Wie Darwins Theorie die Welt veränderte

Die Evolution widerspricht dem biblischen Schöpfungsbericht – das wurde bereits oft behandelt. Darwins Theorie hat auch das Denken der Welt in gefährlicher Weise verändert – das wurde hingegen nicht so oft behandelt.

Von Melvin Rhodes

Anderthalb Jahrhunderte nach der Veröffentlichung von Die Entstehung der Arten fällt es uns schwer, die richtungsweisende Veränderung in den Einstellungen zu verstehen, die mit seiner Veröffentlichung eingesetzt hat. Den meisten von uns wurde Darwins Theorie in der Schule beigebracht. Viele Menschen akzeptieren die Evolution ohne den geringsten Zweifel. Nur wenige hinterfragen die Tatsache, dass diese Theorie in unseren Schulen gelehrt wird. 1859 sah das aber noch ganz anders aus.

Richard Weikart, Dekan des Fachbereichs Geschichte an der California State University, beschreibt, wie manche die ursprüngliche Veröffentlichung des Buches gesehen haben: „Der ursprüngliche Widerstand gegen den Darwinismus war zu einem großen Teil auf eine empfundene Bedrohung der Moralordnung zurückzuführen. Adam Sedgwick, der frühere Mentor Darwins im Bereich Naturwissenschaft an der Universität Cambridge, brachte seine Bedenken, kurz nachdem er Die Entstehung der Arten gelesen hatte, in einem Brief an Darwin 1859 eindringlich zum Ausdruck. Er schrieb: ,Abschnitte in Ihrem Buch . . . waren ein großer Schock für meinen moralischen Sinn‘ “ (From Darwin to Hitler, 2004, Seite 1).

Vor den Folgen der Veröffentlichung des Buches warnend fügte Sedgwick hinzu, dass „die Menschheit meiner Meinung nach so geschädigt werden würde, dass sie verrohen und die menschliche Rasse auf ein tieferes Niveau von Entartung absinken könnte, als es, seit es Schriftzeugnisse von unserer Geschichte gibt, jemals geschehen ist“ (ebenda).

Wohin haben Darwins Ideen geführt?

Es ist zweifelhaft, ob Darwin, von seiner neuen Idee begeistert, viele Gedanken auf die möglichen moralischen Konsequenzen dessen, was er da schrieb, verschwendet hat. Er konnte sicherlich nicht vorhersehen, dass seine Ideen weniger als 75 Jahre später zu Adolf Hitler und dem Holocaust führen würden. Professor Weikarts detailreiches Buch dokumentiert aber diese Verbindung, die sich in den Jahren dazwischen entwickelt hatte, mit einer Fülle von Zitaten, hauptsächlich von deutschen Philosophen und Wissenschaftlern.

Dr. Richard Evans, Professor für neuere Geschichte an der Universität Cambridge und Autor des Buches The Coming of the Third Reich, sagt, dass Weikarts Buch „mit nüchternen und überzeugenden Details zeigt, wie darwinistische Denker in Deutschland zur Zeit des Ersten Weltkriegs eine amoralische Einstellung gegenüber der menschlichen Gesellschaft entwickelt hatten. Danach galt das angeblich Gute für die Rasse als einziges Kriterium für die Staatstätigkeit und die ,Rassenhygiene‘.

Ohne die Verbindungslinien dieses Gedankenguts zu Hitler zu pauschalisieren, zeigt er mit erschreckender Klarheit, wie Verfahren wie Kindestötung, Beihilfe zum Selbstmord, Eheverbote und vieles Weitere für diejenigen vorgeschlagen wurden, die von manchen darwinistischen Schriftstellern und Wissenschaftlern als rassisch oder eugenisch minderwertig angesehen wurden. Damit wurde Hitler und den Nazis eine wissenschaftliche Rechtfertigung für die Politik, die sie verfolgten, geliefert“ (From Darwin to Hitler, Nachwort).

Viele haben sich gefragt, wie die Nation, die Beethoven, Bach, Goethe und Schiller hervorgebracht hat, es zulassen konnte, dass ein Mann wie Hitler ihr oberster Führer wurde. Weikarts Forschungen helfen uns dabei zu verstehen, wie dies geschehen konnte. Sie zeigen den allmählichen Wandel im Denken auf, der „von Darwin zu Hitler“ erfolgte – eine Degeneration in der Wertschätzung des menschlichen Lebens, die bis heute andauert.

