt werden, aber lange Zeit als mythologisch galten. Ein Beispiel dafür sind die Hethiter. Wie Gleason Archer schreibt: „Die Hinweise [in der Bibel] auf die Hethiter wurden als freie Erfindung der späteren Autoren der Thora verspottet“ (A Survey of Old Testament Introduction, 1974, Seite 165). Ausgrabungen in Syrien und der Türkei haben aber viele Denkmäler und Dokumente der Hethiter zutage gefördert. Diese Funde zeigen, dass die Hethiter über ein Reich herrschten, das sich von Kleinasien bis nach Palästina erstreckte.

Aufschlussreich waren die Schriftrollen vom Toten Meer, die um 1947 in Höhlen entdeckt wurden. Sie enthalten hebräische Texte, darunter auch Bücher des Alten Testamentes, die über hundert Jahre vor der Zeit Christi aufgeschrieben wurden. Dennoch hat die Kritik mancher frühen Forscher das Vertrauen vieler Menschen in die geschichtliche Richtigkeit der Bibel erschüttert.

Lücken werden ausgefüllt

Ein amerikanisches Bibellexikon erklärt: „Im neunzehnten Jahrhundert gab es Gelehrte, die biblische Gestalten wie Abraham, Isaak, Jakob und sogar Mose für Erfindungen israelitischer Schriftsteller einer späteren Epoche hielten. Durch die Archäologie aber sind diese Figuren lebendig geworden. So schreibt der Theologe [John] Bright: ,[Die] biblische Darstellung der Erzväter ist mit der Geschichte der Zeit verwoben . . . Die Archäologie erlaubt uns, in viele biblische Geschichten tiefer einzudringen. Durch ihre Hilfe wird vieles, was uns fremd und merkwürdig vorkommt, verständlicher und glaubwürdiger. Der Glaubensmensch ist zwar nicht auf unwiderlegbare Beweise angewiesen, möchte aber sicher sein, dass sein Gottvertrauen nicht in reiner Einbildung wurzelt, sondern vernünftig und begründet ist. Da kommt ihm die Archäologie zu Hilfe. Durch die Entdeckung und Auswertung materieller Spuren aus biblischen Zeiten und Stätten bestätigt sie die biblische Geschichte und lässt den Glauben vernünftig erscheinen‘ “ (The International Standard Bible Encyclopedia, 1979, Band 1, Seite 244).

Archäologische Funde in Ägypten und im Irak haben viel zur Bestätigung der Bibel beigetragen. Beispielsweise war die einzige Geschichtsquelle des 19. Jahr­hunderts, die die frühere Existenz des assyrischen Reiches bezeugte, die Bibel. Archäologische Funde der letzten 150 Jahre haben die Bibel bestätigt.

Doch viele Beweise bleiben noch verschüttet. Selbst weite Teile der biblischen Reiche Israel und Judäa müssen noch archäologisch untersucht werden. Systematische Ausgrabungen in diesem Gebiet setzten erst gegen Ende des Ersten Weltkriegs ein, als Palästina zum britischen Mandatsgebiet wurde.

Nach der Balfour-Erklärung im Jahre 1917 begann eine Einwanderungswelle von Juden nach Palästina. Unter den Einwanderern befanden sich Wissenschaftler, die mithalfen, dieses Gebiet archäologisch zu erforschen. Heute werden in Israel dreihundert größere Stätten ausgegraben, nicht wenig für ein Land, das gerade nur 300 km lang und 100 km breit ist.

Ein Skeptiker wird zum Gläubigen

Die Fülle archäologischer Beweise für die Richtigkeit der Bibel kann den Glauben stärken. Sie kann auch Glauben hervorbringen.

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel dafür ist das Leben des Engländers William M. Ramsay (1851-1939). Ramsay wurde von seinen wohlhabenden Eltern zum Atheisten erzogen und studierte bis zu seiner Promotion an der Universität Oxford. Zusätzlich zum Einfluss seiner Eltern wurde er auch von der zunehmend antibiblischen Haltung des Bildungswesens seiner Zeit geprägt.

Dann wurde er Professor an der Universität Aberdeen. Er studierte Archäologie mit der festen Absicht, die biblische Überlieferung zu widerlegen. Mit Wissen und Wissenschaft gerüstet, zog er nach Palästina. Sein Ziel war, die Apostelgeschichte als Legende zu entlarven. Für ihn war die Apostelgeschichte nicht zur Zeit der Apostel, sondern um die Mitte des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts geschrieben worden. Sofern diese Ansicht richtig war, konnte Lukas, der Begleiter des reisenden Paulus, unmöglich der Verfasser sein.

