Das Christentum: Last oder Segen für die Menschheit?

Das Christentum ist unter Beschuss geraten. Es soll eine Quelle der Unterdrückung, der Ignoranz, der Vorurteile und des Aberglaubens sein. Aber die Fakten zeigen, dass das Christentum unter allen Religionen und Philosophien den größten nutzbringenden Einfluss auf die Menschheit hatte.

Von Noel Horner

Jesus Christus erblickte vor etwa 2000 Jahren in einem abgelegenen Winkel des riesigen Römischen Reiches das Licht der Welt. Seine Geburt blieb ohne Beachtung; es ist kein Historiker der damaligen Zeit bekannt, der Jesu Geburt während dessen Lebenszeit verzeichnet hat.

Sicherlich hätte zu jener Zeit kein rein menschlicher Zukunftsdeuter vorhersagen können, wie Jesu Leben und die Anweisungen, die er seinen Anhängern gab, eine solche Wirkung auf die Welt haben würden, wie es dann der Fall war. Die langfristigen Auswirkungen seiner Lebensführung und seiner Lehre sollten die Geschichte tiefer gehend verändern, als es ein anderer Mensch jemals bewirkt hat.

Jesus war ein Vorbild und predigte eine Lebensweise, die in drastischer Weise in Konfrontation zu vielen Grundwerten der damaligen Welt stand. Viele Grundsätze dieser Lebensweise erschienen den religiösen Führern seiner Zeit als radikal; einige der Lehren Christi überraschten selbst seine Jünger.

Eine Welt, in der die Sklaverei üblich war

Jesu erste Jünger waren alle jüdisch, aber die Kultur, in die sie hineingeboren wurden, war von der Kultur der Griechen und Römer stark beeinflusst. Die griechischen Königreiche, die auf das hellenistische Reich Alexanders des Großen gefolgt waren, waren dem Römischen Reich einverleibt worden. Die Römer bewahrten viele Aspekte der hellenistischen Kultur.

Die griechische Sprache sollte zum Beispiel noch jahrhundertelang das Mittel der internationalen Kommunikation im Großteil der damals bekannten Welt bleiben. Das Neue Testament ist ursprünglich in Griechisch verfasst worden.

Der griechisch-römischen Kultur jener Zeit mangelte es an vielen Aspekten von Anstand und Anständigkeit, die wir heute für selbstverständlich erachten. Zum Beispiel glaubten die griechischen Philosophen Aristoteles und Platon, dass die meisten Menschen von Natur aus sklavisch sind und sich nur für die Sklaverei eignen.

Der Autor Dinesh D’Souza beschreibt die Einstellung der griechischen Philosophen gegenüber den einfachen Leuten folgendermaßen: „Homer ignorierte sie in seinen Epen völlig, er konzentrierte sich allein auf das Leben innerhalb der herrschenden Klasse. Geringere Menschen traten, wenn überhaupt, nur als Diener in Erscheinung. Aristoteles hatte ebenfalls eine Aufgabe für niederere Menschen: die Sklaverei“ (What’s So Great About Christianity, 2007, Seite 56).

Eine ähnliche Einstellung wurde auch in die römische Kultur übernommen: „Es gab 60 Millionen Sklaven im Römischen Reich, wobei jeder von ihnen vom Gesetz nicht als eine Person, sondern als Gegenstand ohne jegliche Rechte angesehen wurde“ (William Barclay, The Daily Study Bible Series, 1976, Band 14, Seite 208).

Jesus hatte keine derartigen Vorurteile gegen die unterdrückten und einfachen Menschen: „Seine ersten Jünger waren Fischer und Handwerker. Er bewegte sich im alltäglichen Milieu einfacher Leute. Er sprach mit Steuereintreibern und gefallenen Mädchen, mit Armen und Kranken und Kindern“ (D’Souza, Seite 56). Dies wird in Markus 2, Vers 16 gezeigt, wo die Schriftgelehrten und Pharisäer mit Verachtung zur Kenntnis nahmen, dass Jesus mit „Zöllnern und Sündern“ aß.

Jesu Jünger akzeptierten am Ende die Tatsache, dass innerhalb ihrer geistlichen Gemeinschaft (der Kirche) alle Mitglieder vor Gott gleich waren. Der Apostel Paulus schrieb: „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus“ (Galater 3,28; vgl. Kolosser 3,10-11).