Es war nicht nur Hitlers nationalsozialistische Bewegung, die stark von Darwin beeinflusst war. „Nachdem er Darwins Die Entstehung der Arten gelesen hatte, schrieb Karl Marx [der Begründer der kommunistischen Bewegung] an Friedrich Engels: ,Auch wenn es auf eine plumpe englische Art verfasst wurde, ist dies das Buch, das die Grundlage der Naturgeschichte gemäß unserer Sicht enthält.‘ Zudem waren viele Pazifisten, Feministen, Befürworter von Geburtenkontrolle und Aktivisten für die Rechte Homosexueller – von denen einige von den Nazis verfolgt und sogar getötet wurden – begeisterte Darwinisten und nutzten darwinistische Argumente als Begründung für ihre politischen und sozialen Ziele“ (ebenda, Seite 4).

Eine neue Moral fasst Fuß

Darwins Ideen führten bei vielen europäischen Denkern zu einer radikal veränderten Weltsicht. „1904 verkündete Arnold Dodel, einer der führenden deutschen darwinistischen Biologen: ,Die neue Weltsicht beruht im Grunde auf der Evolutionstheorie. Auf ihr basierend haben wir eine neue Ethik errichtet. Alle Werte werden umgewertet werden.‘ Ihr moralischer Relativismus deutete an, dass einige moralische Werte in der Vergangenheit Geltung gehabt haben mögen, aber unter modernen Bedingungen nicht länger zutreffen“ (ebenda, Seite 43).

Interessanterweise war ein Zeitgenosse Dodels, der berühmte amerikanische Evolutionsgegner William Jennings Bryan, „weitgehend von der Sorge über die moralischen Auswirkungen des Darwinismus motiviert. Als Pazifist war Bryan über die darwinistische Rhetorik der deutschen Militaristen empört, denen er die Schuld für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs gab“ (ebenda, Seite 1).

Darwins Theorie hat nicht nur das politische Denken verändert und zum Faschismus, Kommunismus und zwei Weltkriegen beigetragen. Es hat auch das Denken einer großen Zahl von Menschen in der abendländischen Gesellschaft verändert. Werte, die seit Jahrhunderten auf der jüdisch-christlichen Ethik über die Unverletzlichkeit der Ehe und des menschlichen Lebens beruhten, wurden langsam ausgehöhlt. Darwins Theorie lieferte nicht nur eine alternative Erklärung für den biblischen Schöpfungsbericht. Sie führte im Prinzip auch dazu, dass alles in der Bibel angezweifelt wurde, die Moralgesetze eingeschlossen.

Heute sehen viele im Westen die Ehe als einen lieblichen aber überholten Brauch. Nur noch eine Minderheit hält am Konzept der Treue fest – sexuelle Bindung an einen Partner für das gesamte Leben. Viele halten Sex für etwas, das ausschließlich dem Vergnügen dient. Kinder hingegen sind etwas Lästiges. Ohne dass sie sich dessen bewusst sind, stellt damit eine der unweigerlichen Folgen des Darwinismus eine ernsthafte Bedrohung für den Fortbestand der westeuropäischen Völker dar, die Darwins Denken mit offenen Armen aufgenommen haben.

Die Ablehnung jüdisch-christlicher Werte

Weikart erklärt, wie die Akzeptanz darwinistischer Dogmen das gesellschaftliche Denken über das menschliche Leben verändert hat: „Bevor der Darwinismus in der Mitte des 19. Jahrhunderts plötzlich aufgetaucht ist, dominierte die Idee der Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens das europäische Denken und die Gesetzgebung. Die jüdisch-christliche Ethik ächtete das Töten von unschuldigem menschlichem Leben. Christliche Kirchen haben Mord, Kindestötung, Abtreibung und sogar Selbstmord ausdrücklich verboten.

Die Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens wurde in der klassischen liberalen Menschenrechtsideologie als ,das Recht auf Leben‘ verankert, was laut John Locke und der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten eines der höchsten Rechte eines jeden Menschen darstellte“ (Seite 75).

Aber das sollte sich ändern: „Erst im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert kam es zu bedeutenden Diskussionen über Themen, die mit der Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens in Verbindung standen, vor allem über Kindestötung, Euthanasie, Abtreibung und Selbstmord. Es ist kein reiner Zufall, dass diese umstrittenen Themen zur gleichen Zeit aufkamen, als der Darwinismus an Einfluss gewann. Der Darwinismus hat bei dieser Debatte eine wichtige Rolle gespielt, weil er die Auffassung vieler Menschen von der Bedeutung und dem Wert des menschlichen Lebens und auch von der Bedeutung des Todes verändert hat“ (ebenda).

