In der Bibel vorhergesagt:
Europas erstaunlicher Aufstieg

Wohin bewegt sich der „immer engere Zusammenschluss“ Europas? Die Geschichte und biblische Prophezeiungen liefern uns die Antwort!

Von Scott Ashley und Gerhard Marx

Die Prophezeiungen der Bibel zeigen deutlich, dass Jesus Christus wiederkommen wird, um das Reich Gottes, ein Reich, das die Welt buchstäblich regieren wird, auf Erden zu errichten. Diese Hoffnung ist so grundlegend, dass Jesus seine Nachfolger angewiesen hat, regelmäßig „Dein Reich komme“ zu beten (Matthäus 6,10; Lukas 11,2). Die Prophezeiungen der Bibel vermitteln uns viele Details über Christi Wiederkunft und die Bedingungen in der Welt, die zu diesem Ereignis führen werden.

Es gibt aber auch einen wenig verstandenen prophetischen Aspekt, der in der Bibel betont wird und sich auf eine neue Supermacht bezieht, die kurz vor seiner Wiederkunft auf der Weltbühne auftauchen wird. Diese wird sogar Jesus Christus bei seiner Wiederkehr bekämpfen, nur um dabei vernichtet zu werden. Das geschieht aber erst, nachdem diese Supermacht die heutige geopolitische Landschaft in einer Weise umgestaltet hat, die die gesamte Welt schockieren und überraschen wird.

Das Auftreten zukünftiger Reiche wurde in der Bibel offenbart

Das Aufkommen dieser letzten Supermacht der Welt wird hauptsächlich in den Büchern Daniel und Offenbarung vorhergesagt. Wir wollen uns zuerst ansehen, was Gott dem Propheten Daniel zur Zeit des Alten Testaments offenbart hat.

Daniel 2 berichtet, dass der babylonische König Nebukadnezar einen Traum über das gigantische Standbild eines Mannes hatte, wobei unterschiedliche Teile des Bildes aus unterschiedlichen Metallen bestanden – Gold, Silber, Kupfer, Eisen und Eisen mit Ton vermischt. Keiner der Astrologen, Berater oder Weisen des Königs konnte diesen Traum deuten, bis Daniel, dem Gott seine Bedeutung offenbart hatte, auftauchte.

Daniel sagte Nebukadnezar, dass es einen Gott im Himmel gibt, „der Geheimnisse offenbaren“ kann, und dass er dem König mitgeteilt hatte, was in der Zukunft geschehen wird (Verse 28-29). Daniel hat dann diese Reihe von Weltreichen, die aufkommen und das Heilige Land und einen Großteil der Welt ihrer Zeit dominieren würden, erklärt.

Daniel sagte, dass das Haupt aus Gold Nebukadnezars babylonisches Reich repräsentierte: „Du bist das goldene Haupt“ (Vers 38). Daniel erklärte dem König, dass nach Babylon ein anderes Reich, „geringer als deines“, aufkommen sollte, dem dann ein „drittes Königreich aus Kupfer“ folgen sollte. Zuletzt sollte ein viertes Reich „hart . . . wie Eisen“ sein, das alles „zermalmen und zerbrechen“ wird (Verse 39-40).

Aus der Geschichte wissen wir, dass nach Babylon die nächsten drei Reiche das persische Reich, das griechische Reich von Alexander dem Großen und seiner Nachfolger und das Römische Reich waren.

Alle waren die jeweilige Supermacht ihrer Zeit. Rom hat in der Tat all seine Konkurrenten zermalmt und zerbrochen und das größte Reich errichtet, das die Welt bis zu jener Zeit gesehen hatte. (Aus Platzmangel werden wir uns das hier nicht ansehen, aber Daniel 7 enthält eine ähnliche Prophezeiung über diese vier Reiche, die als Löwe, Bär, Panther und einem Tier, das wie keines der anderen war, symbolisiert wurden.)

Der schnelle Vorlauf zur Endzeit

Die Füße und Zehen des Bildes, das Nebukadnezar sah, waren „teils von Eisen und teils von Ton“, was bedeutet: „Zum Teil wird’s ein starkes und zum Teil ein schwaches Reich sein.“ Es würde sich aus Menschen zusammensetzen, die „nicht aneinander festhalten, so wie sich Eisen mit Ton nicht mengen lässt“ (Daniel 2,41-43).