Christi Lehre: Vor Gott sind alle gleich

Die christliche Sicht von der Gleichheit aller Menschen war für Außenstehende etwas Radikales und führte wahrscheinlich zu heiklen Situationen in den christlichen Gemeinden. „Es ist durchaus möglich, dass in der frühen Zeit ein Sklave der [Leiter] der Gemeinde war und der Herr ein Mitglied in derselben. Das stellte eine neue und revolutionäre Situation dar“ (Barclay, Seite 212). Die Ernennung eines Sklaven zum Leiter einer Gemeinde hätte ihn in Versuchung führen können, sich rebellisch gegenüber seinem Herrn zu verhalten. Der Herr wäre vielleicht versucht gewesen, Vergeltung zu üben. Vielleicht hat der Apostel Paulus deshalb die Dynamik in den Beziehungen zwischen bekehrten Sklaven und Herren angesprochen:

„Ihr Sklaven sollt euren irdischen Herren gehorchen. Achtet und ehrt sie und dient ihnen mit aufrichtigem Herzen, wie ihr Christus dient . . . Denkt daran, dass der Herr jeden von uns für das Gute belohnen wird, das wir tun, ob wir nun Sklaven sind oder frei. Und genauso sollt auch ihr Herren eure Sklaven behandeln. Droht ihnen nicht, sondern denkt immer daran, dass ihr beide denselben Herrn im Himmel habt, der keinen Menschen bevorzugt“ (Epheser 6,5-9; „Neues Leben“-Übersetzung).

Wenn alle Menschen in der Kirche vor Gott gleich waren, warum haben dann die Frühchristen nicht versucht, die Sklaverei abzuschaffen? Die junge Kirche wusste, dass sie nicht dazu bestimmt war, revolutionäre Veränderungen durchzusetzen. Jesus sagte: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ (Johannes 18,36). Die Kirche sollte hingegen die gute Nachricht von der neuen Weltordnung predigen, die Jesus bei seiner Wiederkehr einführen wird.

Die Sklaverei war fest in der damaligen Kultur verwurzelt und Christi kleine Herde hätte das sowieso nicht ändern können. Wir brauchen uns nur daran zu erinnern, dass ein Jahrhundert vor den Anfängen des Christentums ein Mann namens Spartakus eine Sklavenrevolte angeführt hat. Die Folge war eine brutale Niederschlagung der Bewegung und die Kreuzigung von 6000 Sklaven. Die Zeit für eine Reform war noch nicht gekommen.

Aber hat das Christentum nicht am Ende das Römische Reich übernommen? Ja, aber in vielen Aspekten war das nicht das Christentum, das Christus gelehrt hatte. Nichtsdestoweniger wurde eine Reihe von Christi wahren Lehren durch diese Religion gefördert, weil sie die Bibel benutzte. Das führte zu positiven Entwicklungen in der Gesellschaft. In der Tat, als Bestrebungen begannen, die Sklaverei in der westlichen Welt abzuschaffen, was war da der Hintergrund dieser Bewegung? Es waren Überzeugungen, die auf dem Christentum fußten.

„Die Christen waren die erste Gruppe in der Geschichte, die eine Anti-Sklaverei-Bewegung begannen . . . In England führte William Wilberforce eine Kampagne an, die anfangs praktisch keinerlei Unterstützung hatte und allein von seinen christlichen Überzeugungen angetrieben wurde . . . Am Ende triumphierte Wilberforce und 1833 wurde die Sklaverei in Großbritannien gesetzlich verboten. Von religiösen Gruppen im Inland unter Druck gesetzt, übernahm England dann die Führung dabei, den Sklavenhandel auch im Ausland zu unterbinden“ (D’Souza, Seite 71). Natürlich war es für Wilberforce bei seinen Bemühungen hilfreich, dass die christlichen Lehren darüber, wie man andere behandelt, eine solche Verbreitung und Akzeptanz erfuhren.

Viele andere Elemente in unserer modernen Kultur, wenn man sie mit der griechisch-römischen Zeit vergleicht, stellen große Verbesserungen in der Art und Weise dar, wie der einfache Mensch behandelt wird. Diese Veränderungen bringen ungeheuere Vorteile mit sich.