Diese Entwicklung im westlichen Denken kommt für Bibelleser, die mit dem Brief des Apostels Paulus an die Römer vertraut sind, der 18 Jahrhunderte vor Darwin verfasst worden war, nicht überraschend. Darin zeigt der Apostel, wie die Ablehnung des wahren Gottes durch die Menschen, trotz der sie in seiner Schöpfung überall umgebenden umfassenden Belege für seine Existenz, unweigerlich zur Anbetung von Dingen und dadurch zum Verwerfen moralischer Werte und Einschränkungen führte (Römer 1,20-25).

In der Welt der Antike empfanden Menschen, die Gott ablehnten, bald das Bedürfnis, ihn durch irgendetwas anderes zu ersetzen. Deshalb erfanden sie die heidnischen Götter – von denen viele den menschlichen Blutdurst und die menschlichen sexuellen Begierden, die so sehr das Gegenteil des wahren Schöpfers der Bibel darstellen, verkörperten.

Die Folgen der Ablehnung Gottes

Die Ablehnung des wahren Gottes hatte auch soziale Konsequenzen: „Darum hat sie Gott dahingegeben in schändliche Leidenschaften; denn ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr vertauscht mit dem widernatürlichen; desgleichen haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen und sind in Begierde zueinander entbrannt und haben Mann mit Mann Schande getrieben und den Lohn ihrer Verirrung, wie es ja sein musste, an sich selbst empfangen“ (Römer 1,26-27).

Viele haben Darwins Theorie deshalb begeistert aufgenommen, weil sie ihnen eine Ausrede dafür lieferte, Gottes Gesetze abzulehnen und ein sexuell befreites Leben zu führen. Der britische Autor Aldous Huxley schrieb zum Beispiel: „Diejenigen, die keinen Sinn in der Welt wahrnehmen, tun es im Allgemeinen, weil es aus irgendeinem Grund ihrem [Zweck] dient, dass die Welt bedeutungslos sein sollte. Für mich und ohne Zweifel auch für die meisten meiner Zeitgenossen war die Philosophie der Bedeutungslosigkeit im Grunde genommen ein wesentliches Instrument der Befreiung. Die Befreiung, die wir uns wünschten, war eine Befreiung von einem gewissen System der Moral. Wir lehnten die Moral ab, weil sie mit unserer sexuellen Freiheit in Konflikt geriet“ (Ends and Means, 1938, Seite 270).

Julian Huxley, der Bruder von Aldous und ebenfalls ein führender Befürworter der Evolution, schrieb später: „Die Empfindung der geistlichen Befreiung, die davon kommt, die Idee von Gott als einem übermenschlichen Wesen zurückzuweisen, ist enorm“ (Essays of a Humanist, 1966, Seite 223).

Keine moralischen Grenzen mehr

Alles und jedes kann gerechtfertigt werden, sobald man Gott aus der Gleichung entfernt. Paulus fährt in Römer 1 fort: „Und gleichwie sie Gott nicht der Anerkennung würdigten, hat Gott auch sie dahingegeben in unwürdige Gesinnung, zu verüben, was sich nicht geziemt, als solche, die voll sind von aller Ungerechtigkeit, Unzucht, Schlechtigkeit, Habsucht, Bosheit; voll Neid, Mordlust, Streit, Betrug und Tücke“ (Schlachter-Bibel). Leider liest sich das wie eine Zusammenfassung unserer heutigen westlichen Welt.

Der nächste Vers bringt das vielleicht am besten auf den Punkt. Dort schreibt Paulus, dass die Menschen zu „Gottesverächtern“ geworden sind (Vers 30). Darwin hat vielleicht nicht von Anfang an die Idee gehabt, die jüdisch-christliche Moral zurückzuweisen, aber das ist genau das, wohin die Geschichte uns am Ende geführt hat. Im viktorianischen England lebend, wäre Darwin ohne Zweifel über die Ideologie der Nazis entsetzt gewesen – aber ohne die Evolutionstheorie hätte Hitlers Drittes Reich keine Rechtfertigung gehabt.

Weikart schreibt zum Schluss: „Der Darwinismus selbst hat den Holocaust nicht hervorgebracht, aber ohne den Darwinismus, vor allem in seinen sozialdarwinistischen und eugenischen Abwandlungen, hätten weder Hitler noch seine Anhänger die notwendige wissenschaftliche Untermauerung zur Verfügung gehabt, um sich selbst und ihre Kollaborateure davon zu überzeugen, dass eine der größten Gräueltaten der Welt in Wahrheit moralisch lobenswert sein könnte“ (From Darwin to Hitler, Seite 233).