Die Zeitlinie, die von diesem Bild dargestellt wurde, begann mit dem Kopf zur Zeit Nebukadnezars. Diese Zeitlinie setzte sich dann vom Kopf bis zu den Füßen fort. Demnach repräsentierte das Bild nach Babylon das persische, griechische und Römische Reich, die jeweils als nächstes Zeitalter aufeinander folgen würden. Aber gegen Ende des letzten dieser großen Reiche sehen wir ein anderes dramatisches Symbol, das in dieser Vision auftaucht.

Die Zeit beschreibend, die von Füßen aus Eisen und Ton repräsentiert wird, sagt Daniel zu Nebukadnezar: „Das sahst du, bis ein Stein herunterkam, ohne Zutun von Menschenhänden; der traf das Bild an seinen Füßen, die von Eisen und Ton waren, und zermalmte sie . . . Der Stein aber, der das Bild zerschlug, wurde zu einem großen Berg, sodass er die ganze Welt füllte“ (Daniel 2,34-35; alle Hervorhebungen durch uns).

Was bedeutet das?

Daniel fuhr damit fort, diese Symbolik zu erklären: „Aber zur Zeit dieser Könige [aus der Mischung von Menschen, die durch das Eisen und den Ton versinnbildlicht werden] wird der Gott des Himmels ein Reich aufrichten, das nimmermehr zerstört wird; und sein Reich wird auf kein anderes Volk kommen. Es wird alle diese Königreiche zermalmen und zerstören; aber es selbst wird ewig bleiben, wie du ja gesehen hast, dass ein Stein ohne Zutun von Menschenhänden vom Berg herunterkam, der Eisen, Kupfer, Ton, Silber und Gold zermalmte . . . Der Traum ist zuverlässig und die Deutung ist richtig“ (Daniel 2,44-45).

Dieses Reich, „das nimmermehr zerstört wird“, ist, wie wir aus vielen anderen Prophezeiungen wissen, das Reich Gottes, das Jesus Christus bei seiner Wiederkunft auf Erden errichten wird. Das wird durch die triumphale Ankündigung in Offenbarung 11, Vers 15 bestätigt, die bei seiner Rückkehr erfolgt: „Und der siebente Engel blies seine Posaune; und es erhoben sich große Stimmen im Himmel, die sprachen: Es sind die Reiche der Welt unseres Herrn und seines Christus geworden, und er wird regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.“

Wir sehen hier, dass Daniels Prophezeiung offenbart, dass, so seltsam es klingen mag, das vierte Reich – das Römische Reich – in irgendeiner Form existieren und bei Christi Rückkehr auf diese Erde zerstört werden wird! Wie wir noch sehen werden, wird ein Vergleich mehrerer biblischer Prophezeiungen mit der weltlichen Geschichte zeigen, wie erstaunlich exakt sich diese Prophezeiungen erwiesen haben.

Weitere Details im Buch der Offenbarung

Die Offenbarung, das prophetische abschließende Buch der Bibel, offenbart weitere Einzelheiten über dieses vierte und letzte Reich. In Offenbarung 13 berichtet Johannes von einer Vision, in der er ein Tier aus dem Meer steigen sah, das „zehn Hörner und sieben Häupter“ hatte (Vers 1). Dieses Tier versinnbildlicht ein letztes Reich bzw. eine geopolitische Supermacht mit den Eigenschaften eines Panthers, eines Bären und eines Löwen (Vers 2). Das weist auf eine Kontinuität mit den antiken heidnischen Reichen Babylon, Persien und Griechenland hin. Das sind die Reiche, die durch die gleichen Tiere von der Vision in Daniel 7 versinnbildlicht werden.

Genauso wie Rom diese früheren Reiche verschlungen und ihre Eigenschaften in sich aufgenommen hat, umfasst auch dieses letzte große Reich, das in der Vision des Johannes als ein Tier versinnbildlicht wird, Eigenschaften der Tiere, die die früheren von Daniel gesehenen Reiche repräsentieren.