„Die christliche Priorität, auch einfachen Personen Respekt zu erweisen . . . kann auch im Westen im Aufkommen neuer politischer Institutionen gesehen werden. Diese politischen Institutionen haben nirgendwo sonst auf der Welt existiert, und sie existierten nicht im alten Griechenland und Rom. Etwas hat sich im Westen geändert, um ihr Aufkommen zu ermöglichen. Und dieses Etwas war das Christentum“ (Seite 60).

Wie wurden Frauen behandelt?

Die Kultur des ersten Jahrhunderts behandelte Frauen eher als Objekte denn als menschliche Wesen. „In der griechischen Zivilisation war es die Pflicht der Frau, im Haus zu bleiben und ihrem Ehemann gehorsam zu sein. Es war das Kennzeichen einer guten Frau, dass sie so wenig wie möglich sah, so wenig wie möglich hörte und so wenig wie möglich fragte. Sie hatte keinerlei unabhängige Existenz und keinerlei eigenen Verstand, und ihr Ehemann konnte sich fast nach Laune von ihr scheiden lassen . . .

Unter dem römischen Gesetz hatte eine Frau keinerlei Rechte. Nach dem Gesetz blieb sie für immer ein Kind. Solange sie ihrem Vater unterstand, war sie unter der patria potestas, des Vaters Gewalt, die dem Vater sogar das Recht über Leben und Tod für sie einräumte; und wenn sie heiratete, ging sie in gleicher Weise in die Gewalt ihres Ehemanns über.

Sie war völlig ihrem Ehemann unterworfen und war ihm völlig auf Gnade und Ungnade ausgeliefert. Cato der Zensor, ein typischer Römer der Antike, schrieb: ,Wenn Du Deine Frau bei einem Akt der Untreue ertappen solltest, kannst Du sie ungestraft ohne Gerichtsverfahren töten‘ “ (Barclay, Seite 218).

Die Normen der römischen Welt benachteiligten Frauen auch auf andere Weise. „Im Vergleich zur modernen Frau in unserer heutigen westlichen Gesellschaft hatte die römische Frau wenig oder gar keine Eigentumsrechte. Die Güter und Gelder, die sie rechtmäßig erben konnte, waren gesetzlich eingeschränkt. Es war ihr nicht einmal gestattet, ihren Kindern Geld zu hinterlassen, wenn diese der patria potestas ihres Ehemannes unterstanden“ (Alvin Schmidt, How Christianity Changed the World, 2004, Seite 101).

Im ersten Jahrhundert war das Judentum beträchtlich von der reinen Praxis der religiösen Prinzipien des Alten Testaments abgekommen, die die Rechte von Frauen schützten. Daher sah das Judentum zur Zeit Jesu auf Frauen herab.

Zum Beispiel galt die Zeugenaussage einer jüdischen Frau im Allgemeinen als wertlos, weshalb es ihnen generell auch nicht gestattet war, vor Gericht auszusagen. Diese Diskriminierung im Hinblick auf das Sprechen galt auch in umgekehrter Richtung. Frauen wurden es nicht für wert gehalten, geistliche Anweisung zu erhalten. „Die Worte des Gesetzes (Thora) sollen lieber verbrannt, als einer Frau anvertraut werden . . . Wenn ein Mann seine Tochter das Gesetz lehrt, dann ist das, als würde er sie Unzüchtigkeit lehren“ (Schmidt, Seite 102).

Jesus veränderte die Einstellung gegenüber Frauen

Jesu Jünger waren durch die Traditionen ihrer Zeit indoktriniert. Das wird durch ein in Johannes 4 verzeichnetes Ereignis deutlich. Jesus und seine Jünger reisten durch Samaria und seine Jünger waren dabei, Lebensmittel zu besorgen (Vers 8). Als die Jünger zu Jesus zurückkehrten, wunderten sie sich, „dass er mit einer Frau redete“ (Vers 27).

Es war die allgemeine Überzeugung in der jüdischen Gesellschaft, dass es erniedrigend für religiöse Lehrer wäre, mit einer Frau in der Öffentlichkeit zu sprechen. Deshalb waren seine Jünger schockiert. Ihre Überraschung wurde noch durch die Tatsache verstärkt, dass er mit einer samaritischen Frau sprach (Vers 9), weil die Samariter von den Juden verachtet wurden.