Lukas behauptete, mit Paulus über die Kopfsteinpflaster der Straßen des Römischen Reiches gezogen zu sein. Bei seiner Schilderung eines von Gott durch Paulus bewirkten Wunders, nämlich der Wiederbelebung eines jungen Gläubigen, der bei einem Fenstersturz gestorben war, schrieb Lukas wie ein Augenzeuge (Apostelgeschichte 20,8-12). Ramsay zweifelte an der Echtheit des Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte und wollte seine Sicht durch archäologische Funde untermauern.

Ein Vierteljahrhundert später musste sich Ramsay geschlagen geben. Seine jahrelangen Bemühungen hatten ergeben, dass die Apostelgeschichte auch höchsten Ansprüchen genügte. Beim Versuch, die Bibel zu widerlegen, stieß er auf zahlreiche Tatbestände, die sie nur bestätigten.

Es war die Praxis des Verfassers Lukas, in die Beschreibung der Entwicklung der frühen Kirche Angaben über weltliche Ereignisse und Personen einzubringen, die Ramsay letztlich von dessen Zuverlässigkeit überzeugte. So treten uns im Lukasevangelium politische Akteure wie Pontius Pilatus, Herodes der Große und der römische Kaiser Augustus entgegen. In der Apostelgeschichte kommen weitere geschichtliche Persönlichkeiten zum Vorschein: Sergius Paulus, Gallio, Felix, Festus, Herodes Agrippa I. und Herodes Agrippa II., um nur einige zu nennen.

Ramsay musste einräumen, dass Lukas seine Apostelgeschichte mit äußerster Genauigkeit geschrieben hat. Für Ramsay war Lukas nun kein Betrüger mehr, und er kam zu dem Ergebnis, „den Verfasser der Apostelgeschichte unter die allergrößten Historiker einzuordnen“ (Sir William Ramsay, St. Paul the Traveller and the Roman Citizen, Hodder & Stoughton, London, 1925, Seite 4).

Später erklärte Ramsay seinen Übertritt zum Christentum. Die Nachricht schlug in der Welt der Wissenschaft wie eine Bombe ein. Dieser Forscher, der sich aufmachte, um die Bibel zu widerlegen, wurde durch seine eigenen Entdeckungen eines Besseren belehrt. Auch er wurde für seinen Beitrag zur Vermehrung des Wissens um die Bibel in den Adelsstand erhoben.

Die Beschäftigung mit der Archäologie kann für unseren Glauben und unsere Beziehung zu Gott wichtig sein. Die Archäologie führt uns auf eine faszinierende Reise in die entfernte Vergangenheit und lässt die stummen Steine sprechen. Deren Zeugnis lautet einhellig: Die Bibel ist Gottes Wort.

Dieser Artikel ist der erste in einer Serie zu diesem Thema. In künftigen Ausgaben unserer Zeitschrift Gute Nachrichten werden wir von weiteren Entdeckungen berichten, die Licht auf die biblische Geschichte und die Richtigkeit der Bibel werfen.

Zwei Puzzlespiele, zwei Absichten

In welchem Verhältnis zueinander stehen Bibel und Archäologie? Vielleicht kann uns eine Analogie helfen, diese Frage zu beantworten. Dazu vergleichen wir beide mit jeweils einem Puzzlespiel. Die Bibel gleicht einem Puzzle, das vollkommen richtig zusammengesetzt wurde. Alle Stücke passen nahtlos zusammen. Wie es in Gottes Wort heißt: „Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, dass der Mensch Gottes vollkommen sei, zu allem guten Werk geschickt“ (2. Timotheus 3,16-17; Hervorhebung durch uns).

Es ist nicht Sinn und Zweck dieses ersten Puzzlespiels, geschichtliche und naturwissenschaftliche Zusammenhänge zu dokumentieren. Es soll vielmehr den Umgang Gottes mit dem Menschen sichtbar machen. Das ist aber ohne Offenbarung nicht möglich, denn allein durch Sinneswahrnehmungen kann man dazu nichts feststellen. Gott selbst muss es uns offenbaren.

Ein Leitthema der Bibel ist das Wirken Gottes in der Menschheitsgeschichte. Gott steht überall im Mittelpunkt, angefangen beim Schöpfungsbericht über die Bücher der Geschichte Israels bis hin zur Chronik der Urgemeinde.

Über das Wirken Gottes kann uns die Archäologie keinen Aufschluss geben. Das Zeugnis der Steine ist ja notgedrungen begrenzt. Andererseits ist aber inspirierte Geschichte des göttlichen Wirkens direkt mit Angaben über die materielle Umgebung der Menschen verbunden. Und auch diese Angaben müssen stimmen, denn Gott lügt ja nicht (Titus 1,2).