Warum wird dieses letzte Reich als ein Tier dargestellt? Weil seine Handlungen letztendlich mehr einem mächtigen und grausamen Tier gleichen als denen eines Menschen. Während eine Person für Anleitung durch Gott offen sein und Eigenschaften wie Mitleid, Fürsorge und Sorge um das Wohl anderer aufweisen kann, wird ein Tier vor allem von einem Streben nach Selbsterhaltung, Macht und Kontrolle motiviert.

Und in der Tat haben sich diese Motive bei den meisten menschlichen Regierungen in der Geschichte gezeigt. Babylon, Persien, Griechenland, Rom und zahllose andere Königreiche, Imperien und Regierungen haben ihre Macht dazu genutzt, andere Völker anzugreifen, zu unterdrücken und zu versklaven, um so ihre eigene Macht und Kontrolle aufrechtzuerhalten. Ein „Tier“ ist also in der Tat ein passendes Symbol für ein Weltreich – vor allem für eines wie dieses.

Der „Drache“ – Satan, der Teufel (vgl. Offenbarung 12,9) – ist der unsichtbare übernatürliche Einfluss hinter dieser Supermacht (Offenbarung 13,2). Und diese wird enormen Einfluss auf die Welt der Endzeit haben. Die ganze Welt wird sich wundern und ihr nachfolgen (Vers 3). Die Menschen werden sagen: „Wer ist dem Tier gleich und wer kann mit ihm kämpfen?“ (Offenbarung 13,4). Es wird als unbesiegbar und nicht aufhaltbar erscheinen.

Mit Satan als treibender Kraft wird diese Macht „mit den Heiligen“ kämpfen und die treuen Diener Gottes töten und verfolgen. Die Dominanz dieses Tieres wird so groß sein, dass es Macht über „alle Stämme und Völker und Sprachen und Nationen“ haben wird und „alle, die auf Erden wohnen“, werden es anbeten (Verse 7-8).

Die vergangenen Jahrhunderte der menschlichen Geschichte liefern Zeugnis für die ungerechte Herrschaft des Menschen, wenn er ohne Anleitung durch Gott ist. Wie seine Vorgänger in der Antike wird sich dieses endzeitliche System gegen Gott wenden und seine Wahrheit brutal unterdrücken und diejenigen verfolgen, die ihm treu dienen.

Alles deutet auf Rom hin

Gibt es andere Anzeichen, die darauf hindeuten, dass es sich bei dieser letzten Supermacht um eine moderne Verkörperung des Römischen Reiches handelt? Zusätzlich zu dem, was wir oben gesehen haben, gibt es noch viele andere biblische Hinweise, die in diese Richtung zeigen.

Einer davon findet sich in Vers 3 und 12, wo die Rede davon ist, dass das Tier eine „tödliche Wunde“ hatte, die geheilt worden ist. Was bedeutet das prophetisch gesehen?

Nach Jahren des Niedergangs erhielt das Römische Reich im Jahr 476 n. Chr. tatsächlich eine „tödliche Wunde“, als der römische Kaiser Romulus Augustulus durch germanische Stämme, von Odoaker angeführt, abgesetzt wurde. Aber das war nicht das Ende des Römischen Reiches. Wie wir noch sehen werden, wurde diese „Wunde“ in der Tat geheilt und das Reich ist in der Geschichte immer wieder aufgestiegen.

In Offenbarung 17 taucht dieses Tier erneut in anderer Form auf, jetzt im Zusammenhang mit einer mächtigen und einflussreichen Kirche, die eine „große Hure“ genannt wird (Vers 1). (Weitere Informationen dazu finden Sie in dem Artikel Europa – Die neue Supermacht in spe auf Seite 4.) Diese gefallene Frau, die eine große falsche Kirche versinnbildlicht, sitzt auf „sieben Bergen“ (Vers 9). Rom ist natürlich als „Stadt auf den sieben Hügeln“ bekannt.