Aber Jesus gab ihnen hier ein Beispiel, dem die Jünger später folgen würden. Auch sie würden Frauen unterrichten und sie als vollwertige Mitglieder der religiösen Gemeinschaft akzeptieren. Die Jünger würden auch letzten Endes den Samaritern das Evangelium predigen, wie Jesus ihnen aufgetragen hatte (Apostelgeschichte 1,8). Eines der Ziele von Jesu Predigten war also, Frauen und andere aus ihrem verachteten Stand zu erheben und ihnen geistliche Gleichheit, Würde und Respekt zu verleihen.

„Der extrem niedrige Status, den die griechischen, römischen und jüdischen Frauen jahrhundertelang innehatten, wurde durch das Auftreten Jesu Christi auf radikale Weise beeinflusst. Seine Handlungen und Lehren erhoben den Status von Frauen zu neuer Höhe, oft zur Bestürzung und Betroffenheit seiner Freunde und Feinde. Durch Wort und Tat ging er gegen die alten, für selbstverständlich erachteten Glaubensüberzeugungen und Praktiken vor, wonach Frauen als sozial, intellektuell und geistlich minderwertig definiert waren“ (Schmidt, Seite 102-103).

Dass seine Nachfolger von Jesu Beispiel lernten und es sich zu Herzen nahmen, wird durch die Worte des Apostel Petrus deutlich, als er die Ehemänner darüber belehrt, dass sie und ihre Frauen gemeinsam „Miterben der Gnade des Lebens“ sind (1. Petrus 3,7).

Der Apostel Paulus hatte hohe Achtung für christliche Frauen. Das wird durch das, was er in seinem Brief an die Gemeinde in Rom schrieb, offensichtlich: „Grüßt die Tryphäna und die Tryphosa, die in dem Herrn arbeiten. Grüßt die Persis, meine Liebe, die sich viel gemüht hat im Dienst des Herrn“ (Römer 16,12).

Frauen in der Gemeinde wurde ein Ansehen gewährt, das sie in vorchristlicher Zeit einfach nicht hatten. Sie nahmen eine Stellung voller Würde und Respekt ein, die der der Männer gleichgestellt war. Mit anderen Worten: „Höflichkeit und die Gewohnheit, Frauen mit Ehrerbietung zu begegnen, wurden vom Christentum erfunden“ (D’Souza, Seite 70).

Leider gelten Frauen in vielen Dritte-Welt-Ländern oder Ländern, in denen andere Religionen vorherrschen, im Gegensatz zu vielen ihrer Geschlechtsgenossinnen in Ländern, die von der christlichen Ethik beeinflusst sind, nicht als gleichberechtigte Partner in der Ehe.

Die Behandlung von Kindern und Säuglingen

Die am meisten verletzlichen Menschen in einer Gesellschaft sind Säuglinge und kleine Kinder. Die Behandlung dieser jungen Menschen in der griechisch-römischen Gesellschaft konnte brutal und kaltherzig sein. Das Christentum war da anders. Die Geschichte zeigt, dass die frühe Christenheit sie schätzte und förderte.

„Ein Weg, wie das Christentum die Heiligkeit des menschlichen Lebens betonte, war sein beständiger und aktiver Widerstand gegen die weitverbreitete Praxis der Kindestötung – das Töten von neugeborenen Säuglingen, gewöhnlich kurz nach der Geburt . . . Säuglinge wurden aus unterschiedlichen Gründen getötet. Diejenigen, die missgestaltet oder körperlich schwach geboren wurden, waren besondere Kandidaten für eine absichtliche Tötung, meistens durch Ertränken . . . Weibliche Säuglinge waren besonders verletzbar. Zum Beispiel war es im alten Griechenland selten, wenn selbst eine wohlhabende Familie mehr als eine Tochter großzog“ (Schmidt, Seite 49).

In der römischen Kultur „konnte ein reicher Vater sich dazu entscheiden, einen Säugling loszuwerden, damit er den Familienbesitz nicht unter zu vielen Nachkommen aufteilen und damit den individuellen Reichtum der Mitglieder der nachkommenden Generation vermindern musste“ (Sarah Pomeroy, Goddesses, Whores, Wives and Slaves: Women in Classical Antiquity, 1975, Seite 165).