Die Grenzen der Archäologie

Archäologische Funde können wir mit einem zweiten Puzzlespiel vergleichen. Dieses basiert auf Fundstücken, die wissenschaftlichen Beweisen gleichkommen. Dadurch werden die biblischen Fakten und unser Glaube gestärkt.

Das zweite Puzzle soll uns verdeutlichen, wie die Archäologie und ihr verwandte Wissenschaftszweige sichtbare Beweise für die biblische Geschichte liefern können. Das Bild ist allerdings unvollständig. Es bleiben Lücken, die deswegen auftreten, weil entweder Stücke fehlen oder weil die Einordnung der Stücke Schwierigkeiten bereitet. Auch wenn neue Funde gemacht werden oder wenn neue Einsichten gewonnen werden, müssen die Stücke manchmal umgelegt werden. Viele sind schon so abgegriffen, dass man nicht mehr weiß, an welchen Platz sie hingehören.

Bei der Datierung biblischer Ausgrabungsstätten orientiert man sich hauptsächlich an den dabei gefundenen Tongefäßen. Diese weisen je nach der Periode, aus der sie stammen, einen bestimmten Stil auf. Aber auch dies garantiert keine Genauigkeit der zeitlichen Einordnung. Zu diesem Problem meint der Fachmann Paul W. Lapp, die Archäologie sei zwar schon aus den Windeln herausgewachsen, doch sie stecke aber immer noch in den Kinderschuhen. Sie ist eine noch junge und damit auch noch eine relativ ungenaue Wissenschaft.

Die Fachwelt schätzt, dass lediglich ein Tausendstel aller Artefakte erhalten geblieben sind. Von den fünftausend bekannten archäologischen Stätten in Palästina wurden erst an die 350 ausgegraben. Und selbst von diesen sind maximal nur zwei Prozent gründlich untersucht worden. Das bisher bekannte archäologische Beweismaterial stellt also nur einen winzigen Bruchteil des Gesamtvorkommens dar.

Wichtige Teile der Bibel dennoch schon bestätigt

Wie sollte sich der derzeit noch verhältnismäßig geringe Bestand an Beweismaterial auf unseren christlichen Glauben auswirken? Zunächst gilt es festzuhalten, dass unser Glaube nicht von einem vollständigen Beweisschatz abhängen sollte. Wir können wissen, dass die biblische Überlieferung der Wahrheit entspricht, auch wenn keine durchgehende, lückenlose Beweisführung jeder biblischen Randgeschichte vorliegt.

Wenngleich bislang auch nur ein äußerst geringer Prozentsatz des vorhandenen Materials ausgegraben und ausgewertet worden ist, so wurde die Bibel dennoch häufig und sehr eindrucksvoll bestätigt. Fortlaufend werden neue Funde gemacht, die für die Bibel sprechen. Die Archäologie hat bedeutsamen Teilen des Alten Testamentes Glaubwürdigkeit verliehen.

Nach Bryant Wood herrscht unter Archäologen zumindest in einem Punkt Einigkeit: „Der Zweck biblischer Archäologie besteht darin, uns ein tieferes Verständnis der Bibel zu ermöglichen. Meiner Meinung nach liegt ihr größtes Verdienst darin, dass sie die Geschichte der Monarchie Israels sehr deutlich gemacht hat“ (Biblical Archaeology Review, Mai-Juni 1995, Seite 33).

Die Archäologie leistet gute Dienste für die Zeit nach 1000 v. Chr. bis in die neutestamentliche Ära hinein. Für die Zeit vor 1000 v. Chr. sind die Funde vergleichsweise spärlich. Das ist auch nicht verwunderlich, denn es ist „schwierig, diese vorgeschichtliche Zeit zu erforschen. Wir haben es ja mit umherziehenden Hirten zu tun. Es ist viel leichter, Material zu sammeln, wenn wir sesshafte Gemeinschaften untersuchen, die Ackerbau betrieben, feste Siedlungen bauten und mit den Nachbarvölkern Kontakt pflegten“ (Wood, ebenda, Seite 35).

Wir werden wohl nie einen vollständigen Beweisschatz besitzen. Die meisten Relikte sind bereits dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen, und Wunder können wir im Labor nicht wiederholen. Auch ist es unmöglich, mit wissenschaftlichen Methoden die Existenz Gottes nachzuweisen. Der Glaube wird sich immer in erster Linie auf geistliche Einsicht und Vertrauen in Gottes Wort gründen.