Die Prophezeiungen der Bibel haben manchmal eine „duale“ Bedeutung. Was ist damit gemeint? Solche Prophezeiungen erfahren mehr als eine Erfüllung, daher das Prinzip der „Dualität“. Ein Beispiel dafür ist das erste Kommen Christi als Sühneopfer für unsere Sünden und sein zweites Kommen als herrschender König der Könige. Im Sinne der Dualität stehen Hügel oder Berge in den Prophezeiungen der Bibel auch symbolisch für Regierungen oder Reiche, so wie das hier der Fall ist.

In Vers 10 ist von sieben Königen die Rede – Regierungsführern oder Reichsführern – von denen fünf gefallen sind, einer da ist und der andre noch nicht gekommen ist – der, der „eine kleine Zeit“ bleiben wird. Zehn weitere Führer oder Herrscher werden mit diesem letzten (siebten) König verbündet sein und zusammen mit dem Tier „für eine Stunde [symbolisch für eine kurze Zeit] Macht empfangen“. Sie werden „ihre Kraft und Macht“ dem Tier geben (Verse 12-13).

Vers 14 ist dabei entscheidend für den Zeitrahmen dieser letzten Ereignisse: „Die [die zehn verbündeten Herrscher oder Führer] werden gegen das Lamm [Jesus Christus] kämpfen und das Lamm wird sie überwinden.“ Wie in Daniels Prophezeiung, die wir bereits besprochen haben, sehen wir auch hier, dass dieses letzte Reich, das durch das Tier versinnbildlicht wird, zur Zeit der Wiederkunft Christi existieren und von ihm zerstört werden wird.

Ein Studium der Geschichte zeigt die Erfüllung dieser bemerkenswerten Prophezeiungen. Nachdem Rom 476 n. Chr. eine „tödliche Wunde“ erhalten hatte, wurde diese Wunde in der Tat geheilt. Danach würden sieben „Könige“ oder Führer über Wiederauferstehungen des Römischen Reiches in Verbindung mit der römischen Kirche folgen. Lassen Sie uns sehen, wie diese Erfüllung der Prophezeiungen in den geschichtlichen Aufzeichnungen deutlich wird und was in der Zukunft noch erfüllt werden muss.

Die Wiederherstellung des Westreiches durch Justinian

Nachdem Kaiser Romulus Augustulus abgesetzt worden war, verging weniger als ein Jahrhundert, bevor Justinian, der oströmische bzw. byzantinische Kaiser, der von Konstantinopel (dem heutigen Istanbul) aus regierte, sich der Aufgabe widmete, das Reich im Westen wiederherzustellen. Damit leitete er das ein, was in der Geschichte als die „Imperiale Restauration“ bekannt wurde.

In William Langers An Encyclopedia of World History lesen wir: „Justinians gesamte Strategie war darauf ausgerichtet, die absolute Macht des Kaisers zu etablieren und das universelle, christliche Römische Reich wiederherzustellen“ (1960, Seite 172). Das gleiche Werk bezieht sich auf Justinians „grandiose Rekonstruktion des Römischen Reiches“.

Die Hierarchie der römischen Kirche spielte bei dieser Wiederauferstehung eine Schlüsselrolle. Der Historiker Will Durant schreibt: „554 verkündete Justinian einen Erlass, der verlangte, dass ,passende und geeignete Personen, die in der Lage sind, örtliche Regierungsämter auszuüben, von den Bischöfen und führenden Persönlichkeiten in jeder Provinz als Statthalter dieser Provinzen ausgewählt werden sollen‘ “ (The Story of Civilization, Band 4: „The Age of Faith“, 1950, Seite 519-520, Hervorhebung des Originals).

Das Römische Reich war wieder lebendig und hatte gerade seine erste von mehreren Wiederauferstehungen im Bunde mit der Kirche erlebt. Im Laufe der Zeit flaute diese Wiederauferstehung aber ab und zerfiel allmählich. Sechs weitere Wiederauferstehungen sollten Justinians Restauration folgen.

Karl der Große, heiliger römischer Kaiser

Die zweite dieser prophezeiten Wiederbelebungen oder Wiederauferstehungen des Römischen Reiches erfolgte zur Zeit Karls des Großen, der von Papst Leo III. im Jahr 800 n. Chr. im Petersdom zu Rom gekrönt wurde. Diese Handlung war ein Hinweis auf die Macht und den Einfluss, den die römische Kirche in den kommenden Jahren über das Reich ausüben würde, dessen Kaiser den Titel heiliger römischer Kaiser trugen.