Genauso grausam war die Praxis des Aussetzens von Säuglingen. „Wenn ungewollte Kinder in der griechisch-römischen Welt nicht direkt getötet wurden, wurden sie häufig ausgesetzt – sozusagen weggeworfen. In der Stadt Rom wurden zum Beispiel unerwünschte Säuglinge am Fuß der Columna Lactaria ausgesetzt, die diesen Namen erhielt, weil das der Ort war, an dem der Staat Ammen zur Verfügung stellte, die einige der ausgesetzten Kinder säugten“ (Schmidt, Seite 52).

Wie haben die Christen auf die Aussetzung von Säuglingen reagiert? „Wie bei der Kindestötung haben die Christen den kulturell verankerten Brauch der Kindesaussetzung abgelehnt und verurteilt . . . Christen haben aber mehr getan, als die Kindesaussetzung zu verurteilen. Sie haben häufig solche menschliche Ausgestoßene in ihr Zuhause aufgenommen und sie adoptiert . . . die christlichen Schriften sind reichlich voller Beispiele, wo Christen verstoßene Kinder adoptiert haben“ (Seite 53).

Unter den Juden des ersten Jahrhunderts gab es keine Kindestötung oder Aussetzung von Kindern. Der Autor Max Dimont führt uns hier den Kontrast vor Augen: „Die eleganten Griechen verlachten die ,uneleganten‘ Juden, weil sie mit Entsetzen vor der griechischen Sitte, Kinder dem Tod auszusetzen, zurückschreckten, wenn ihnen die Form des Schädels oder der Nase nicht gefiel“ (Max Dimont, Jews, God and History, 1994, Seite 108).

Wie hat Jesus Kinder gesehen?

Das jüdische Verständnis war, dass alle Menschen nach dem Bilde Gottes geschaffen worden sind. Daher glaubten sie an die Unverletzlichkeit des Lebens. Sofern es aber um den Umgang mit Kindern ging, hatten die Jünger noch etwas zu lernen. Jesus war den Jüngern ein Vorbild darin, wie Kinder aufgenommen werden sollten.

Nehmen wir zum Beispiel Matthäus 19, Verse 13-14: „Da wurden Kinder zu ihm gebracht, damit er die Hände auf sie legte und betete. Die Jünger aber fuhren sie an. Aber Jesus sprach: Lasset die Kinder und wehret ihnen nicht, zu mir zu kommen; denn solchen gehört das Himmelreich.“ Der Bericht im Lukasevangelium über die gleichen Vorkommnisse beinhaltet das Wort „kleine Kinder“ (Lukas 18,15).

In beiden Berichten steht, dass die Jünger diejenigen „anfuhren“, die Kleinkinder und Kinder zu Jesus brachten. Jesus dagegen machte deutlich, dass Kinder von Bedeutung waren und mit Liebe und Fürsorge behandelt werden sollten, statt als zweitklassige Menschen zur Seite geschoben zu werden.

Später schrieb Paulus an die Gemeinde in Ephesus: „Und ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern erzieht sie in der Zucht und Ermahnung des Herrn“ (Epheser 6,4).

Für die aus dem Heidentum Bekehrten in Ephesus stellten die Anweisungen von Paulus eine radikale Abkehr von ihrer Kultur dar. Diese Anweisungen „führten ein neues Element in die elterliche Verantwortung ein, indem darauf bestanden wurde, dass die Gefühle des Kindes berücksichtigt werden müssen. In einer Gesellschaft, in der die Autorität des Vaters (patria postestas) absolut war, stellte dies ein revolutionäres Konzept dar“ (The Expositor’s Bible Commentary, 1978, Band 11, Seite 81).

Paulus sprach in Kolosser 3, Vers 21 auch die richtige Art der Kinderbetreuung an. Er schrieb: „Ihr Väter, behandelt eure Kinder nicht zu streng, damit sie nicht entmutigt werden!“ (Gute Nachricht Bibel). Wir sehen also, dass das Christentum grundlegende Änderungen bei der Behandlung von Kindern eingeführt hat. Ihre Gefühle sollten berücksichtigt werden. Kinder sind – wie ihre Eltern – das Erbe Gottes und die Eltern sollten sie nicht unterdrücken.