Langers Encyclopedia of World History bezeichnet diese Zeit als die „Wiederbelebung des Römischen Reiches im Westen“ (Seite 155) und fügt hinzu, dass „die Herrschaft Karls des Großen eine Theokratie“ war.

Falls es irgendwelche Zweifel gibt, dass das Römische Reich durch Karl den Großen tatsächlich wiederbelebt wurde und sehr lebendig war, dann sollte der offizielle Titel, den er annahm, diese beheben: „Karl, durchlauchter Augustus, von Gott gekrönter, großer Frieden stiftender Kaiser, Regent des Römischen Reiches“.

Otto I., „der große Kaiser“

Nach dem Tod Karls des Großen wurde sein Reich unter seinen Enkelsöhnen aufgeteilt. Obwohl der kaiserliche Titel fortgeführt wurde, zerfiel das Reich und blieb bis zur Zeit Ottos des Großen schwach und zerteilt.

Der neue Kaiser der deutschen Nation einte das Kaiserreich vor allem durch Eroberungen. Er erhielt 962 n. Chr., als er von Papst Johannes XII. gekrönt wurde, den Titel römischer Kaiser. Dies stellte die dritte der sieben prophezeiten Wiederbelebungen des ursprünglichen Römischen Reiches dar.

Laut Langers Encyclopedia of World History bedeutete „die Krönung Ottos durch den Papst als römischen Kaiser . . . die Wiederbelebung des Römischen Reiches“ (Seite 216). Die lateinische Inschrift seines Siegels lautete: Otto Imperator Augustus – „Otto der große Kaiser“.

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel schrieb 2007 in seiner Sonderausgabe „Geschichte“ (Nr. 1) Folgendes über den deutschen Kaiser: „Otto nannte sich fortan Herrscher des Römischen Reichs, obwohl dieses einige Jahrhunderte zuvor untergegangen war. Schon Karl der Große hatte einen solchen Titel getragen. Einem unter Christen verbreiteten Glauben zufolge zögerte der Fortbestand des Römischen Reichs den Weltuntergang hinaus. Der Prophet Daniel aus dem Alten Testament hatte nämlich vier Weltreiche vorausgesagt; dann würde der Antichrist kommen. Nach damaliger Zählung galt das Römische Reich als das vierte Imperium; Otto rettete also nach dieser Lesart die Menschheit – und erhob damit den Anspruch, über allen anderen Herrschern Europas zu stehen“ (Seite 28).

Auch wenn die hier dargestellten mittelalterlichen Vorstellungen von prophetischen Ereignissen etwas verworren sind, zeigt sich doch, dass die Vorstellung vom Römischen Reich als einer zeitgenössischen Macht und als einer, die am Ende dieses Zeitalters existieren würde, eine gängige Idee war.

Karl V., über dessen Reich die Sonne nie unterging

Auch nach dem Tod Ottos dauerte sein Reich noch fast drei Jahrhunderte lang an, bevor es durch rivalisierende Gruppierungen aufgeteilt wurde.

Danach folgte, nach fast zwei Jahrzehnten ohne einen Kaiser, Rudolph I. aus dem Geschlecht der Habsburger, der 1273 „König der Römer“ wurde – ein Titel, der für diejenigen galt, die den kaiserlichen Thron ohne offizielle Krönung in Rom durch den Papst innehatten. (Die Umstände verhinderten eine Krönung in Rom oft zeitweise oder ganz.) Dieser Titel wurde 1508 in „Gewählter Kaiser der Römer“ umbenannt und die Kaiser hörten auf, nach Rom zu reisen. Nur einer wurde vom Papst gekrönt – Karl V. aus dem Hause der Habsburger im Jahr 1530. (Alle gewählten Kaiser zwischen 1438 und 1740 stammten aus dieser königlichen Familie.)

Karl erbte die großen Besitztümer der Habsburger in Zentraleuropa, Deutschland und Italien von seinem Vater. Von seiner Mutter, der Tochter der berühmten spanischen Monarchen Ferdinand und Isabella, erbte er Spanien und dessen Besitztümer in Amerika. Indem er über ein Reich herrschte, über dem die Sonne nie unterging – einem Reich, das sogar größer war als das des antiken Roms –, war er der mächtigste Mann der Welt.

Karl V. war entschlossen, den jahrhundertealten Traum von einem vereinten Europa zu verwirklichen. Seine Herrschaft stellte den Höhepunkt der prophezeiten vierten Wiederbelebung des Römischen Reiches dar. „Als einer der größten Könige Spaniens und als heiliger römischer Kaiser war [Karl V.] vielleicht der letzte Kaiser, der versuchte, die mittelalterliche Idee eines vereinten Reiches, das die gesamte christliche Welt umfasste, zu verwirklichen“ (The Encyclopaedia Britannica, 15. Ausgabe, Band 2, Stichwort „Charles V“).

Große Herausforderungen machten seine Vision aber zunichte. Im Laufe seiner Regentschaft kämpfte er gegen Frankreich, das Osmanische Reich von Süleyman dem Prächtigen und sogar gegen Streitkräfte des Papstes. 1556 dankte er ab und überließ seine spanischen Besitztümer seinem Sohn Philipp II. und seine zentraleuropäischen Besitztümer seinem Bruder Ferdinand.

Napoleon, der Rivale von Karl dem Großen und Alexander

Napoleon Bonaparte, eine der berühmtesten Gestalten der Geschichte, sollte mit Unterstützung der römischen Kirche den fünften prophezeiten Versuch, das Römische Reich wiederaufzuerwecken, unternehmen. Wie Will Durant schreibt, träumte Napoleon davon, „es Karl dem Großen gleichzutun und Westeuropa zu vereinen [und] danach, es Konstantin gleichzutun bis zur Einnahme von Konstantinopel . . . und wollte es dann Alexander gleichtun, indem er Indien eroberte“ (The Story of Civilization, Band 11, „The Age of Napoleon“, 1975, Seite 242-243).

Auf dem Höhepunkt seiner Macht herrschte er über 70 Millionen Untertanen auf dem europäischen Kontinent. Der auf der Mittelmeerinsel Korsika geborene Napoleon begann sich nach der französischen Revolution einen Namen zu machen. Er hatte in Frankreich eine militärische Ausbildung erhalten und erwies sich in einem Feldzug nach dem anderen als militärisches Genie.

Aber militärische Macht genügte ihm nicht zur Befriedigung seiner Ambitionen. 1799 manövrierte sich Napoleon in Frankreichs führende politische Position. 1804 krönte er sich selbst zum Kaiser Frankreichs und später wurde er im gleichen Jahr von Papst Pius VII. in der Kathedrale Notre Dame in Paris zum Kaiser Napoleon I. gekrönt.

Es dauerte nicht lange, bis seine militärischen Eroberungen es ihm ermöglichten, Europa von der Elbe bis an den Atlantik zu regieren. Er regierte auch über spanische und französische Territorien in der neuen Welt – die den größten Teil Amerikas ausmachten. Mit Rom und Karl dem Großen als Inspiration beschloss Napoleon, Europa unter seiner Herrschaft zu einen. Diese großen Ambitionen sollten sich für ihn aber als fatal erweisen.

Pläne für eine Invasion Großbritanniens wurden zunichte gemacht, als seine Marine von Admiral Lord Nelson 1805 bei Trafalgar besiegt wurde. 1812 hatte seine Invasion Russlands katastrophale Folgen. Dabei verlor er mehr als eine halbe Million Soldaten. Nachdem er zur Abdankung gezwungen worden war, wurde er 1814 ins Exil geschickt.

Damit fand die fünfte Wiederbelebung des Römischen Reiches ihr Ende. Es war aber nicht das Ende von imperialistischen Bestrebungen, Europa zu vereinen.

Deutsche und italienische Träume

Deutschland, so wie wir es kennen, ist eine relativ moderne Schöpfung. Vor der Zeit Napoleons gab es buchstäblich Hunderte kleiner deutscher Staaten, die jeweils von ihrem eigenen Fürsten, Herzog oder König regiert wurden. Unter ihnen dominierten Preußen und Österreich. Im 19. Jahrhundert gelang es Otto von Bismarck, die meisten deutschen Gebiete unter der preußischen Hohenzollern-Dynastie zu vereinen, während andere mit Österreich verbündet blieben.