Christen und die Kranken

Die heidnische Welt des ersten Jahrhunderts hatte wenig Anteilnahme gegenüber Kranken. Die meisten Menschen gaben sich keine besondere Mühe, ihre Leiden zu lindern. In der Tat war genau das Gegenteil der Fall. „Menschliches Mitgefühl, besonders für die Kranken und Sterbenden, war in der Antike besonders bei den Griechisch-Römischen selten . . . Ein solches Verhalten widersprach ihrem kulturellen Ethos und den Lehren der heidnischen Philosophen. Platon (427-347 v. Chr.) sagte zum Beispiel, dass ein armer Mensch, der aufgrund einer Erkrankung nicht mehr in der Lage war zu arbeiten, dem Tod überlassen werden sollte“ (Schmidt, Seite 128).

Jesus hatte genau die gegenteilige Einstellung. Es gibt zahlreiche Ereignisse in den Evangelien, die zeigen, wie er auf diejenigen, die leidend waren, reagierte: „Jesus stieg aus und sah die große Menge; und sie jammerten ihn und er heilte ihre Kranken“ (Matthäus 14,14). Jesus wies die zwölf Apostel an, seinem Beispiel zu folgen. Er „sandte sie aus, zu predigen das Reich Gottes und die Kranken zu heilen“ (Lukas 9,2).

In der Welt des ersten Jahrhunderts gab es keine Krankenhäuser, wie wir sie heute kennen. Manche Forscher behaupten, dass es Einrichtungen gab, die römische Soldaten behandelten. Aber einfachen Leuten – und vor allem den Armen – stand keine derartige Behandlung zur Verfügung.

„Es existierten keine Armenkrankenhäuser für die bedürftige Öffentlichkeit, bis das Christentum sie einführte“ (Schmidt, Seite 155). Im Laufe der Zeit wurden durch den Einfluss des Christentums als treibende Kraft Krankenhäuser gegründet. „Bis 750 [n. Chr.] hat sich das Wachstum der christlichen Krankenhäuser, entweder als eigenständige Einrichtungen oder als an Klöster angeschlossene, von Kontinentaleuropa nach England verbreitet“ (Seite 157).

In der modernen Zeit, vor allem im 20. Jahrhundert, wurden in den westlichen Nationen sehr viele Allgemeinkrankenhäuser errichtet. Der Einfluss der christlichen Kultur auf diesen Trend wird durch die große Zahl von Krankenhäusern deutlich, die den Namen von christlichen Gläubigen, Führern und Konfessionen tragen.

Das Christentum und die Bildung

Jesus war ein Lehrer. Er wurde manchmal mit dem Titel Rabbi angesprochen, was „Lehrer“ bedeutet (Johannes 1,38; Gute Nachricht Bibel). Es war seine Absicht, dass seine Anhänger ebenfalls Lehrer werden sollten. Unter den letzten Anweisungen, die er seinen Jüngern gab, war dieser Auftrag: „Lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe“ (Matthäus 28,20).

Eine formale Ausbildung stellte in der Welt des ersten Jahrhunderts nichts Neues dar. Ein Ansatz, der beim Christentum jedoch revolutionär war, war die Tatsache, dass es sowohl Männern als auch Frauen im gleichen Rahmen eine Ausbildung anbot. Von allen wurde erwartet, dass sie die Grundsätze des christlichen Glaubens erlernen sollten. Das stand in merklichem Gegensatz zu der griechischen und römischen Praktik, nur Knaben aus den privilegierten Gesellschaftsschichten unterrichten zu lassen.

Im Laufe der Zeit hatten die fortgesetzten Einflüsse des Christentums Auswirkungen auf den Erziehungsbereich der Gesellschaft. Viele der frühen Universitäten in England und Amerika wurden mit dem erklärten Zweck gegründet, Männer für den Klerus auszubilden und junge Menschen in den Wegen der Bibel zu erziehen.

Als zum Beispiel „Harvard College . . . 1650 n. Chr. offiziell eingetragen wurde, bestimmte seine Gründungsurkunde, dass es eine Verpflichtung hatte, ,die englische und indianische Jugend dieses Landes in Wissen und Gottesfurcht‘ zu erziehen“ (Kenneth Davis, America’s Hidden History, 2008, Seite 65).