1870 kämpften beide Staatengruppen gegen Frankreich und 1871 wurde der Preußenkönig Wilhelm im französischen Schloss Versailles zum deutschen Kaiser ausgerufen. Sein Titel Kaiser bezog sich auf den römischen Titel Cäsar (ebenso wie der russische Titel Zar). Jahrhunderte zuvor hatte Otto der Große das erste große deutsche Reich errichtet – das Erste Reich. Jetzt hatte Deutschland sein Zweites Reich.

Die Entwicklung in Europa mit seinen rivalisierenden Machtzentren führte zu weiteren Kriegen. 1914 brach der erste Weltkrieg aus, ein Flächenbrand, der Millionen von Menschen das Leben kostete und das Angesicht Europas verändern sollte. Als er aber vier Jahre später zu Ende ging, sollten große Probleme ungelöst bleiben. In den kommenden Jahren sollten zwei Machthaber mit neuen Träumen für eine Vereinigung und Expansion Europas in Erscheinung treten – Benito Mussolini in Italien und Adolf Hitler in Deutschland. Beide Männer trafen Vereinbarungen mit der römischen Kirche, die ihren faschistischen Regimen Legitimität verliehen.

Mussolini verkündete das Wiedererscheinen des Römischen Reiches und ging eine Allianz mit Hitler ein, die zur Achse Berlin-Rom führte. Adolf Hitler verkündete stolz Deutschlands Drittes Reich und hatte die Vision von einem neuen deutschen Reich, das dem von Otto dem Großen errichteten Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gleichkommen würde. Die sechste der sieben imperialen Wiederbelebungen, die in Offenbarung 17 vorhergesagt wurden, war im Entstehen.

Von 1939 bis 1945 fochten die Alliierten und die Achsenmächte den Zweiten Weltkrieg aus und bekämpften sich in Europa, Afrika, Asien und dem Atlantik und Pazifik. Deutschlands Traum von einem vereinten Europa unter einem neuen Reich wäre, unter schrecklichen Kosten, fast Wirklichkeit geworden. Wie im Ersten Weltkrieg auch, kamen Millionen von Menschen um und Europa lag erneut in Trümmern.

Zurück zur Zukunft

In den Nachkriegswirren des Zweiten Weltkriegs erschien es angesichts der massiven Zerstörungen undenkbar, dass Europa wieder zur Macht aufsteigen könnte. Seine Städte waren zerbombt und lagen in Trümmern, seine Infrastruktur war zerstört, seine Wirtschaft war ruiniert und Millionen seiner Bürger waren entweder tot oder verstümmelt.

Aber Europa hat sich wieder erhoben. Die aus 27 Mitgliedern bestehende Europäische Union ist zur größten Wirtschaft der Welt herangewachsen und zur größten Handelsmacht. Die EU hat ihren eigenen Präsidenten und Außenminister. Sie ist zügig dabei, globale politische Macht, die ihrem wirtschaftlichen Einfluss entspricht, zu entwickeln. Auf diese zunehmende wirtschaftliche und politische Macht wird sicher auch militärische Macht folgen.

Aber sie ist noch nicht das, was sie sein wird.

Zu Offenbarung 17 zurückkehrend, sehen wir, dass Johannes sich sehr über die Vision „wunderte“, die er über die Frau und das Tier erhalten hatte (Vers 6). Ein Engel erklärte Johannes dann: „Das Tier, das du gesehen hast, ist gewesen und ist jetzt nicht und wird wieder aufsteigen aus dem Abgrund“ (Vers 8). Wenn sie es sehen, werden sich die Menschen „wundern, die auf Erden wohnen . . ., wenn sie das Tier sehen, dass es gewesen ist und jetzt nicht ist und wieder sein wird“ (Vers 8).

Was ist die Bedeutung dieser ungewöhnlichen Worte?