Das Christentum war „der Vater des Bildungswesens“. Wie ein Englischprofessor angemerkt hat: „In den meisten Teilen Europas, wie auch in Afrika, Südamerika und vielen anderen Teilen der Welt ist die Geburt der Alphabetisierung und der Literatur notwendigerweise und nicht zufällig mit der Ankunft der christlichen Missionare zusammengefallen“ (Lee Strobel, The Case For Faith, 2000, Seite 220).

Der Weg des Gebens

Wenn es darum ging, mildtätige Taten für die Armen und Bedürftigen zu vollbringen, gerieten die Normen der heidnischen und christlichen Welten miteinander in Konflikt. Die römische Sicht war, dass „nichts dabei gewonnen werden kann, Zeit und Energie aufzuwenden . . . für Menschen, die nichts zum römischen Heldenmut und der Stärke des Staates beitragen konnten. Die Präsenz der stoischen Philosophie ließ es auch als verächtlich erscheinen, sich mit den Schwachen, den Armen und den Unterdrückten abzugeben“ (Schmidt, Seite 127).

Die Tatsache, dass der Stoizismus im ersten und zweiten Jahrhundert die dominierende Philosophie unter den Römern war, bedeutete, dass diejenigen, die sich auf den niedereren Stufen der Gesellschaft befanden, nur mit wenig Hilfe von der römischen Obrigkeit rechnen konnten. Im Vergleich zu den sie umgebenden Heiden waren die Christen äußerst großherzig; sie gaben, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Zudem gaben sie nicht nur an Gläubige, sondern auch an Ungläubige. Der Apostel Paulus schrieb: „Darum, solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen“ (Galater 6,10). Das christliche Beispiel war so herausragend, dass ein römischer Kaiser, Julian Apostata, die Christen um ihre gebende Lebensweise beneidete.

In unserer modernen Zeit entfacht die christliche Ethik weiterhin einen großzügigen, gebenden Geist. Studien und Umfragen zeigen wiederholt, dass Bibelgläubige viel reichlicher für wohltätige Zwecke spenden als Atheisten und Ungläubige.

Der Einfluss des Christentums

Heute bekennen sich etwa zwei Milliarden Menschen in 260 Ländern zum Christentum. Dieses umfassende Aufgebot an unterschiedlichen und widerstreitenden Glaubensgrundsätzen nennt mehr Anhänger sein eigen als jede andere Religion der Welt. Natürlich unterscheidet sich das Ausmaß an Verständnis, Engagement und Nachahmung der christlichen Lebensweise bei diesen Anhängern. Aber fast alle, die behaupten, Christen zu sein, erlebten – zu einem gewissen Grad – einen positiven Einfluss durch christliche Lehren.

Sogar manche Atheisten haben beobachtet, dass einige der ehrbareren Einflüsse auf unsere Gesellschaft, wie etwa Mitgefühl, Vorstellungen sind, die dem Vermächtnis Jesu Christi entspringen. Die klassischen Philosophen haben Mitleid und Demut als Zeichen von Schwäche gesehen, aber diese christlichen Wesenszüge sind notwendig für eine humane Gesellschaft.

Alle Einwohner der westlichen Welt – ob sie bekennende Christen sind oder nicht – haben von diesem Einfluss des Christentums auf unsere Gesellschaft profitiert. Wir verdanken Jesus und der Religion, die er ins Leben gerufen hat, die feineren, ehrbareren Aspekte unserer heutigen Gesellschaft. „Gläubige und Ungläubige sollten in gleicher Weise das Christentum als die Bewegung respektieren, die unsere Zivilisation geschaffen hat“ (D’Souza, Seite 45).

Vieles wurde im Namen des Christentums begangen, was der Lehre Christi widerspricht. Falsche Lehren, falsches Christentum, Scheinheiligkeit und Schwächen haben die Macht der christlichen Lebensweise verwässert. Dennoch sind diejenigen in den Ländern, die durch die christliche Ethik beeinflusst worden sind, mit mehr Freiheit, Chancen und menschlicher Wertschätzung gesegnet als diejenigen, die sonst wo auf Erden leben!