Nachdem wir uns den historischen Hintergrund angesehen haben, können wir jetzt verstehen, wie ein Reich einmal existiert haben kann, dann verschwunden sein kann und dann in etwas anderer Form erneut in Erscheinung tritt. Die Tatsache, dass das Tier symbolisch für ein Reich steht, das „gewesen ist und jetzt nicht ist und wieder sein wird“, sagt uns, dass das Römische Reich, das als solches zurzeit nicht existiert, in der nahen Zukunft erneut wiedererrichtet werden wird.

Der Ausdruck „gewesen ist“ bedeutet, dass es in der Vergangenheit existiert hat, „jetzt nicht“ bedeutet, dass es zurzeit nicht existiert (auch wenn es unterschwellig im Hintergrund der europäischen Politik zugrunde liegt) und „wieder sein wird“ bedeutet, dass es aus dem „Abgrund“ wieder aufsteigen wird. Das heißt, dieses Reich wird sich wieder erheben.

Offenbarung 17, Vers 10 prophezeit, dass es sieben Könige oder Herrscher geben würde, die die Wiederauferstehungen des Römischen Reiches in Verbindung mit einer einflussreichen Kirche darstellen würden. Die Geschichte zeigt, dass diese Entwicklung sechsmal in der Vergangenheit stattgefunden hat. Eine letzte Wiederbelebung, die laut den Prophezeiungen im Zusammenhang mit dem Eingreifen Gottes in die Angelegenheiten des Menschen bei Christi Wiederkunft steht, liegt noch vor uns.

1957 haben sechs westeuropäische Nationen – die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Luxemburg und Belgien – durch die römischen Verträge die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gegründet. Diese bahnbrechenden Schritte hin zu einer europäischen Vereinigung wurden in der alten Stadt des Römischen Reiches und der Heimat einer der ältesten und größten Religionen der Welt unternommen.

Der ehemalige Generalsekretär der NATO, Paul Henri Spaak, hat später in einer Dokumentarsendung der BBC gesagt: „Wir fühlten uns an jenem Tag wie Römer . . . Wir haben das Römische Reich bewusst noch einmal neu geschaffen.“

Europas langgehegter Traum von der Einheit hat einen wesentlichen Einfluss auf die europäischen Führer. Auch wenn sie erst langsam zusammenkommt und sicherlich auch noch nicht in ihrer endgültigen Form vorliegt, wird sich diese Union zu einer globalen Supermacht entwickeln, die die Welt erstaunen und schockieren wird.

Erneut: Offenbarung 17, Verse 12-13 beschreibt ein Bündnis von zehn „Königen“ – was sich heute auf Präsidenten, Ministerpräsidenten oder Premierminister beziehen könnte –, die in einer endgültigen Union von Nationen „ihre Kraft und Macht“ dem Tier geben werden. Sie haben keine Ahnung davon, wie ungeheuer böse ihre Schöpfung werden und die Welt am Ende in die Katastrophe stürzen wird.

Der nächste Vers beschreibt deutlich den Zeitpunkt, auf den sich diese Prophezeiung bezieht: „Die werden gegen das Lamm kämpfen und das Lamm wird sie überwinden.“ Das Lamm ist natürlich Jesus Christus. Er wird nicht wiederkehren, bis diese Prophezeiung über die zehn Herrscher, die eine endzeitliche Supermacht bilden werden, erfüllt worden ist. Alles deutet aber darauf hin, dass er bald zurückkehren muss – und das Auftreten dieses Reiches wird natürlich noch früher erfolgen.

Wie die Geschichte zeigt, ist das Römische Reich in der Vergangenheit mehrmals gefallen, hat sich wieder erhoben und ist erneut gefallen. Sie können sicher sein, dass es sich noch einmal erheben wird, danach aber sehr bald zerstört und durch das Reich Jesu Christi ersetzt werden wird, ein Reich, das niemals zerstört werden wird!

Das ist es, was die Prophezeiungen der Bibel über die Endzeit im Hinblick auf die Ereignisse in Europa offenbaren. Die Grundlage ist gelegt, die Struktur im Aufbau und die Zeit für die letzte Wiederauferstehung des Römischen Reiches kommt immer näher.

Werden Sie bereit sein, sich diesen Ereignissen zu stellen, die dazu bestimmt sind, unsere Welt zu verändern?